Recht

Sustainability Claims

Rechtliche Leitlinien für die Werbung mit Nachhaltigkeit

Weil Konsumenten zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit legen, wächst auch die Bedeutung entsprechender Werbeaussagen für Produkte und Dienstleistungen. Der Beitrag zeigt, worauf Unternehmen beim Einsatz von Ecolabels und sogenannten «Sustainability Claims» achten sollten, um unerwünschte Rechtsfolgen zu vermeiden.
PDF Kaufen

Studien zeigen, dass Konsumenten zunehmend Wert auf die Nachhaltigkeit des Dienstleistungs- und Produkteangebots legen. Daher gewinnt die Werbung mit Nachhaltigkeit für Unternehmen an Relevanz. Immer häufiger treffen Konsumenten in der Werbung auf Aussagen wie «CO₂-neutral», «aus recycelten Materialen» oder «earth friendly» sowie auf Ecolables. 

Diese sogenannten «Sustainability Claims» und der Einsatz von Ecolables werden auch in der Schweiz angesichts ihrer Bedeutung für den Konsumenten vermehrt unter strengen rechtlichen Massstäben beurteilt. 

Werden die rechtlichen Vorgaben verletzt, kann dies für die beim Unternehmen verantwortliche Person wie auch für das Unternehmen selber unerwünschte Rechtsfolgen haben. Im Folgenden soll aufgezeigt werden, wie sich das rechtliche Umfeld in der Schweiz darstellt und wie Unternehmen hierzulande solche Sustainability Claims und Ecolabels in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben korrekt und zu ihrem Vorteil einsetzen können.

Der Sustainability Claim 

Ein Sustainability Claim vermittelt dem Konsumenten konkrete Angaben über die Nachhaltigkeit von Waren oder Leistungen eines Unternehmens. Der Claim «Verpackung recycelbar» dürfte vom Abnehmer zum Beispiel so verstanden werden, dass er die gesamte Verpackung eines Produktes vollständig recyceln kann. Die Zulässigkeit von Sustainability Claims ist in der Schweiz nicht in einem eigenen Gesetz oder einer eigenen Verordnung geregelt. Vielmehr können je nach Produkt oder Dienstleistung verschiedene gesetzliche Grundlagen und regulatorische Vorgaben anwendbar sein. Darüber hinaus ist bei Werbeaussagen immer auch das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb («UWG») zu beachten. 

Das UWG schreibt vor, dass dem Abnehmer vermittelte Informationen («Angaben») einerseits richtig und wahr sein müssen (Wahrheitsgebot) und andererseits nicht irreführend sein dürfen (Irreführungs- und Täuschungsverbot). Die Richtigkeit der Angaben muss gegebenenfalls durch unabhängige Studien oder andere Unterlagen belegt werden können. 

Eine Irreführung liegt bereits dann vor, wenn durch eine Angabe beim Durchschnittsadressaten die Gefahr einer Irreführung geschaffen wird. Eine tatsäch­liche Irreführung wird nicht verlangt. Der oben erwähnte Claim «Verpackung recycelbar» könnte deshalb bereits dann als unwahr und irreführend qualifiziert werden, wenn es die tatsächliche Recyclingsituation in der Schweiz dem Konsumenten nicht erlaubt, alle Teile und Bestandteile der Verpackung dem Recycling zuzuführen. 

Soweit vergleichende Claims (insbesondere sogenannte Alleinstellungswerbung) konkrete und objektiv nachprüfbare Angaben enthalten, gelten die soeben ausgeführten Grundsätze: Der Vergleich muss wahr, nicht irreführend und belegbar sein. Reine (marktschreierische) Übertreibungen sind grundsätzlich nicht vom UWG erfasst, da diese – so das Argument – vom Durchschnittsadressaten als solche erkannt und die darin enthaltenen Informationen deshalb auch nicht ernst genommen werden. Es ist allerdings fraglich, inwiefern sich ein Unternehmen im Bereich der messbaren und gesellschaftlich relevanten Nach­haltigkeit erfolgreich damit verteidigen kann, die Übertreibung der Umweltfreundlichkeit seines Produkts sei für jedermann ersichtlich. Ein Claim «das umweltfreundlichste Deodorant» dürfte deshalb nur dann zulässig sein, wenn diese Aussage zum Zeitpunkt der entsprechenden Werbung im Vergleich zu den Produkten der Konkurrenten mit Fakten belegt werden kann.

Unter dem Titel des Irreführungs- und Täuschungsverbots ist zu beachten, dass es unzulässig ist, mit Selbstverständlichkeiten zu werben. Bei der Werbung mit Selbstverständlichkeiten werden Eigenschaften, die für alle vergleichbaren Produkte zutreffen (weil sie beispielsweise gesetzlich vorgeschrieben sind), in einer Art beworben, die den Eindruck erweckt, dass es sich dabei um besondere Eigenschaften oder Leistungen handelt.

Wenn solche Selbstverständlichkeiten vom Durchschnittsadressaten nicht als solche erkannt werden (können), sind die entsprechenden Claims als irreführend und damit unlauter zu qualifizieren. Im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit ist dabei vor allem an das Betonen der Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben zum Schutz der Umwelt zu denken, wie sie sich zum Beispiel aus Vorschriften zur Entsorgung von umweltschädlichen Gütern ergeben. 

