Recht

Familienrecht

Scheidung und die unliebsamen Folgen

Scheiden tut meist weh. Dies gilt insbesondere auch in finanzieller Hinsicht. Der nach­folgende Beitrag setzt sich mit dem Ablauf eines Scheidungsverfahrens auseinander. Anschliessend werden die Nebenfolgen der Scheidung dargelegt. Ein besonderes Augenmerk wird hierbei der Aufteilung des Vermögens gewidmet.
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Den Ablauf des Verfahrens bestimmen die Eheleute in gewisser Hinsicht selbst. Die mit Sicherheit für alle Beteiligten eleganteste und auch günstigste Lösung ist die einvernehmliche Scheidung. Ist man sich über eine Scheidung zwar einig, kann aber hinsichtlich der Folgen keine übereinstimmende Lösung finden, besteht die Möglichkeit eines teilweise einvernehmlichen Scheidungsverfahrens. Will nur ein Ehegatte allein die Scheidung verlangen, kann er dies erst nach Ablauf einer zweijährigen Trennungszeit tun. Vor Ablauf dieser zweijährigen Trennungszeit kann ein Ehegatte die Scheidung nur beantragen, wenn ihm die Fortsetzung der Ehe aus schwerwiegenden Gründen, wie z.B. schwere körperliche oder seelische Misshandlung, nicht mehr zumutbar ist.

Einvernehmlich

Ein Scheidungsverfahren auf einvernehmlichem Weg wird auf der Grundlage einer sogenannten Scheidungsvereinbarung durchgeführt. Hierbei handelt es sich um einen Vertrag, in welchem die Eheleute ihren gemeinsamen Scheidungswillen festhalten und die Nebenfolgen regeln. Diese Vereinbarung wird dann dem Gericht am Wohnsitz eines der beiden Ehegatten zur Genehmigung vorgelegt. Dem gemeinsamen Scheidungsbegehren kann das Gericht jedoch erst stattgeben, wenn es die Parteien zuvor getrennt und zusammen angehört und sich davon überzeugt hat, dass die Vereinbarung dem tatsächlichen Willen jedes Ehegatten entspricht. Die Genehmigung der Vereinbarung erfolgt mittels Urteil. Eine Scheidungsvereinbarung kann grundsätzlich ohne Hilfe eines Rechtsanwalts ausgearbeitet werden. Es empfiehlt sich aber trotzdem, Rat bei einer Fachperson zu holen, insbesondere wenn Kinder involviert oder die Vermögensverhältnisse komplex sind.

Teilweise einvernehmlich

Im Gegensatz zum einvernehmlichen Verfahren sind sich die Eheleute bei der teilweise einvernehmlichen Variante zwar über die Scheidung grundsätzlich einig, nicht aber über sämtliche Nebenfolgen der Scheidung. Diesfalls ist es Aufgabe des Gerichtes, die umstrittenen Punkte zu regeln. Die Einleitung des Verfahrens erfolgt analog zum einvernehmlichen Verfahren, aber beschränkt auf das gemeinsame Scheidungsgesuch und allenfalls die Regelung derjenigen Nebenfolgen, über die Einigkeit besteht. Sofern auch mithilfe des Gerichtes keine Einigung über die strittigen Folgen getroffen werden kann, wird das Verfahren streitig fortgeführt; jede Partei stellt ihre dies­bezüglichen Anträge, über die das Gericht dann entscheidet.

Streitiges Verfahren

Wird die Scheidung nur auf Wunsch eines Ehegatten anbegehrt, ist dies grundsätzlich erst nach zweijährigem Getrenntleben möglich. Die Klage ist beim Gericht am Wohnsitz einer der beiden Parteien einzureichen. Das Gericht lädt die Parteien anschliessend zu einer Verhandlung vor und versucht eine Einigung herbeizuführen. Ist dies nicht möglich, wird der klagenden Partei Frist zur Begründung des Scheidungsgesuchs inkl. der Anträge über die Scheidungsfolgen angesetzt. Anschliessend finden weitere Rechtsschriftenwechsel und Verhan­dlung(en) statt. Solche «Kampfscheidungen» stellen meist eine grosse nervliche Belastung dar. Zudem können sie teuer werden.

Die Nebenfolgen

Im Rahmen der Scheidung sind der nacheheliche Unterhalt, die Teilung der Pensionskasse, die Kinderbelange, die Zuteilung der Familienwohnung und die Aufteilung des Vermögens zu regeln. Nicht zu vergessen sind auch die steuerlichen Auswirkungen, der Einfluss auf die Sozialversicherungen und je nach Konstellation auf das Aufenthaltsrecht von Ausländern/Ausländerinnen.

Nachehelicher Unterhalt

Der Ehegattenunterhalt stellt einen Punkt dar, der im Rahmen des Scheidungsverfahrens zu regeln ist. Hierbei wird zuerst überprüft, ob es sich bei der Ehe um eine sogenannte «lebensprägende» Ehe gehandelt hat oder nicht. Bei einer über zehnjährigen Ehe oder wenn aus der Ehe gemeinsame Kinder hervorgegangen sind, wird die Lebensprägung vermutet. Entscheidend sind immer die Lebensumstände des Einzelfalls. Liegt keine lebensprägende Ehe vor, wird an den vorehelichen Verhältnissen angeknüpft und in der Regel wird davon ausgegangen, dass sich jeder Ehegatte in Zukunft selber versorgen kann.

