«Recht haben» und «Recht bekommen» ist zweierlei – das weiss nicht nur der Volksmund, sondern auch die Juristen sind sich dessen schon seit Langem bewusst. Ein Hindernis, welches dem «Recht bekommen» im Weg stehen kann, sind fehlende Beweismittel.
Hintergrund ist, dass in Zivilprozessen zunächst die klagende Partei den Sachverhalt vortragen muss. Danach kann sich die beklagte Partei zur Darstellung des Klägers äussern und den vom Kläger vorgetragenen Sachverhalt entweder zugestehen («die Darstellung des Klägers stimmt») oder bestreiten («die Darstellung des Klägers ist falsch»), Letzteres häufig auch dadurch, dass der Beklagte den Sachverhalt selber und von der Version des Klägers abweichend schildert.
Beweismittel notwendig
Wichtig nun: Eine Darstellung, welche vom Gegner nicht bestritten wird, gilt ohne gerichtliche Prüfung als wahr. Diejenigen Tatsachen, welche vom Gegner bestritten wurden und überdies für den Entscheid des Gerichts relevant (das heisst «rechtserheblich») sind, müssen hingegen rechtsgenüglich bewiesen werden.
Die Erfahrung zeigt, dass im Streitfall jede Partei ihre eigene Wahrnehmung des Sachverhalts hat, so dass oft zahlreiche Tatsachen umstritten sind und folglich bewiesen werden müssen. Erfolg und Misserfolg hängen deshalb häufig davon ab, ob eine Partei die erforderlichen Beweise zur Verfügung hat, um das Gericht von ihrer Darstellung zu überzeugen.
Wie nachfolgend gezeigt wird, kann das Risiko der Beweisnot in einem allfälligen späteren Gerichtsverfahren relativ einfach vermindert werden. Allerdings darf man nicht erst an die Beweismittel denken, wenn sich ein Gerichtsverfahren abzeichnet.
Zulässige Beweismittel
Die Zivilprozessordnung sieht verschiedene Beweismittel vor: die Befragung von Zeugen, den sogenannten Augenschein (bei welchem das Gericht einen Streitgegenstand vor Ort inspiziert), Gutachten von Sachverständigen, schriftliche Auskünfte, die Befragung der Streitparteien und – in der Praxis häufig am Wichtigsten – sog. Urkunden. Urkunden sind Dokumente wie Schriftstücke, Zeichnungen, Pläne, Fotos, Filme, aber auch Tonaufzeichnungen oder elektronische Dateien, welche geeignet sind, rechtserhebliche Tatsachen zu beweisen. Eine von beiden Parteien zu Papier gebrachte und unterzeichnete Vereinbarung ist beispielsweise geeignet, einen Vertragsschluss zu beweisen.
Urkunden sind besonders nützliche Beweismittel, weil sie oft schon zu Beginn eines Prozesses vorhanden sind und dem Gericht zusammen mit der ersten Rechtsschrift (zum Beispiel Klageschrift, Klageantwort) eingereicht werden können. Das Gericht wird sich gestützt auf diese Urkunden unweigerlich eine erste Meinung bilden, welche für den weiteren Verlauf des Prozesses entscheidend sein kann, sei es für Vergleichsverhandlungen, sei es für die Abnahme von weiteren Beweismitteln.
Die übrigen Beweismittel stehen dagegen nicht unmittelbar zur Verfügung: eine Partei kann dem Gericht lediglich beantragen, einen Zeugen zu befragen oder ein Gutachten einzuholen. Weil Zeugenbefragungen und Gutachten viel Zeit und Aufwand verursachen, sind Gerichte zudem hierbei erfahrungsgemäss eher zurückhaltend. Bei gewissen Verfahrensarten sind Urkunden praktisch gesehen sogar die einzigen möglichen Beweismittel, zum Beispiel wenn Vermögenswerte des Gegners blockiert («verarrestiert») werden sollen. Daher ist es von grossem Vorteil, im Streitfall über aussagekräftige Urkunden zu verfügen, welche den eigenen Standpunkt belegen.