Recht

Unternehmensrecht

Stolpersteine bei der Durchführung von Generalversammlungen

Anfangs 2012 waren rund 550 000 Unternehmen im Handelsregister eingetragen. Rund 195 000 dieser Unternehmen sind in der Rechtsform der Aktiengesellschaft konstituiert. Die Durchführung der ordentlichen Generalversammlung bringt für Aktiengesellschaften jedoch einige Schwierigkeiten mit sich.
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Innerhalb von sechs Monaten nach Ende des Geschäftsjahres einer Aktiengesellschaft ist eine ordentliche Generalversammlung (GV) durchzuführen. Mehrheitlich legen die Statuten fest, dass das Geschäftsjahr mit dem Kalenderjahr zusammenfällt und daher am 31. Dezember endet. Logischerweise müssen daher bis spätestens 30. Juni jeden Jahres die Aktionäre die gesetzlich vorgeschriebenen Beschlüsse an der Generalversammlung fassen. In der Praxis sind Geschäftsjahre, welche vom Kalenderjahr abweichen, eher selten anzutreffen, da die buchhalterischen Abgrenzungen per 30. Juni aufwendiger und auch zeitintensiver sind.

Günstige Alternative

Besteht das Aktionariat nur aus einem oder wenigen Aktionären, die zudem einvernehmlich zusammenwirken, verzichtet der Verwaltungsrat häufig auf eine formelle Einladung, und die sogenannte Universalversammlung ist einschlägig und weit verbreitet. Unter der Voraussetzung, dass sämtliche Aktionäre widerspruchslos der Durchführung einer Universalversammlung zustimmen, müssen die für die Einberufung zu beachtenden Formvorschriften nicht eingehalten werden. Im Protokoll der Generalversammlung ist dies zwingend zu erwähnen. Diese Art der Generalversammlung ist in der Schweiz anzahlmässig häufig anzutreffen und erspart dem Verwaltungsrat bzw. der Geschäftsführung einen erheblichen Aufwand. Eine Universalversammlung ist nur zulässig durchgeführt, wenn sie auch tatsächlich abgehalten worden ist. Eine Beschlussfassung ausschliesslich auf dem (schriftlichen) Zirkularweg ist untersagt und hätte die Nichtigkeit dieser Beschlüsse zur Folge.

Ist eine Universalversammlung nicht möglich, da nicht sämtliche Aktionäre einer solchen zustimmen würden, ist eine ordentliche Generalversammlung durchzuführen und die Vorschriften der Einberufung sind akribisch einzuhalten.

Die Einberufung einer ordentlichen Generalversammlung hat in Übereinstimmung mit den gesetzlichen und statutarischen Vorgaben zu erfolgen, um die Rechte der Aktionäre nicht zu verletzen. Bei der Verletzung der Aktionärsrechte können die an der GV gefassten Beschlüsse nichtig oder anfechtbar sein. Die Durchführung einer ordentlichen Generalversammlung ist anspruchsvoll und steckt voller Tücken und Stolpersteine. Im Sinne einer Auswahl sollen folgende kritischen Punkte näher beleuchtet werden.

Die Einberufung

Die Einberufung der Generalversammlung hat spätestens 20 Tage vor dem Versammlungstag durch den Verwaltungsrat zu erfolgen. Bei der Berechnung der 20 Tage sind der Tag der Absendung der Einladung sowie der Tag der Generalversammlung nicht mitzuzählen. Möglich ist, dass die Statuten eine längere Frist vorsehen, eine Verkürzung derselben ist gesetzlich nicht erlaubt. Es ist sicherzustellen, dass spätestens 20 Tage vor der Versammlung die Einladung bei den Aktionären zugegangen ist. Bei der Beurteilung, ob die Frist eingehalten ist, wird auf die sogenannte Zugangstheorie abgestellt. Die Einladung gilt als zugestellt, wenn der Empfänger die Sendung tatsächlich entgegennimmt oder hätte entgegennehmen können. Erfolgt die Einladung per Einschreiben, ist daher die 7-tägige Abholfrist der Post zu den 20 Tagen hinzuzurechnen.

