Recht

Markenschutz

Swissness – die neuen Regelungen

Am 1. Januar 2017 ist das Rechtssetzungsprojekt «Swissness» in Kraft getreten. Damit will man den Missbrauch von Schweizer Symbolen und Bezeichnungen wie «Schweiz» oder «Schweizer Qualität» bekämpfen, andererseits aber den Gebrauch liberalisieren.
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Wie das Eidgenössische Institut für geistiges Eigentum meldet, beträgt der Mehrwert bei typisch schweizerischen Pro-dukten sowie bei landwirtschaftlichen Naturprodukten bis zu 20 Prozent, bei
Luxusgütern sogar bis zu 50 Prozent des Verkaufspreises.

Wie Studien der ETH Zürich oder der Universität St. Gallen belegen, würden über 60 Prozent der Befragten für in der Schweiz produzierte Lebensmittel mehr als das Doppelte bezahlen. Allein die Uhren-, Schokolade-, Schmuck- und Maschinenbranchen erzielen zusammen einen Mehrerlös in der Höhe von 5,8 Milliarden Franken, was gut einem Prozent des schweizerischen Bruttoinlandprodukts entspricht. Die Kunden erwarten dann aber, dass die Produkte wirklich aus der Schweiz kommen. Deswegen entwickelte man in den letzten Jahren neue gesetzliche Regelungen unter der Bezeichnung «Swissness».

Die Herkunftsangaben

Kernstück der Swissness-Gesetzgebung ist die Revision des Markenschutzgesetzes und die Markenschutzverordnung. Die Herkunft eines industriellen Produkts entspricht dem Ort, an dem mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten anfallen (MSchG Art. 48 c). Bei der Berechnung werden die Kosten für Fabrikation und Zusammensetzung und die Kosten für Forschung und Entwicklung berücksichtigt sowie die Ausgaben für gesetzlich vorgeschriebene oder branchenweit einheitlich geregelte Qualitätssicherung und Zertifizierung. Genauer definiert werden diese Kosten in der Verordnung. Die Herkunftsangabe einer Dienst­leistung muss dem Geschäftssitz der natürlichen oder juristischen Person entsprechen, welche die Dienstleistung erbringt. Allfällige zusätzliche Anforderungen müssen ebenfalls erfüllt sein (MSchG Art. 49 ff.).

Wichtig ist die Beweislastumkehr (MSchG Art. 51 a): Der Benutzer einer Herkunftsangabe muss beweisen, dass diese zutreffend ist.

Anforderungen für Lebensmittel

Bei Naturprodukten und Lebensmitteln bezieht sich die Herkunftsangabe auf den Ort der Herkunft im schweizerischen Staatsgebiet (MSchG Art. 48 b). Die Herkunft eines Lebensmittels entspricht dem Ort, von dem mindestens 80 Prozent des Gewichts der Rohstoffe kommen, aus denen sich das Lebensmittel zusammensetzt, bei Milch und Milchprodukten 100 Prozent.

Bei der Berechnung werden alle Rohstoffe berücksichtigt, für die der Selbstversorgungsgrad der Schweiz mindestens 50 Prozent beträgt. Rohstoffe, für die der Selbstversorgungsgrad 20 bis 49,9 Prozent beträgt, sind nur zur Hälfte anzurechnen. Die Herkunftsangabe muss dem Ort entsprechen, an dem das Lebensmittel seine wesentlichen Eigenschaften erhalten hat.

Für Lebensmittel gilt die neue Verordnung über die Verwendung von schweizerischen Herkunftsangaben für Lebensmittel (HasLV). Diese enthält unter anderem Bestimmungen über die Berechnung des erforderlichen Mindestanteils und Bestimmungen über Naturprodukte, die in der Schweiz nicht verfügbar sind.

Die Naturprodukte, die temporär wegen unerwarteter oder unregelmässig auftretender Gegebenheiten wie Ernteausfall nicht oder nicht in genügender Menge in der Schweiz produziert werden können, werden vom Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) in einer Departementsverordnung festgelegt.

