Für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten sind in der Schweiz grundsätzlich die staatlichen Gerichte zuständig. Es ist Geschäftspartnern allerdings unbenommen, vor oder auch nach Entstehung einer Streitigkeit die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte auszuschliessen und die entsprechende Spruchkompetenz stattdessen einem privaten Schiedsgericht zu übertragen. Dieses setzt sich in der Regel aus von den Parteien selbst ernannten Schiedsrichtern zusammen.
Entgegen einer verbreiteten Annahme, besteht die Aufgabe von Schiedsgerichten nicht primär darin, zwischen den Parteien eine Einigung herbeizuführen. Vielmehr übertragen die Parteien den Schiedsgerichten die Kompetenz, verbindliche und vollstreckbare Urteile, sogenannte Schiedssprüche, zu fällen. Aus diesem Grund müssen auch Schiedsgerichte fundamentale rechtsstaatliche Grundsätze, wie etwa die Gewährung des rechtlichen Gehörs oder den Grundsatz der Gleichbehandlung der Parteien, einhalten. Ob KMU nun ein privates Schiedsgericht anstelle von staatlichen Gerichten über ihre Streitigkeiten mit Geschäftspartnern entscheiden lassen sollen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei sind die Vor- und Nachteile im konkreten Fall sorgfältig abzuwägen.
Die Vorteile
Sind Vertragsparteien in unterschiedlichen Ländern ansässig, so sind diese in der Regel bestrebt, allfällige Streitigkeiten vor ihrem jeweiligen «Heimatgericht» auszutragen. Können sich die Parteien aus diesem Grund auf keinen staatlichen Gerichtsstand einigen, ebnet die internationale Schiedsgerichtsbarkeit regelmässig den Weg für eine Kompromisslösung. In deren Rahmen kann die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts mit Sitz in einem beliebigen (Dritt-)Staat vereinbart werden. Bekannte und bewährte Schiedsorte sind in Europa neben Zürich und Genf namentlich London, Paris, Wien oder Stockholm.
Im Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit laufen die Parteien zudem nicht Gefahr, für die Beurteilung ihres Falls irgendeinen Richter vorgesetzt zu bekommen. Vielmehr können sie ihren Schiedsrichter selber auswählen. Dabei kann auf verschiedene Faktoren wie die Nationalität, den rechtlichen Hintergrund oder die besondere Expertise eines Schiedsrichters Rücksicht genommen werden. Die Parteien können sich auf einen Einzelschiedsrichter einigen oder aber je einen Schiedsrichter oder eine Schiedsrichterin ernennen, die in der Regel dann gemeinsam den Vorsitzenden des Schiedsgerichts bestimmen.
Die Schiedsgerichtsbarkeit zeichnet sich durch eine hohe Flexibilität in der Verfahrensgestaltung aus. Im Gegensatz zu staatlichen Zivilprozessen, die in der Schweizerischen Zivilprozessordnung umfassend geregelt sind, können die Parteien das Schiedsverfahren im gegenseitigen Einvernehmen weitgehend selber bestimmen und ihren Bedürfnissen anpassen. So können sie beispielsweise selber entscheiden, wie viele Schriftenwechsel durchgeführt und in welchem Umfang Zeugen angehört werden sollen.
Für die staatliche Gerichtsbarkeit gilt sodann der Grundsatz der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen und Urteilsverkündung (Art. 30 Abs. 3 BV). Wünscht ein Unternehmen hingegen gerade nicht, dass seine Rechtsstreitigkeiten publik werden, wird diesem Bedürfnis durch die Vertraulichkeit des Schiedsverfahrens Rechnung getragen.
Schliesslich liegt ein weiterer, gewichtiger Vorteil der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit in der vergleichsweise einfachen Vollstreckbarkeit von Schiedssprüchen. Rund 150 Staaten, darunter alle grösseren Volkswirtschaften wie auch die Schweiz, haben das sogenannte New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen ratifiziert (NYÜ). Einem im NYÜ-Vertragsstaat A ergangenen Schiedsspruch kann die Vollstreckung im NYÜ-Vertragsstaat B nur aus wenigen wichtigen Gründen versagt werden. Dies ist etwa dann der Fall, wenn es an einer gültigen Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien fehlt oder wenn eine Partei im Schiedsverfahren eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör erleiden musste.
Die Nachteile
Kehrseiten der schiedsgerichtlichen Medaille gibt es selbstverständlich auch. Eine davon stellen die vergleichsweise hohen Kosten von Schiedsverfahren dar. Da es sich bei Schiedsgerichten um privat einberufene Spruchkörper handelt, müssen die Parteien nicht nur für die Kosten ihrer eigenen Rechtsvertretung, sondern namentlich auch für die Honorare der amtierenden Schiedsrichter aufkommen. Diese sind in der Regel höher als die nicht kostendeckenden Gerichtskosten, die von staatlichen Gerichten erhoben werden.
Die im Verfahren unterliegende Partei hat der obsiegenden Partei in der Regel jedoch die ihr entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten weitgehend zu ersetzen. Dies gilt grundsätzlich auch im Rahmen von Schiedsverfahren. Für die in einem Schiedsprozess obsiegende Partei relativiert sich der potenzielle Nachteil höherer Kosten dadurch merklich.