Recht

Technologie und Recht (Teil 2 von 5)

Steuerreform 2020: Was die neue Patentbox bringt

Die am 1. Januar 2020 in Kraft tretende STAF-Steuerreform ist nicht nur für Grosskonzerne vorteilhaft. Insbesondere für innovative KMU bietet sie neue Möglichkeiten. Die mit der Reform eingeführte Patentbox erlaubt es, für Gewinne, die Patenten und ähnlichen Schutzrechten zugeordnet werden können, von einem reduzierten Steuersatz zu profitieren.
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Im Rahmen der in der Referendums-Abstimmung vom 19. Mai 2019 angenommenen STAF-Steuerreform (Bundes­gesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung), die am 1. Januar 2020 in Kraft treten wird, werden verschiedene neue, teilweise optionale Instrumente eingeführt, mit welchen die Kantone gezielt Steuererleichterungen für Unternehmen vorsehen können. Diese neuen Steuererleichterungen sind konform mit den Vorgaben der OECD und dienen als Ersatz der international nicht mehr akzeptierten Steuerprivilegien für überwiegend im Ausland tätige Konzerne. 

Von den neuen Steuerinstrumenten bieten insbesondere die Patentbox und der Sonderabzug für Kosten für Forschung und Entwicklung (F&E) innovativen KMU und Start-ups die Möglichkeit, von Steuererleichterungen auf Ebene von Kantons- und Gemeindesteuern zu profitieren, im Gegenzug dazu, dass sie ihre F&E-Tätigkeiten in der Schweiz durchführen.

Die Patentbox

Die Patentbox steht für inländische und ausländische Patente und vergleichbare Rechte (vergleiche Box «Patente und vergleichbare Schutzrechte») zur Verfügung, wobei für KMU in der Praxis vor allem Patente relevant sind. Nachfolgend wird deshalb der Einfachheit halber immer von «Patenten» die Rede sein, wobei jedoch immer auch die «vergleich­baren Rechte» mitgemeint sind.

Auf Antrag der steuerpflichtigen Person wird der Reingewinn aus Patenten im Verhältnis des qualifizierenden F&E-Aufwands zum gesamten F&E-Aufwand pro Patent (sogenannter «Nexus-Quotient») mit einer Ermässigung von maximal 90 Prozent in die Berechnung des steuerbaren Reingewinns einbezogen (vergleiche Art. 24b Steuerharmonisierungsgesetz). Den Kantonen steht jedoch die Möglichkeit offen, in den kantonalen Steuergesetzen eine geringere Ermässigung vorzusehen. Nach aktuellem Stand sehen die folgenden Kantone eine geringere Patentbox-Ermäs­sigung vor: AI, GE, GL, LU 10 Prozent, NE 20 Prozent; UR 30 Prozent; TG 40 Prozent; AR, SG 50 Prozent und GR 70 Prozent. 

Fehlt eine kantonale Regelung, so gilt automatisch der im Bundesgesetz vorgesehene Maximalwert von 90 Prozent. Für diejenigen Kantone, die nur eine geringe Ermässigung vorsehen, ist die mögliche Steuererleichterung im Vergleich zum administrativen Aufwand und den Anfangskosten aufgrund der Übergangsregelung gegebenenfalls für bestehende Patente wenig attraktiv.

Der Reingewinn aus Patenten, die in Produkten enthalten sind, berechnet sich aus dem Reingewinn der entsprechenden Produkte, abzüglich 6 Prozent der diesen Produkten zugewiesenen Kosten und des Markenentgelts (Anteil des Kaufpreises eines Produkts, der für die Marke bezahlt wird). 

Die Berechnung des Nexus-Quotienten wird im Gesetz nur im Grundsatz geregelt. Die exakte Berechnung wird der Bundesrat in einer entsprechenden Verordnung festlegen. Dies soll es insbesondere erlauben, sich ändernde Vorgaben der OECD in Bezug auf die Vermeidung von Steuerumgehung zeitnaher nach­zuvollziehen, als es auf Gesetzesebene möglich wäre. Gemäss dem Vernehm­lassungsentwurf der bundesrätlichen Verordnung umfasst der qualifizierende F&E-Aufwand den konzerninternen F&E-Aufwand der steuerpflichtigen Person im Inland und den F&E-Aufwand unabhängiger Dritter im Inland und Ausland, welcher dem Patent oder dem Produkt zugerechnet werden kann. Dieser Aufwand wird anschliessend mit einem «Uplift»-Korrekturfaktor von 130 Prozent multipliziert. Der gesamte F&E-Aufwand umfasst zusätzlich zum qualifizierenden Aufwand (ohne Uplift-Faktor) noch den Aufwand für den Erwerb von Patenten sowie den konzerninternen F&E-Aufwand der steuerpflichtigen Person im Ausland. Der Nexus-Quotient kann maximal 100 Prozent betragen. Berücksichtigt werden alle angefallenen Aufwände der letzten zehn Steuerperioden.

Im Jahr der Einbringung eines Patents in die Patentbox ist als Übergangsregelung zur Kompensation des bereits in der Vergangenheit berücksichtigten F&E-Aufwands der F&E-Aufwand (inklusive F&E-Sonderabzüge) der vergangenen zehn Steuerperioden einmalig zum steuerbaren Reingewinn hinzuzurechnen und eine entsprechende versteuerte stille Reserve zu bilden. 