Bei lebensprägender Ehe hingegen besteht Anspruch auf Fortführung des ehelichen Lebensstandards. Diesfalls werden erst die Lebensverhältnisse der Parteien festgestellt. Der gebührende Unterhalt orientiert sich dabei an dem in der Ehe zuletzt gemeinsam gelebten Standard. Gleichzeitig stellt dies auch die Obergrenze des gebührenden Unterhalts dar. Zeichnet sich ab, dass ein Ehegatte diesen Lebensstandard vorübergehend oder dauernd nicht selber halten kann, wird der andere Ehegatte verpflichtet, seinen finanziellen Verhältnissen entsprechend einen vorübergehenden oder dauernden angemessenen Unterhaltsbeitrag zu leisten.

Pensionskasse

Die während der Ehe geäufneten Pensionskassenguthaben sind grundsätzlich je hälftig zu teilen. Keine Teilung kann erfolgen, wenn bei einem Ehegatten bereits der Vorsorgefall (z.B. durch Bezug einer Alters- oder Invalidenrente) eingetreten ist. Diesfalls kann eine angemessene Entschädigung geschuldet sein. Auf eine hälftige Teilung kann verzichtet werden, wenn beide Ehegatten eine genügende Altersvorsorge nachweisen können.

Kinderbelange

Während der Ehe haben die Eltern in aller Regel die gemeinsame elterliche Sorge. Dies bedeutet, dass die Eltern gemeinsam für das Wohlergehen ihrer unmündigen Kinder verantwortlich sind. Konkret betrifft dies die Betreuung der Kinder, die Erziehung, die Verwaltung des Kindesvermögens und die Vertretung gegenüber Dritten. Im Scheidungsfall ist zu regeln, wer diese Verantwortung fortan trägt. Möglich ist die elterliche Vereinbarung, diese Verantwortung für die Kinder auch in Zukunft gemeinsam zu tragen. Ist dies jedoch aufgrund eines sich abzeichnenden Konfliktpotenzials nicht möglich, wird gemäss heutiger Gesetzeslage ein Elternteil zum alleinigen Sorgeberechtigten erklärt. Bei der Wahl wird auf das Wohl der Kinder Rücksicht genommen.

Zu regeln ist auch, bei wem die Kinder leben, d.h. wer die Obhut über sie hat. Dem anderen Elternteil steht dann ein Besuchs- und Ferienrecht zu. Gleichzeitig ist sie/er verpflichtet, dem Elternteil mit der Obhut einen Unterhaltsbeitrag für die Kinder zu bezahlen.

Familienwohnung

Schliesslich ist auch zu regeln, wer weiterhin die Familienwohnung nutzen kann. Entscheidend ist die Tatsache, ob sich aufgrund der Kinder oder aus anderen wichtigen Gründen ein Verbleib des einen Ehegatten im Vergleich zum anderen eher aufdrängt. Handelt es sich um eine Mietwohnung, kann das Mietverhältnis auf den anspruchsberechtigten Ehegatten übertragen werden. Befindet sich die Wohnung im Alleineigentum eines Ehegatten, kann dem anderen Ehepartner ein befristetes Wohnrecht eingeräumt werden. Der Alleineigentümer der Liegenschaft ist dann gehalten, sich temporär eine andere Wohnung zu suchen. Liegt Miteigentum vor, d.h. jedem Ehegatten gehört die Wohnung je zur Hälfte, genügt der Nachweis eines überwiegenden Interesses, um die ungeteilte Zuweisung der Familienwohnung zu erreichen.

Die im Scheidungszeitpunkt vorhandenen Vermögenswerte werden den beiden Ehegatten zugeteilt. Wie diese Zuteilung zu erfolgen hat, bestimmt das Güterrecht.

Die verschiedenen Güterstände

Güterrechtlich ist zwischen drei Güterständen zu unterscheiden: Errungenschaftsbeteiligung, Gütergemeinschaft und Gütertrennung. Bei der Errungenschaftsbeteiligung handelt es sich um den ordentlichen Güterstand. Ohne Abschluss eines Ehevertrages oder der seltenen gerichtlichen Anordnung einer Gütertrennung, unterliegt ein Ehepaar dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Ob die Vereinbarung eines anderen Güterstandes empfehlenswert ist, hängt immer von den Umständen des Einzelfalles ab.

Allgemein lässt sich sagen, dass je komplizierter die finanziellen Verhältnisse sind und je grösser der Altersunterschied zwischen den Ehegatten ist, desto eher empfiehlt es sich, die Vereinbarung eines anderen Güterstandes zu prüfen. Sind gemeinsame Kinder vorhanden, kann im Hinblick auf die Meistbegünstigung des überlebenden Ehegatten auch eine Modifikation des Güterstandes der Errungenschaftsbeteiligung von Vorteil sein. Es empfiehlt sich daher, sich von einem Notar beraten zu lassen, da ein Ehevertrag ohnehin öffentlich zu beurkunden ist. Gleichzeitig ist auch eine Beratung in erbrechtlicher Hinsicht empfehlenswert.

