Führung der Verzeichnisse über die Inhaberaktionäre sowie die gemeldeten wirtschaftlich berechtigten Personen
Aufgrund der neuen Meldepflicht für Inhaberaktionäre müssen alle Aktiengesellschaften, die Inhaberaktien ausgegeben haben, neu ein Aktienverzeichnis über ihre Inhaberaktionäre führen. Zusätzlich müssen nun alle Gesellschaften auch ein Verzeichnis der ihnen gemeldeten wirtschaftlich berechtigten Personen führen.
Das Inhaberaktionärsverzeichnis und das Verzeichnis der gemeldeten wirtschaftlich berechtigten Personen sind so zu führen, dass die Behörden in der Schweiz jederzeit darauf zugreifen können. Aktionäre beziehungsweise Gesellschafter oder Dritte haben kein Einsichtsrecht. Das Verzeichnis der wirtschaftlich berechtigten Personen kann separat ge-führt oder ins Inhaberaktionärsverzeichnis bzw. Namenaktien- oder Stamman-
teilbuch integriert werden. Bei komplexeren Verhältnissen ist eine separate Führung unbedingt zu empfehlen.
Sanktionen bei Nichteinhaltung der Meldepflichten
Erwerber, die ihrer Meldepflicht nicht nachkommen, werden sanktioniert. Diese Sanktionen betreffen einerseits die Mitgliedschaftsrechte, insbesondere das Stimm- und Wahlrecht, aber auch das Auskunfts- und Einsichtsrecht. Andererseits sind auch die Vermögensrechte der Erwerber (Anspruch auf Dividende und Liquidationserlös) betroffen. Leider hat es der Gesetzgeber verpasst, eine klare Formulierung zu verabschieden, wann welche Sanktionen eintreten.
Gemäss der hier vertretenen Auffassung darf der Erwerber seine Mitgliedschaftsrechte bis zum Ablauf eines Monats nach Erwerb uneingeschränkt ausüben. Erst nach Ablauf der Monatsfrist ruhen die Mitgliedschaftsrechte, falls noch keine Meldung erstattet wurde, und zwar bis der Erwerber die Meldepflicht erfüllt hat.
In Bezug auf die Vermögensrechte regelt Art. 697m Abs. 3 OR Folgendes: «Kommt ein Aktionär seinen Meldepflichten nicht innert eines Monats nach dem Erwerb der Aktien nach, so sind die Vermögensrechte verwirkt. Holt er die Meldung zu einem späteren Zeitpunkt nach, so kann er die ab diesem Zeitpunkt entstehenden Vermögensrechte geltend machen.» Für den Gesellschafter einer GmbH gilt das Gleiche. Hat die Generalversammlung während der Säumigkeit eines Erwerbers eine Dividende beschlossen, führt die Verwirkungsfolge dazu, dass der Erwerber diese Dividende nicht erhält, selbst wenn er die Meldung verspätet nachholt. Es bleibt dem Erwerber ab dem Zeitpunkt des Eigentumserwerbs genau ein Monat Zeit für seine Meldung. Danach verliert er alle Vermögensrechte, die während der Zeit entstehen, in der er säumig ist.
Es ist Aufgabe des Verwaltungsrates einer Aktiengesellschaft bzw. der Geschäftsführung einer GmbH sicherzustellen, dass keine Unberechtigten, also keine meldepflichtverletzenden Erwerber, an der Generalversammlung teilnehmen oder in den Genuss von Dividendenausschüttungen kommen. Wurden Dividenden an Unberechtigte ausbezahlt, können diese innert fünf Jahren nach Auszahlung zurückgefordert werden. Die Klage auf Rückforderung können sowohl die Gesellschaft als auch die anderen Aktionäre beziehungsweise Gesellschafter, nicht aber die Gesellschaftsgläubiger erheben.
Haben unberechtigte Aktionäre oder Gesellschafter bei den Beschlüssen und Wahlen der Generalversammlung mitgewirkt, sind die entsprechenden Beschlüsse und Wahlen von den anderen Aktionären oder Gesellschaftern anfechtbar. Ebenfalls drohen dem Verwaltungsrat die persönliche und unbeschränkte Haftung infolge einer Verantwortlichkeitsklage sowie strafrechtliche Konsequenzen wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung, sofern eine Dividendenausschüttung an eine unberechtigte Person erfolgte. Die gleiche Verantwortlichkeit gilt für die Geschäftsführer der GmbH.
Relevanz der Meldepflichten bei M&A-Transaktionen
Da nahezu alle M&A-Transaktionen den Erwerb von mehr als 25 Prozent der Gesellschaftsanteile mit sich bringen, wird die Meldepflicht praktisch immer ausgelöst. Solange der Erwerb nicht gemeldet wurde, besteht bezüglich der Mitgliedschaftsrechte des betroffenen Aktionärs oder Gesellschafters Unsicherheit. Dies wiederum bedeutet, dass Generalversammlungsbeschlüsse, die im Rahmen eines Closings gefasst werden, anfechtbar sein können. Hier geht es meistens um Beschlüsse betreffend die Entlastung der ehemaligen Verwaltungsräte oder die Wahl der neuen Organe. Je nachdem, ob die Käuferin die an ihr wirtschaftlich berechtigten natürlichen Personen gegenüber der Verkäuferin offenlegen will, ist zu empfehlen, bestimmte Klauseln in den Kaufvertrag oder in das Protokoll der Generalversammlung aufzunehmen.
Praktische Empfehlungen
Die Pflicht zur Meldung des Erwerbers von Inhaberaktien ist relativ klar geregelt. Komplex ist hingegen die Pflicht zur Meldung der wirtschaftlich berechtigten Personen. Aufgrund der unter Umständen gravierenden Rechtsfolgen, welche eine Verletzung der Meldepflicht auslöst, ist diesbezüglich grosse Vorsicht geboten sowie eine frühzeitige Klärung der Rechtslage angezeigt.