Recht

Haftung von leitenden Angestellten

Treten Probleme oder Störungen auf, muss sie der Vorgesetzte lösen

Wenn Mitarbeitende Schäden verursachen, muss der Arbeitgeber diese nicht in jedem Fall einfach hinnehmen. Insbesondere Angestellte mit Vorgesetztenfunktion müssen sich ihrer Verantwortung stellen. In Bezug auf leitende Angestellte gelten arbeitsrechtliche Haftungsbestimmungen, je nach Fall auch Organhaftung nach Aktienrecht, Bankenrecht und Obligationenrecht (OR).
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Nach OR Art. 321e ist der Arbeitnehmer für den Schaden verantwortlich, den er dem Arbeitgeber absichtlich oder fahrlässig zufügt. Wie weit die Haftung geht, ist unter anderem von der Situation und den Fähigkeiten der Angestellten abhängig. Leitende Angestellte müssen neben ihrer eigenen Arbeit die Führungsfunktionen gegenüber ihren Mitarbeitenden wahrnehmen und dafür sorgen, dass diese ihre Verpflichtungen vertragsgemäss erfüllen. Sie haben aktiv und verantwortungsbewusst zu handeln. Wenn Probleme oder Störungen in ihrem Bereich auftreten, müssen sie diese lösen und Streitigkeiten schlichten.

Auf Eignung achten

Das Mass der Sorgfalt, für die ein leitender Angestellter einzustehen hat, hängt von seiner Tätigkeit ab, den Fachkenntnissen und dem Berufsrisiko. Zu berücksichtigen sind weiter die Position im Organigramm, die Stellenbeschreibung, aber auch die Verhältnisse im Betrieb. Zu berücksichtigen sind überdies die Eigenschaften des Angestellten, die der Arbeitgeber kennt oder kennen sollte. Das bedeutet auch, dass die Geschäftsleitung nicht eine Person für eine Führungsaufgabe einsetzen sollte, die dafür nicht geeignet ist. Gerade qualifizierte Fachleute haben nicht unbedingt Führungseigenschaften. Ernennt man diese trotzdem zu Vorgesetzten, verliert das Unternehmen gute Fachkräfte und hat zu allem Übel auch noch unqualifizierte leitende Angestellte.

Haftung bei Unfällen

Grundlegend sind die Bestimmungen des Arbeitsgesetzes (ArG Art. 6) und OR Art. 328. Art. 624. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmenden alle Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebs angemessen sind. Die betrieblichen Einrichtungen und der Arbeitsablauf sind so zu gestalten, dass Gesundheitsgefährdungen und Überbeanspruchungen der Angestellten so weit wie möglich zu vermeiden sind.

Vorschriften über Risikomanagement findet man im Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG Art. 82) und in der Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV). Der Arbeitgeber hat die Arbeitnehmer bei der Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten zur Mitwirkung heranzuziehen. Alle im Betrieb beschäftigten Mitarbeitenden, einschliesslich der dort tätigen Angestellten eines anderen Betriebs, müssen über die bei ihren Tätigkeiten auftretenden Gefahren und die Massnahmen zu deren Verhütung informiert werden. Der Vorgesetzte sollte dafür sorgen, dass zweckmässiges Verhalten bei Schadenfällen und Unfällen regelmässig trainiert wird. Und vor allem muss der Vorgesetzte kontrollieren, dass die Schutzmassnahmen befolgt werden. Das Kommandieren, Kontrollieren und Korrigieren muss beweisbar sein, zum Beispiel durch E-Mail mit Empfangsbestätigung, Visum des Empfängers auf Dokumentenkopie, gegengezeichnete Vereinbarung.