Der Gebrauch von Ecolabels

In der Werbung mit Nachhaltigkeit wird häufig auf sogenannte Ecolabels zurückgegriffen. Sie helfen dem Konsumenten, zu erkennen, dass ein Produkt einen gewissen Standard einhält (zum Beispiel «IP-Suisse») oder eine bestimmte Eigenschaft hat (zum Beispiel «PET-Recycling-Logo»). Ihre Verwendung ist für Produzenten jedoch freiwillig. 

Solche Ecolabels sind zum Teil als Ga­rantie- oder Kollektivmarken geschützt. Deren rechtmässige Nutzung setzt die Einhaltung von konkreten, in einem Reglement festgeschriebenen Merkmalen, respektive die Mitgliedschaft bei der Markenhinterlegerin, voraus. Durch die damit verbundene Kontrolle des Gebrauchs wird die Glaubwürdigkeit der Labels erhöht.

Gewisse Ecolabels dürfen zudem nur nach Erwerb einer – oft territorial beschränkten – Lizenz benutzt werden. Es ist deshalb im In-, aber auch im Ausland stets abzuklären, ob ein auf den Waren verwendetes Logo markenrechtlich geschützt ist und welches die Bedingungen für eine zulässige Nutzung sind.

Disclaimer und ihre Verwendung

Da Werbung in der Regel mit kurzen und einprägsamen Slogans arbeitet, ist es oftmals nicht einfach, eine kurze Formulierung zu finden, welche jede Gefahr der  Irreführung ausschliesst. Um dieser Schwierigkeit in der Praxis zu begegnen, kann ein Hinweis, der den möglicherweise irreführenden Inhalt aufklärt, angebracht werden (sogenannte «Disc­laimer»). In der Regel wird mit einem Sternchen (*) beim Claim auf den Disclaimer verwiesen. 

So kann beim Claim «CO₂-neutral» beispielsweise die Gefahr einer Irreführung bestehen, wenn für den Abnehmer nicht ersichtlich ist, dass die bei der Produktion anfallenden CO₂-Emissionen teilweise über Gutscheine kompensiert werden. Dieser Irreführungsgefahr kann im Rahmen des Disclaimers mit weiterführenden faktengetreuen Informationen begegnet werden, die dies klarstellen.

Disclaimer sind zulässig, sofern gewisse Punkte beachtet werden: Der Disclaimer ist jeweils in unmittelbarer Nähe zum Claim selber anzubringen, so dass Claim und Disclaimer vom Konsumenten mit einem Blick erfasst werden können. Der Disclaimer sollte zum Beispiel nicht auf der Rückseite eines Produkts angebracht werden. Zusätzlich ist der Disclaimer im Vergleich zum Claim in einer ähnlich gros­sen Schrift und in einem ähnlichen Stil anzubringen. 

Nur sehr Kleingedrucktes oder schlecht wahrnehmbare Hinweise werden gemäss geltender Rechtsprechung nicht in den Gesamteindruck einbezogen und beseitigen die Gefahr der Irreführung nicht. Immerhin kann es unter gewissen Umständen zulässig sein, im Disclaimer auf eine Website zu verweisen, welche spe­zifische weiterführende Informationen zum Claim enthält.

Dem Inhalt des Disclaimers ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken; der Disclaimer darf einen Claim nämlich nur präzisieren und erklären. Eine Korrektur oder Richtigstellung der eigentlichen Werbeaussage im Disclaimer ist dagegen nicht erlaubt. Schliesslich muss auch der Disclaimer den rechtlichen Anforderungen (UWG, Sprach­anforderungen und so weiter) genügen. Das heisst, der Disclaimer muss präzise, klar und verständlich formuliert sein sowie der Wahrheit entsprechen und er darf nicht irreführend sein. 

Praxistipps 

Zusammengefasst müssen bei der Verwendung von Sustainability Claims folgende Anforderungen erfüllt sein:

  • Sustainability Claims müssen konkret sein. Das heisst, sie müssen den ökologischen Nutzen des Produkts/der Ware exakt beschreiben und der Nutzen muss tatsächlich bestehen und belegbar sein (durch Standards oder [unabhängige] Studien). Unternehmen müssen also sicherstellen, dass sie keinen Nutzen versprechen, der tatsächlich nicht gegeben ist.
  • Sustainability Claims müssen klar formuliert sein. Vage Terminologien wie beispielsweise «eco» oder «nachhaltig» sollten nicht ohne zusätzliche Erklärungen verwendet werden. Es sollte zudem auch auf Begriffe, die dem Durchschnittskonsumenten nicht bekannt sind, verzichtet werden. Stattdessen sollten spezifische, klare und dem Konsumenten bekannte Standards verwendet werden.
  • Sustainability Claims dürfen nicht irreführend sein. Bei der Verwendung von Sustainability Claims ist ein besonderes Augenmerk darauf zu legen, dass die Claims weder mehrdeutig noch missverständlich sind. Eine Irreführung kann jedoch nicht nur durch das Aufführen von Informationen entstehen, sondern auch durch deren Verschweigen. Eine Pflicht zur vollständigen und umfassenden Information des Konsumenten gibt es allerdings nach bisheriger Praxis in der Schweiz nicht. Es besteht für Unternehmen somit ein relativ grosser Spielraum, welche Informationen genannt werden und welche nicht; begrenzt wird dieser Spielraum durch das Irreführungsverbot. Falls der Gefahr einer Irreführung nicht anders begegnet werden kann, ist ein Disclaimer anzubringen.
  • Beim Gebrauch von Ecolabels müssen die anwendbaren Nutzungsbedingungen eingehalten werden. Hier hilft ein Blick in das relevante Markenregister oder eine Anfrage bei den entsprechenden Branchenorganisationen weiter.
Porträt