Recht

Arbeitsrecht

Vorgehen bei Änderung von Arbeitsverträgen

Ein Arbeitsvertrag kommt durch die übereinstimmende Willensäusserung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zustande. Im Laufe der Zusammenarbeit kommt es vor, dass Vertrags­bestandteile neu geregelt werden. Insbesondere wenn die Vertragsanpassung auf dem Wunsch des Arbeitgebers gründet, stellt sich die Frage, wie richtig vorzugehen ist.
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Verträge sind einzuhalten. Selbstverständlich können die Vertragsparteien die Vertragsvereinbarung künftig aber auch verändern. Dieser Grundsatz besteht natürlich auch im Arbeitsvertrag und so ist es nicht ungewöhnlich, dass im Laufe eines Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verschiedene Arbeitsverträge geschlossen werden, dies infolge einer Funktionsveränderung, Lohnanpassung oder anderer Vertragsabreden. Unproblematisch ist die Vertragsanpassung immer dann, wenn der Arbeitnehmer bessergestellt wird, die Änderung vorgängig mit ihm besprochen wurde und sich beide Parteien einig sind. Dann ist das Unterzeichnen eines neuen Arbeitsvertrages reine Formsache und kann jederzeit auf jeden beliebigen Zeitpunkt hin erfolgen.

Einvernehmliche Änderung

Soll der Arbeitsvertrag dagegen zuungunsten des Arbeitnehmenden geändert werden, muss zunächst nach den Gründen für die Änderung gefragt werden. Spricht man von Schlechterstellung, ist es meist so, dass der Arbeitgeber die Initiative ergreift. Es kommt aber auch vor, dass der Mitarbeiter entweder mit der Schlechterstellung einverstanden ist oder diese sogar von ihm verlangt wird. Zu denken ist etwa an eine Pensumreduktion, weil der Arbeitnehmende mehr Freizeit haben möchte. Oder beispielsweise an eine funktionelle Rückstufung, was vorkommen kann, wenn der Arbeitnehmende Vorgesetztenfunktion ausgeführt hatte, künftig aber nur noch Fachverantwortung und keine Führungsverantwortung mehr haben möchte. In diesen Fällen ist der normale Ablauf, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer an einen Tisch setzen, die Gründe für die Vertragsänderung erörtern und bei Einvernehmen dies in einen schriftlichen Arbeitsvertrag bringen. Stimmt der Arbeitnehmende mit seiner Unterschrift ausdrücklich zu, ist die Vertragsanpassung entweder per sofort möglich oder auf einen Zeitpunkt, den die Vertragsparteien frei miteinander vereinbaren.

Anpassungen des Arbeitgebers

Problematischer sind demgegenüber all jene Fälle, in denen der Anstoss für die Vertragsänderung vom Arbeitgeber her kommt. Gründe gibt es auch hierbei verschiedene. Sei es, weil der Arbeitgeber mit den Leistungen oder dem Verhalten des Mitarbeitenden nicht zufrieden ist oder weil organisatorische Veränderungen im Unternehmen eine Anpassung des Vertrages erforderlich machen oder sei es, weil Sparmassnahmen ergriffen werden müssen. Für die Vorgehensweise entscheidend ist, ob der Arbeitgeber bei der Anpassung des jeweiligen Vertrages einen Verhandlungsspielraum offenlassen will oder nicht.

Meistens ist es allerdings so, dass der Arbeitgeber sich für eine Vertragsanpassung entschieden hat und das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmenden nur dann fortsetzen will und wird, wenn dieser dem geänderten Vertrag zustimmt. Der Arbeitgeber muss sich also bewusst machen, dass letztendlich immer der Arbeitnehmende das Wahlrecht hat. Er kann – muss aber auch – entscheiden, ob er zu den neuen Konditionen weiterhin arbeiten will. Je elementarer und je monetärer die Anpassungen ausfallen, desto kleiner ist die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmenden. Daher sollte sich der Arbeitgeber vorher ernsthaft fragen, ob er weiterhin mit dem Arbeitnehmenden zusammenarbeiten will. Stellt er das infrage oder verneint er das gar, dann sollte der Arbeitgeber gleich zur Vertragsauflösung schreiten und nicht etwa halbherzig eine Vertragsofferte offerieren, bei welcher er insgeheim hofft, der Arbeitnehmende würde diese nicht annehmen. Ein solch taktisches Vorgehen ist höchst unfair und birgt ausserdem juristische Komplikationen.

Änderungskündigung

Der weitaus häufigste Fall von einer Anpassung des Arbeitsvertrags wird vom Arbeitgeber initiiert und bedeutet für den Arbeitnehmenden letzten Endes eine Schlechterstellung – wenngleich dies gar nicht die Motivation des Arbeitgebers für die Vertragsanpassung sein muss. Häufige Gründe für eine solche Vertragsanpassung sind beispielsweise eine funktionelle oder hierarchische Rückstufung, eine Lohnreduktion, Wegbedingung der Überstundenentschädigung, Anhebung der wöchentlichen Arbeitszeit, Pensumreduktion, um nur einige zu nennen. Will der Arbeitgeber Tatsachen schaffen und formal korrekt vorgehen, so wählt er die Änderungskündigung. Mit dieser kün­-digt er den bestehenden Arbeitsvertrag in Teilpunkten oder auch als Ganzes, bietet gleichzeitig mit der Kündigung aber eine neue Vertragsofferte an, bei deren Annahme das Arbeitsverhältnis ununter­brochen fortgesetzt würde.