Errungenschaftsbeteiligung

Da die Errungenschaftsbeteiligung der wohl häufigste Güterstand ist, wird nachfolgend hinsichtlich der güterrechtlichen Auseinandersetzung lediglich auf die vermögensrechtlichen Folgen unter dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung eingegangen. Bei der Errungenschaftsbeteiligung gibt es vier Güterstände: Jeder Ehegatte verfügt jeweils über eine Errungenschaft und ein Eigengut. Zur Errungenschaft gehören insbesondere das Erwerbseinkommen, Sozialversicherungsleistungen und Erträge des Eigenguts (z.B. Zinsen). Das Eigengut umfasst die persönlichen Gegenstände des Ehegatten und Vermögenswerte, welche in die Ehe gebracht oder während der Ehe geerbt oder geschenkt wurden. Ist hinsichtlich eines Vermögenswertes unklar, ob er zur Errungenschaft oder zum Eigengut gehört, wird bis zum Beweis des Gegenteils Errungenschaft vermutet.

Die güteerechtliche Auseinandersetzung

Im Rahmen der Auflösung des Güterstandes behält jeder Ehegatte sein Eigengut. Die Errungenschaft wird je zur Hälfte auf beide Ehegatten aufgeteilt. Eine andere Aufteilung ist möglich, sofern dies ehevertraglich vereinbart worden ist. Grundsätzlich können die Ehegatten auch im Scheidungszeitpunkt selber entscheiden, wie sie – gemeinsam erwirtschaftete – Vermögen aufteilen wollen, sofern sie sich einigen können.

3. Säule

Das in die 3. Säule einbezahlte Kapital wird im Scheidungsverfahren nach den Bestimmungen des Güterrechts geteilt. Erfolgte die Einzahlung in die 3. Säule aus dem Erwerbseinkommen, so stellt das Guthaben Errungenschaft dar und ist grundsätzlich hälftig zu teilen. Anders sieht es aus, wenn das Kapital aus einer Erbschaft stammt oder aus Ersparnissen, die vor der Ehe vorhanden waren. Diesfalls liegt Eigengut vor, das nicht hälftig zu teilen ist. Allerdings stellen auch in diesem Fall die (Zins-)Erträge Errungenschaft dar, sofern ehevertraglich nichts Abweichendes vereinbart worden ist.

Aufteilung einer Liegenschaft

Wie kompliziert die Aufteilung des ehelichen Vermögens sein kann, wird anhand eines Beispiels bezüglich Aufteilung einer Liegenschaft erläutert: Das Ehepaar Muster erwarb ein Grundstück je zur Hälfte zu Miteigentum und baute auf dem Grundstück ein Haus. Die Gestehungskosten von 1 Mio. CHF wurden in der Höhe von 300 000 CHF aus einer Erbschaft von Frau Muster und in der Höhe von 700 000 CHF mithilfe eines Kredites finanziert. Im Zeitpunkt der Scheidung hatte sich der Wert der Liegenschaft verdoppelt. Eine Amortisierung der Hypothek fand nicht statt.

Da das Ehepaar Muster im Grundbuch als Miteigentümer eingetragen ist, besteht eine Vermutung, dass es sich tatsächlich auch um Miteigentum handelt. Dies mag erstaunen, da sich Herr Muster an den Gestehungskosten gar nie finanziell beteiligt hatte.

Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass sich die Ehegatten, unabhängig von der individuellen finanziellen Beteiligung, einen Mehrwert teilen wollen. Ein Ehegatte kann den Mehrwert nur dann für sich alleine beanspruchen, wenn er nachweisen kann, dass entweder der damalige Kaufvertrag betreffend Miteigentum nichtig ist oder aber die Ehegatten nur gegenüber Dritten als Miteigentümer auftreten wollen, ein Ehegatte aber Alleineigentümer ist. Kann ein solcher Nachweis nicht erbracht werden, ist der Mehrwert hälftig auf die Ehegatten aufzuteilen (siehe BGE 138 III 150).

Eine Scheidung führt zu einer Reihe von Fragen, die es zu beantworten gilt bzw. für die eine Lösung zu finden ist. Das Gericht stellt im Scheidungsverfahren zwar den Sachverhalt grundsätzlich von Amtes wegen fest, dies gilt aber nicht für den Bereich des nachehelichen Unterhalts und der Vermögensaufteilung.

Das vorher aufgeführte Beispiel zeigt, dass insbesondere die güterrechtliche Auseinandersetzung äusserst komplex sein kann und ein Beratungsbedarf besteht. Angesichts der Aufteilung des Mehrwerts der Liegenschaft im vorherigen Beispiel empfiehlt sich insbesondere bei einem geplanten Grundstückerwerb und allgemein komplizierten Vermögensverhältnissen Beratungshilfe in Anspruch zu nehmen, um klare Grundlagen zu schaffen und sich so vor unliebsamen Folgen schon vor der Heirat zu schützen. «

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