Pflicht-Traktanden

Die Einladung hat die Verhandlungsgegenstände sowie die Anträge des Verwaltungsrates und – sofern solche gestellt wurden – der Aktionäre bekannt zu geben. Es empfiehlt sich, die Verhandlungsgegenstände umfassend und ausführlich zu dokumentieren und wenn möglich die Anträge, über welche Beschluss gefasst wird, wörtlich aufzuführen. Damit ist sichergestellt, dass in der Generalversammlung nicht über Anträge Beschluss gefasst wird, welche mit denen in der Einladung aufgeführten divergieren. Solche Beschlüsse sind nämlich nichtig. Die folgenden Traktanden, ergänzt durch die entsprechenden Anträge des Verwaltungsrates, müssen in der Einladung zur ordentlichen Generalversammlung auf jeden Fall immer enthalten sein:

  • Genehmigung des Protokolls der letzten ordentlichen Generalversammlung (empfohlen)
  • Geschäftsbericht des abgeschlossenen Geschäftsjahres (Jahresbericht und Jahresrechnung)
  • Bericht der Revisionsstelle (sofern eine solche gewählt ist)
  • Beschlussfassungen

           Genehmigung des Jahresberichtes

           Genehmigung der Jahresrechnung

           Verwendung des Bilanzgewinnes

  • Décharge-Erteilung an den Verwaltungsrat und die Revisionsstelle
  • Wahlen (Verwaltungsrat und Revisionsstelle)

2. Die Durchführung

Besondere Sorgfalt ist bei der Einlasskontrolle angezeigt. Hilfreich sind Einladungen, welche mit der Möglichkeit, einen Bevollmächtigten zu bezeichnen, kombiniert sind. Schlägt die Gesellschaft als Vollmachtnehmer einen Verwaltungsrat vor, muss zwingend ein unabhängiger Dritter als Alternative zur Verfügung stehen (Art. 689c OR). Beim Zutritt zur Generalversammlung können die Einladungen (inkl. Vollmacht) als Legitimationsnachweis vorgelegt werden. Dennoch ist beim Einlass – vorzugsweise unter Vorlage eines amtlichen Dokuments (Pass, ID, etc.) – zu kontrollieren, ob dem Aktionär persönlich oder seinem Vertreter Einlass gewährt wird. Die Statuten sehen regelmässig vor, dass ein Bevollmächtigter ebenfalls Aktionär der Gesellschaft zu sein hat, was zulässig ist.

Jeder Aktionär hat das Recht, sich zu den traktandierten Themen anlässlich der Versammlung zu äussern. Um einen geordneten Ablauf sicherzustellen, ist eine Redezeitbeschränkung zulässig und häufig angezeigt. Die Möglichkeit der Aktionäre, anlässlich der Generalversammlung Anträge zu traktandieren, über welche auch sogleich Beschluss gefasst wird, ist grundsätzlich stark eingeschränkt. Anträge dürfen nur dann zur Beschlussfassung zugelassen werden, wenn es sich um ein sogenannten Gegenantrag zu dem bereits traktandierten Antrag handelt. Trifft dies nicht zu, ist kein Beschluss zu fassen und zumindest beim Aktionär abzuklären, ob er diesen für die nächste Generalversammlung noch traktandiert wissen möchte oder den Antrag zurückziehe.

Ohne anderslautende statutarische oder gesetzliche Bestimmung ist mit der absoluten Mehrheit der vertretenen Aktienstimmen Beschluss zu fassen, d.h. die Hälfte der vertretenen plus eine Stimme. Ist in den Statuten nicht der Stichentscheid des Vorsitzenden vorgesehen, gilt bei Stimmengleichheit der Antrag als abgelehnt. Bei einem grossen Aktionariat und der Möglichkeit von sehr knappen Mehrheiten kann es angezeigt sein, die Stimmabgabe schriftlich (oder elektronisch) durchzuführen. Entsprechende beim Einlass abgegebene Stimmkarten sind unabdinglich.

3. Protokollierung

Neben den Feststellungen über die Präsenzen von Aktionären, Verwaltungsrat und gegebenenfalls Revisionsstelle ist die Beschlussfähigkeit festzustellen. Diese liegt vor, wenn eine ordnungsgemässe Einberufung stattgefunden hat und der Geschäfts- und Revisionsbericht rechtzeitig am Sitz der Gesellschaft aufgelegen hat. Im Protokoll sind mindestens die Beschluss- und Wahlergebnisse aufzuführen.

Sollten Begehren um Auskunft gestellt worden sein, sind auch die darauf erteilten Antworten zu protokollieren. Schlussendlich sind allfällige Erklärungen von Aktionären festzuhalten. Eine wortwörtliche Wiedergabe ist nicht erforderlich.

Fazit

Die Durchführung einer ordentlichen Generalversammlung scheint ein standardisierter und wohl bekannter Prozess zu sein. Die Tücken liegen jedoch wie immer im Detail: Es empfiehlt sich eine sorgfältige Vorbereitung, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Für kleine Gesellschaften, die dennoch in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft organisiert sind, ist die alternative Abhaltung einer sogenannten Universalversammlung durchaus sinnvoll und kosteneffizient.

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