Seit dem 26. März 2020 können KMU hierzulande einen Covid-19-Kredit beantragen. Bis zu 500 000 CHF werden die vom Bund abgesicherten Kredite unbürokratisch innert kürzester Frist ausbezahlt.
Viele KMU haben von der Möglichkeit, einen Überbrückungskredit zu beantragen, Gebrauch gemacht. Zweifelsohne handelt es sich dabei um eine wichtige, teils überlebenswichtige, Hilfe für Gesellschaften, die aufgrund von Corona-Massnahmen bedingten Liquiditätsengpässen um ihre Existenz kämpfen. Doch auch viele aufrechtstehende KMU haben die Gelegenheit beim Schopf gepackt, sich rasch und unkompliziert zusätzliche Liquidität zum Nullzins zu verschaffen.
Unternehmerische Einschränkungen
Ein Blick auf die Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung, die Erläuterungen dazu und das Kreditvereinbarungsformular zeigen, dass die Kreditgewährung mit weitgehenden unternehmerischen Einschränkungen einhergeht.
Die Einschränkungen sind zweierlei. Die einen sind weniger einschneidend, da sie ausschliesslich die Verwendung des Kredits betreffen. So darf die Gesellschaft mit dem gewährten Kreditbetrag insbesondere keine Investitionen in das Anlagevermögen vornehmen (mit Ausnahme von Ersatzinvestitionen). Ratio legis ist, dass der Kredit ausschliesslich zur Sicherung von laufenden Liquiditätsbedürfnissen verwendet wird.
Die anderen Einschränkungen gehen indessen sehr viel weiter: Sie verbieten während der Dauer der Solidarbürgschaft von höchstens fünf Jahren – und somit mutmasslich während der gesamten Kreditlaufzeit – verschiedene gesellschaftsrechtliche Vorgänge, unter anderem die Ausschüttung von Dividenden, das Zurückerstatten von Kapitaleinlagen, das Gewähren von Aktivdarlehen sowie das Zurückführen von Privat- und Aktionärsdarlehen. Diese Verbote gelten absolut, unterscheiden demnach nicht zwischen der Verwendung der Kredit- und der übrigen Gesellschaftsmittel.
Die Dividenden- und Schuldenbegleichungsrestriktionen dürften besonders bei Holdinggesellschaften einschneidend sein, wo der Gewinn der Gruppengesellschaften üblicherweise in die Muttergesellschaft oder einen Cash Pool fliesst. Um ihren Handlungsspielraum wieder zu erlangen, wird somit manche Holdinggesellschaft den Covid-19-Kredit schneller als gedacht zurückzahlen müssen.
Tücken bei M&A-Transaktionen
Komplikationen lassen sich vermehrt auch im Rahmen von M&A-Transaktionen beobachten. So werden beispielsweise nicht selten aus steuerlichen und anderen Überlegungen vor Vollzug eines Unternehmensverkaufs die Betriebsliegenschaft in das Eigentum der (alten) Aktionäre überführt oder Darlehen zwischen der Gesellschaft und den (alten) Aktionären beglichen. Ferner wird im Aktienkaufvertrag geregelt, ob allfällige Dividenden für das vergangene Geschäftsjahr den (alten) Aktionären ausbezahlt werden oder ob der Gewinn «mitverkauft» wird. Untersteht nun die Zielgesellschaft dem strengen Covid-19-Kreditregime, ergeben sich verschiedene rechtliche Schwierigkeiten.
Bei Verkauf der Betriebsliegenschaft an die (alten) Aktionäre wird ihnen der Kaufpreis – sofern steuerlich vorteilhaft – nach Abzug allfälliger Steuern als Dividende ausbezahlt. Dies jedoch wäre nach Art. 6 Abs. 3 lit. a Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung verboten. Die alternative Option, nämlich die Abspaltung der Betriebsliegenschaft in eine separate (von den Aktionären gehaltene) Gesellschaft nach Fusionsgesetz, dürfte hingegen unter dem Covid-19-Kreditregime zulässig sein. Da beide Wege auf Seiten der Gesellschaft finanziell, liquiditäts- und risikotechnisch zum selben Ergebnis führen, leuchtet nicht ein, weshalb die eine – allenfalls steuerlich oder anderweitig vorteilhaftere Option – nicht zulässig sein soll.
Im Zusammenhang mit der Bereinigung ausstehender Darlehen zwischen Aktionären und der Gesellschaft stellt sich mit Blick auf Art. 6 Abs. 3 lit. b Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung die Frage, ob tatsächlich nur die Refinanzierung von als Aktivdarlehen ausgestalteten Aktionärsdarlehen – oder nicht auch die Passivdarlehen (aus Sicht der kreditnehmenden Gesellschaft) – verboten sein sollen. Jedenfalls können die Covid-19-Vorgaben die Bereinigung von Aktionärs- bzw. Gesellschaftsdarlehen zum Zwecke der Unternehmensübertragung erheblich erschweren, wenn nicht sogar verhindern.
Weil der Unternehmensgewinn der Vorjahresperiode den bisherigen Aktionären zusteht, wird ihnen die ordentliche Dividende in der Regel – sofern nicht bereits erfolgt – vor Vollzug eines Unternehmensverkaufs ausgeschüttet. Eine womöglich steuerlich sinnvolle Alternative ist, die Dividende im Kaufpreis zu berücksichtigen, anstatt sie den bisherigen Aktionären auszuzahlen. Dieser Handlungsspielraum ist aufgrund des Dividendenausschüttungsverbots gemäss Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung nicht gegeben. Offen bleibt, ob allenfalls ein Dividendenbeschluss gefasst werden kann, wenn darin die Dividendenfälligkeit aufgeschoben wird auf den Zeitpunkt nach Rückzahlung des COVID-19-Kredits.