Da diese Default-Regelung im ersten Jahr zu einem relevanten Liquiditätsabfluss führen kann, steht es den Kantonen frei, diese Besteuerung auf andere Weise sicherzustellen. Beispielsweise sieht der Kanton Zürich in § 64b des kantonalen Steuergesetzes vor, dass stattdessen in den ersten fünf Jahren nach Einbringung eines Patents in die Patentbox der Reingewinn aus dem Patent nur dann ermässigt versteuert wird, wenn er den dazugehörigen vergangenen F&E-Aufwand übersteigt. Erst nach fünf Jahren muss dann der restliche, noch nicht verrechnete F&E-Aufwand zum steuerbaren Reingewinn hinzugerechnet werden. Die steuerpflichtige Person kann diese Verrechnung auch vorziehen.

Sonderabzug für F&E-Kosten

Die Kantone können einen zusätzlichen Abzug von maximal 50 Prozent des F&E-Aufwands vorsehen, welcher der steuerpflichtigen Person direkt oder indirekt durch Dritte im Inland entstanden ist (vergleiche Artikel 25a Steuerharmonisierungsgesetz). Die steuerpflichtige Person muss diesen F&E-Sonderabzug beantragen. Unter dem Begriff «Forschung und Entwicklung» werden wissenschaftliche Forschung (Grund­lagenforschung und anwendungsorientierte Forschung) und wissenschaftsbasierte Innovation (die Ent­wicklung neuer Produkte, Verfahren, Prozesse und Dienstleistungen für Wirtschaft und Gesellschaft durch Forschung und die Verwertung ihrer Resultate) verstanden. Ein erhöhter F&E-Abzug ist zulässig auf den direkt zurechenbaren Personalkosten für F&E inklusive eines Zuschlags von 35 Prozent, maximal aber dem gesamten Aufwand, sowie 80 Prozent des durch Dritte in Rechnung gestellten F&E-Aufwands. Die Einführung des F&E-Sonderabzugs ist für die Kantone fakultativ. Nach aktuellem Stand werden die Kantone AI, BS, GL, GR, LU, NW und UR keinen F&E-Sonderabzug einführen, und die Kantone BL, SG und SH werden in den kantonalen Steuergesetzen einen Abzug von weniger als 50 Prozent vorsehen.

Wichtige Überlegungen

Die Patentbox-Steuererleichterung und der F&E-Sonderabzug werden nicht automatisch gewährt, sondern müssen bei den Steuerbehörden beantragt werden. Für die steuerpflichtige Person besteht zudem eine Dokumentationspflicht für die zugrunde liegenden Daten, wobei die Steuerbehörden diese Dokumentation einfordern können. 

Es ist empfehlenswert, frühzeitig die Erfassung und Verarbeitung der notwendigen Daten zu organisieren, beispielsweise durch die Definition entsprechender Analysen und Reports. Vorteilhaft werden dabei die verschiedenen für die Patentbox infrage kommenden Patente individuell beurteilt. Aufgrund der speziellen buchhalterischen, steuerlichen und patentrechtlichen Fragestellungen kann ein Outsourcing der entsprechenden Prozesse in Betracht gezogen werden. 

Insbesondere die nachvollziehbare Zuordnung von Gewinnen und F&E-Aufwendungen im Inland und Ausland zu gewissen Patenten und Produkten, wie sie zur Berechnung des Patentbox-Gewinnes notwendig ist, kann bei grösseren Produkt- und Patentportfolios oder komplexen internationalen Sachverhalten einen erheblichen Aufwand verursachen. 

Für KMU mit überschaubaren Produkt- und Patentportfolios und/oder rein innerschweizerischen Forschungsaktivi­täten kann erwartet werden, dass der administrative Aufwand überschaubar sein wird. In jedem Fall sollte natürlich der Aufwand im Verhältnis stehen zu der erzielbaren Steuererleichterung.

Beim Entscheid, ob das Instrument der Patentbox oder des F&E-Sonderabzugs genutzt werden soll, sind auch die steuerlichen Auswirkungen der einmaligen rück­wirkenden Aufrechnung der vergangenen F&E-Aufwände zu berücksichtigen. Ebenso müssen den Steuerbehörden eventuell betriebsinterne Kalkulationen offengelegt werden, auf welche diese sonst keinen Zugriff hätten.

Die steuerliche Entlastung aus den verschiedenen Instrumenten der STAF-Steuerreform darf insgesamt 70 Prozent des steuerbaren Gewinns nicht überschreiten, und es dürfen weder aus den einzelnen Ermässigungen noch den gesamten steuerlichen Ermässigungen Verluste resultieren (vgl. Art. 25b Steuerharmonisierungsgesetz). 

Die Kantone können tiefere Entlastungsbegrenzungen vorsehen, was viele auch tun. So beträgt zum Beispiel die Entlastungsbegrenzung in den Kantonen GE, GL und FR nur 9 Prozent, 10 Prozent beziehungsweise 20 Prozent. Die meisten Kantone haben jedoch die Entlastungsbegrenzung auf einen Wert zwischen 40 bis 70 Prozent festgelegt.

Die Nutzung der Patentbox kann dazu führen, dass gegebenenfalls bestehende Patentstrategien eines Unternehmens hinterfragt oder angepasst werden müssen. Beispielsweise kann es aus steuerlichen Gründen vorteilhaft sein, Patent­anmeldungen schneller zur Erteilung zu bringen, als dies normalerweise not­wendig wäre, damit die entsprechenden Patente für die Patentbox genutzt werden können. Ebenso können bei Entscheidungen in Bezug auf die Länder­abdeckung von Patentfamilien neben marktstrategischen Überlegungen und administrativen Kosten neu auch steuertechnische Fragen eine relevante Rolle spielen.

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