Bei der Änderungskündigung muss klar hervorgehen, dass bei Nichtannahme der neuen Vertragsofferte das Arbeitsverhältnis endet. Man muss also klar festhalten, dass die Kündigung des bestehenden Arbeitsvertrags einer Kündigung des gesamten Arbeitsverhältnisses gleichgesetzt ist, für den Fall, dass der Arbeitnehmende die neuen Vertragsbedingungen nicht annehmen wird. Wie der Mitarbeitende sein Einverständnis kundtun soll und bis wann, sind in der Praxis immer wieder gedankliche Knobelauf­gaben. Die Form des Einverständnisses sollte idealerweise mittels eigenhändiger Unterschrift erfolgen. Nur das kann später einwandfrei bewiesen werden. Je nach Fallkonstellation kann das Einverständnis des Mitarbeitenden auch stillschweigend respektive konkludent erfolgen. Doch bleibt bei dieser Form der Zustimmung immer ein Restrisiko, denn Gerichte sind bei der Annahme von stillschweigenden Zustimmungen äusserst zurückhaltend. Die Frist dagegen, bis wann die Zustimmung erfolgen soll, kann je nach Fall unterschiedlich sein. Grundsätzlich hätte der Mitarbeitende natürlich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist Zeit, sich zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses zu den neuen Bedingungen Gedanken zu machen.

In der Realität aber wollen sowohl der Arbeitgeber wie auch der Arbeitnehmer selber schon früher Klarheit haben. Es empfiehlt sich daher, dem Mitarbeitenden ein genaues Datum mitzuteilen, bis wann dieser sein Einverständnis zu erklären hat. Die Frist soll dann so angesetzt sein, dass der Arbeitgeber genug Zeit hat, nochmals nachzufragen, falls bis zum gesetzten Datum vom Mitarbeitenden keine Antwort eingetroffen ist. Einfacher ist die Variante, bei welchem man dem Mitarbeitenden schriftlich mitteilt, dass wenn er bis zum gesetzten Datum den Vertrag nicht unterzeichnet retourniert hat, die Änderungskündigung definitiv zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt. Zu bedenken aber ist, dass dieses Vorgehen vom Arbeitnehmenden eher negativ und gar als Druckausübung empfunden werden kann.

Schriftlichkeit

Aber ist denn überhaupt immer Schriftlichkeit erforderlich? Die allermeisten Arbeitsverträge kommen formlos zustande, werden aber doch schriftlich aufgestellt. Wenn keine Formvorschriften vorgesehen sind, können Arbeitsverträge formlos geändert werden, also gerade auch mündlich. Zwar sind dann mündliche Vereinbarungen sehr wohl gültig, aber natürlich sehr schwierig zu beweisen. Wo für die Änderung bestehender Vertragsabmachungen allerdings Schriftlichkeit vereinbart wurde, müssen diese ebenfalls auch schriftlich erfolgen. Mündliche Abmachungen wären demnach nicht formgültig. Schriftlichkeit bedeutet in diesem Fall, dass der Inhalt der Vereinbarung schriftlich festgehalten sein muss und die Parteien mittels eigenhändiger Unterschrift ihre Zustimmung bezeugen.

Sperrfristenschutz

Der gesetzliche Kündigungsschutz bei Kündigung zu Unzeit besteht auch bei der Änderungskündigung, da diese konsequent gedacht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, sollte der Mitarbeitende den Neuerungen nicht zustimmen. Besteht also eine Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder Unfall, ist die Mitarbeiterin schwanger oder im Mutterschaftsurlaub oder der Mitarbeiter im Militär, sind die Sperrfristen nach Art. 336c OR zu beachten. Eine während einer solchen Sperrfrist ausgesprochene Änderungskündigung ist nichtig, entfaltet also überhaupt keine Rechtswirksamkeit. Der durch eine Sperrfrist vor einer Kündigung geschützte Arbeitnehmende kann aber sehr wohl während dieser Zeit einer Vertragsänderung zustimmen – auch wenn diese eine Verschlechterung seiner Position bedeutet.

Angenommen der Arbeitgeber erkennt während des Mutterschaftsurlaubs seiner Mitarbeiterin, dass er diese auch nach dem Mutterschaftsurlaub weiterbeschäftigen möchte, dies aber nur zu einem reduzierten Pensum möglich ist, so können die Vertragsparteien dies im gegenseitigen Einvernehmen vereinbaren und einen neuen Arbeitsvertrag entsprechend aufsetzen. Gerade in diesem Fall kommt dies ja der Arbeitnehmerin oft auch sehr entgegen. Allgemein ist also nochmals festzuhalten, dass einvernehmliche Änderungsverträge an keinerlei Fristen gebunden sind. Die Parteien können dies jederzeit und auf einen frei gewählten Zeitpunkt vereinbaren. Der zeitliche Kündigungsschutz (Sperrfristenschutz) ist aber dann zu beachten, wenn der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen will. Letztendlich gibt also immer der Einzelfall die Vorgehensweise für eine Vertragsänderung vor. Idealerweise geht ein Gespräch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer voran, um allfälligen Missverständnissen vorzubeugen und Unklarheiten gleich zu beseitigen.

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