Geografische Marken

Eine geografische Marke kann eingetragen werden (MSchG Art. 27 a–e):

  • Für eine nach dem Landwirtschaftsgesetz (LwG) eingetragene oder geschützte Ursprungsbezeichnung oder eingetragene geografische Angabe oder für eine nach MSchG eingetragene geografische Angabe.
  • Für eine ausländische Weinbezeichnung, die den Anforderungen des Landwirtschaftsgesetzes entspricht.
  • Für Schweizer Herkunftsangaben, die in einer Verordnung geregelt sind, oder für ausländische Herkunftsangaben, die sich auf eine gleichwertige ausländische Regelung stützen.

Die GUB / GGA-Verordnung für nicht landwirtschaftliche Erzeugnisse regelt die Eintragung von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben für nicht landwirtschaftliche Erzeugnisse und definiert auch folgende Begriffe:

  • Die Ursprungsbezeichnung kennzeichnet ein Erzeugnis, dessen Qualität oder Eigenschaften überwiegend oder ausschliesslich den geografischen Verhältnissen einschliesslich der natürlichen und menschlichen Einflüsse zu verdanken sind und dessen Produktionsschritte alle in einer abgegrenzten Region oder einem bestimmten Ort erfolgen.
  • Als geografische Angabe gilt eine Bezeichnung, die ein Erzeugnis als aus einem Land, einer Region oder einem Ort stammend kennzeichnet und dessen Qualität, Ruf oder andere Eigenschaft überwiegend seinem geografischen Ursprung zuzuschreiben ist.

Der Registereintrag für eine Ursprungsbezeichnung oder eine geografische Angabe kann von bestimmten Produzentengruppen verlangt werden. Diese gelten für das fragliche Erzeugnis als repräsentativ, wenn ihre Mitglieder mindestens die Hälfte der Gesamtmenge des Erzeugnisses herstellen und mindestens 60 Prozent der an jedem Produktionsschritt beteiligten Produzenten vertreten.

Der Hinterleger einer geografischen Mar-ke muss dem Eidgenössischen Institut für geistiges Eigentum (IGE) ein Reglement über den Gebrauch der Marke einreichen. Das Reglement muss dem Pflichtenheft oder der massgebenden Regelung entsprechen und darf für den Gebrauch der geografischen Marke kein Entgelt vorsehen. Eine geografische Marke darf von jeder Person gebraucht werden, sofern die Anforderungen des Reglements erfüllt werden. Die geografische Marke kann nicht übertragen oder lizenziert werden.

Der Inhaber einer älteren Marke kann normalerweise gegen die Eintragung Widerspruch erheben, allerdings nach neuen Bestimmungen nicht mehr gegen die Eintragung einer geografischen Marke (Art. 31 Abs.1 bis). Eingetragene geografische Angaben können nicht zu Gattungsbezeichnungen werden. Gattungsbezeichnungen dürfen nicht als geo­grafische Angaben eingetragen werden (MSchG Art. 50).

Strenge Missbrauchsregelungen

Unzulässig ist der Gebrauch eines Namens, einer Firma, einer Adresse oder einer Marke im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen fremder Herkunft, wenn sich daraus eine Täuschungsgefahr ergibt (MSchG Art. 47). Werden Herkunftsangaben zusammen mit Zusätzen wie «Art», «Typ», «Stil» oder «Nachahmung» gebraucht, so müssen die gleichen Anforderungen erfüllt werden, die für den Gebrauch der Herkunftsangaben ohne diese Zusätze gelten.

Angaben zu Forschung oder Design oder anderen spezifischen Tätigkeiten, die mit dem Produkt im Zusammenhang stehen, dürfen nur verwendet werden, wenn diese Tätigkeit vollumfänglich am angegebenen Ort stattfindet.

Die Markenschutzverordnung enthält folgende Bestimmungen über Missbräuche (MSchV Art. 52 d). Bei der Bestimmung des Herkunftsorts einer Ware oder einer Dienstleistung dürfen Spielräume in der Anwendung der massgebenden Kriterien nicht in missbräuchlicher Weise ausgenützt werden. Als missbräuchlich gilt insbesondere,

  • wenn für die Bestimmung des Herkunftsorts einzelner Materialien einer Ware ohne sachlichen Grund unterschiedliche Berechnungsarten zur Berücksichtigung der Materialkosten angewendet werden;
  • wenn die in der Schweiz anfallende Eigenleistung so gering ist, dass sie in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der im Ausland anfallenden Leistung steht.