Korrelation zur Qualifikation

Voraussetzungen für die Haftung sind gemäss OR Art. 754 Missachtung der vom Gesetz oder den Statuten auferlegten Pflichten, Verschulden sowie grobe und sogar leichte Fahrlässigkeit sowie ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem pflichtwidrigen Verhalten, das auch in Unterlassung bestehen kann, und dem eingetretenen Schaden. Je mehr Einfluss und fachliche Qualifikation eine Person besitzt, umso höhere Anforderungen werden an ihre Sorgfaltspflicht gestellt. Sind für einen Schaden mehrere Personen ersatzpflichtig, so ist jede von ihnen mit den anderen solidarisch haftbar, soweit sie persönlich für den Schaden verantwortlich sind.

Die Vorschriften für das Aktienrecht über Organhaftung gelten auch für die Verantwortlichkeit der Personen, die bei der Gründung einer GmbH mitwirken oder sich mit der Geschäftsführung, der Revision oder der Liquidation befassen (Art. 827 OR). Auch im Ausland sind normalerweise Organe prinzipiell zu Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit sowie Loyalität gegenüber ihren Unternehmen verpflichtet. Haftung besteht grundsätzlich sowohl für vorsätzlich als auch fahrlässig begangene Pflichtverletzungen.

Insiderwissen

Nach Bankgesetz (Art. 47 BankG) und nach Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel (Art. 431 BEHG) wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer vorsätzlich ein Geheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Organ, Angestellter, Beauftragter oder Liquidator einer Bank, als Organ oder Angestellter einer Prüfgesellschaft anvertraut worden ist oder das er in dieser Eigenschaft wahrgenommen hat. In diesen Fällen ist die Verletzung des Berufsgeheimnisses auch nach Beendigung des amtlichen oder dienstlichen Verhältnisses oder der Berufsausübung strafbar. Nach Art. 11 BEHG sind folgende Verhaltensregeln vorgeschrieben, die natürlich auch für Angestellte gelten: Der Effektenhändler hat gegenüber seinen Kunden:

  • Informationspflicht: Er weist sie insbesondere auf die mit einer bestimmten Geschäftsart verbundenen Risiken hin.
  • Sorgfaltspflicht: Er stellt insbesondere sicher, dass die Aufträge seiner Kunden bestmöglich erfüllt werden und diese die Abwicklung seiner Geschäfte nachvollziehen können.
  • Treuepflicht: Er stellt insbesondere sicher, dass allfällige Interessenkonflikte seine Kunden nicht benachteiligen.

Bei der Erfüllung dieser Pflichten sind die Geschäftserfahrung und die fachlichen Kenntnisse der Kunden zu berücksichtigen. Eine Strafbestimmung für die Nichterfüllung ist im BEHG leider nicht zu finden. Hingegen kann das Unternehmen zu Schadenersatz verpflichtet werden. Für diesen haftet der leitende Angestellte, der seine Pflicht verletzt hat, gegenüber dem Arbeitgeber nach Art. 321 OR.

Für leitende Angestellte in mittleren Kadern kann auch die Strafdrohung von Art. 49 BankG infrage kommen. Demnach wird mit Busse bis zu 500 000 Franken bestraft, wer vorsätzlich die vorgeschriebenen Meldungen an die Finanzmarktaufsicht (Finma) nicht erstattet oder für die Entgegennahme von Spar- und Publikumseinlagen wirbt, ohne über die gesetzlich erforderliche Bewilligung zu verfügen. Nach Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (Art. 177 DBG) können Bankangestellte und andere Personen, die mit Vermögensverwaltung zu tun haben, mit Busse bis zu 10 000 Franken, in schweren Fällen oder bei Rückfall bis zu 50 000 Franken bestraft werden, wenn sie:

  • vorsätzlich zu einer Steuerhinterziehung anstiften oder Hilfe leisten.
  • als Vertreter des Steuerpflichtigen eine Steuer­hinterziehung bewirken oder an einer solchen mitwirken.

Bestraft werden die betreffenden Personen ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit des Steuerpflichtigen. Dazu haften sie solidarisch für die hinterzogene Steuer. Zeigen sich die Täter selber an, wird unter bestimmten Voraussetzungen von einer Strafverfolgung abgesehen und die Solidarhaftung entfällt.