Jede Person muss beim Eidgenössischen Institut für geistiges Eigentum nach einer Frist von fünf Jahren einen Antrag auf Löschung der Marke wegen Nichtgebrauchs stellen (MSchG Art. 35 a–c). Zu Klagen, die den Schutz von Herkunftsangaben betreffen, sind auch Berufs- und Wirtschaftsverbände sowie Konsumentenschutz-Organisationen, das Institut für geistiges Eigentum berechtigt sowie betroffene Kantone, deren Name verwendet wird (MSchG Art. 56).

Für den Gebrauch unzutreffender Herkunftsangaben, täuschender Bezeichnungen sowie für Verletzung des Markenrechts anderer wird Freiheits- oder Geldstrafe angedroht. Handelt der Täter gewerbsmässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe (MSchG Art. 64).

Das Schweizerkreuz

Weiterhin wurde das Wappenschutzgesetz total revidiert und eine neue Wappenschutzverordnung geschaffen. Dabei geht es um den Schutz von nationalen oder regionalen Wappen und des Schweizerkreuzes. Im Prinzip dürfen na­tionale Bild- und Wortzeichen gebraucht werden, es sei denn der Gebrauch ist irreführend oder verstösst gegen die öffentliche Ordnung, die guten Sitten oder geltendes Recht.

Die Verwendung des Schweizerkreuzes und der Schweizerfahne ist nicht nur wie bisher für Dienstleistungen, sondern neu auch für Waren erlaubt (WSchG Art. 10). Werden Schweizerkreuze oder andere Hoheits-Zeichen als Hinweis der geografischen Herkunft auf Waren angebracht, gelten die Regeln des Markenschutzgesetzes (WSchG Art. 13).

Die Wappen, Fahnen und anderen Hoheitszeichen der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden werden durch das kantonale Recht bestimmt (WSchG Art. 5). Das war im alten WSchG nicht klar festgelegt. Wappen und die charakteristischen Bestandteile von Kantonswappen dürfen hingegen nur vom berechtigten Gemeinwesen und seinen Unternehmen für hoheitliche Tätigkeiten verwendet werden (WSchG Art. 8).

Nur in fest bestimmten Ausnahmefällen ist der Gebrauch für andere Organisationen erlaubt, zum Beispiel für Veranstaltungen oder kunstgewerbliche Gegenstände. Lizenzen für Wappen dürfen nicht erteilt werden.

Das berechtigte Gemeinwesen sowie Organisationen und Unternehmen, die das Schweizerwappen im Logo führen und als verselbstständigte Einheiten öffentliche Aufgaben wahrnehmen, dürfen das Logo auch verwenden für die Kennzeichnung gewerblicher Leistungen, die sie im Rahmen der massgebenden Rechtsgrundlagen erbringen (WSchV Art. 3).Das Eidgenössische Institut für geistiges Eigentum (IGE) führt ein elektronisches Verzeichnis mit den öffentlichen Zeichen der Schweiz sowie den öffentlichen Zeichen von ausländischen Staaten (WSchG Art. 18). Es macht das Verzeichnis elektronisch zugänglich. Die Wappenschutzverordnung beschreibt, welche Angaben im Verzeichnis enthalten sind.

Beweislast / Strafbestimmungen

Auch nach Wappenschutzgesetz gibt es eine Beweislastumkehr: Der Benutzer eines öffentlichen Zeichens muss beweisen, dass er dieses gebrauchen darf (WSchG Art. 19). Wer durch widerrechtlichen Gebrauch öffentlicher Zeichen in den wirtschaftlichen Interessen verletzt oder gefährdet wird, kann vom Gericht verlangen, dass es eine drohende Verletzung verbietet oder beseitigt (WSchG Art. 20). Zur Klage berechtigt sind auch Verbände sowie Konsumentenorganisationen (WSchG Art. 21).

Unzulässiger Gebrauch öffentlicher Zeichen wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft (WSchG Art. 28). Das Gericht kann selbst im Falle eines Freispruchs die Einziehung oder Vernichtung der Gegenstände anordnen (WschG Art. 30).

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