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Steuerrecht

Pauschalbesteuerung – heute und übermorgen

Die Pauschalbesteuerung wird von Befürwortern und Gegnern gleichermassen hitzig diskutiert. Reformen beim Bund und den Kantonen sind zwar im Gang, aber ob eine Abschaffung droht, bleibt offen. Ein Blick über die Grenze zeigt, dass die Schweiz mit der Spezialbesteuerung bestimmter Privatpersonen keine Sonderrolle einnimmt.
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Die Pauschalbesteuerung gilt nur für eine ausgewählte Gruppe von Privatpersonen. Anrecht darauf haben im Allgemeinen nur vermögende Nicht-Schweizer Bürger mit steuerlichem Wohnsitz und keiner Erwerbstätigkeit in der Schweiz. Aus technischer Sicht wird für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlage auf die Lebenshaltungskosten abgestellt – nicht auf das Einkommen, wie üblicherweise. Expertinnen und Experten sprechen daher von der «Be­steuerung nach dem Aufwand». Die massgebenden Lebenshaltungskosten als Grundlage wer­den regelmässig in einem Ruling mit den kantonalen Steuerbehörden festgelegt, was die Betroffenen administrativ erheblich entlastet.

Sondersteuerregime

Es ist eine Tatsache, dass die Pauschalbesteuerung Steuerpflichtige ungleich behandelt. Allerdings wird sie als standortpolitisches Instrument verstanden und aufgrund ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung gerechtfertigt. Vermögende ausländische Personen mit mehreren Wohnsitzen tätigen in der Regel hohe Investitionen in der Schweiz und kurbeln so auch den Konsum an. Gemäss einem Bericht der Eidgenössischen Steuerverwaltung von 2010 sind mit diesem Sondersteuerregime bis zu 22 000 Arbeitsplätze verbunden.

Aufgrund ihres internationalen Kontexts und ihrer grosszügigen finanziellen Mittel ist die pauschalbesteuerte Zielgruppe beim Aufenthalt sehr flexibel. Ein Aufenthalt in der Schweiz von jährlich bis 90 Tagen begründet noch keine Steuerpflicht, vorausgesetzt der Betroffene geht in der Schweiz keiner Erwerbstätigkeit nach. Erfolgt dieser Aufenthalt mit vorübergehenden Unterbrechungen, sind jährlich sogar mehr als 90 Tage denkbar. Es ist offensichtlich, dass die Zielgruppe bei einer Abschaffung der Pauschalbesteuerung relativ rasch andere Lösungen findet und im schlimmsten Fall der Schweiz den
Rücken kehrt.

Kontroversen

Die Pauschalbesteuerung in der Schweiz wird schon lange kontrovers diskutiert. Angestossen hat die Debatte der Volksentscheid von 2009 zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung im Kanton Zürich. Seither sind auch die Kantone Appenzell Ausserrhoden, Schaffhausen sowie Basel-Landschaft und Basel-Stadt diesem Dekret gefolgt und haben die Pauschalbesteuerung abgeschafft. In den Kantonen Genf und Tessin kamen entsprechende Volksinitiativen zustande, die Abstimmungen sind jedoch noch nicht erfolgt, und in Zug und Obwalden wurden Initiativen lanciert. Im Gegensatz dazu hat sich das Stimmvolk der Kantone Thurgau,
St. Gallen, Luzern, Bern und Nidwalden entschieden, die Pauschalbesteuerung beizubehalten.

Auch auf gesamtschweizerischer Ebene hat sich einiges getan: Anfang 2013 ist die Referendumsfrist des «Bundesgesetzes über die Besteuerung nach dem Aufwand» unbenutzt abgelaufen. Demnach muss die Pauschalbesteuerung in Zukunft strengeren Regeln gehorchen. Als Basis für die Steuerberechnung sollen nach wie vor die Lebenshaltungskosten der steuerpflichtigen Person dienen. Dieser Aufwand muss neu im Minimum das Siebenfache der Wohnkosten (Eigenmietwert oder Mietzins) oder das Dreifache des Pensionspreises (Unterkunft + Verpflegung) betragen. Ausserdem gilt erstmals eine Untergrenze der Bemessungsgrundlage von 400 000 Franken. Weiter ist eine Pauschalbesteuerung für Schweizer Bürgerinnen und Bürger nicht mehr möglich, also auch nicht im Zuzugsjahr nach einem zehnjährigen Auslandaufenthalt. Diese verschärften Bestimmungen treten am 1. Januar 2016 in Kraft. Für die betroffenen Personen, die dann bereits nach dem Aufwand besteuert werden, gilt eine fünfjährige Übergangsfrist; für sie greift die neue Regelung erst ab dem 1. Januar 2021.

Gleichzeitig mit dem Beschluss über die Verschärfung der Pauschalbesteuerung ist auf nationaler Ebene eine Volksinitiative zur Abschaffung der Pauschalbesteue­rung zustande gekommen («Schluss mit den Steuerprivilegien für Millionäre (Abschaffung der Pauschalbesteuerung)»). Der Bundesrat lehnt diese Initiative jedoch ab und verweist dabei auf die standortpolitische und volkswirtschaftliche Bedeutung der Pauschalbesteuerung sowie die bereits erfolgten Verschärfungen. Diesem Beispiel ist auch der Ständerat gefolgt, der am 5. Dezember 2013 die Initiative mit 30 zu neun Stimmen, bei drei Enthaltungen, deutlich ablehnte. Eine Abstimmung erfolgt frühestens 2014.

Im internationalen Vergleich

Ein Blick über unsere Landesgrenzen hinaus zeigt, dass die Schweiz nicht als einziger Staat mit einem Sondersteuer­regime um vermögende Privatpersonen wirbt. Ganz vorne mit dabei sind Länder wie Grossbritannien, die ausländische Einkünfte von sogenannten «resident but not domiciled» Personen nur besteuern, wenn diese Einkommen ins Land trans­feriert werden. Zur Grössenordnung: Eine Anfrage im britischen Parlament von 2011 ergab, dass in Grossbritannien über 120 000 Personen von diesem Steuer­regime profitieren. Weitere Staaten wie Japan, Irland oder Malta haben ebenfalls Regelwerke, die diese Art von Besteuerung in bestimmten Fällen erlauben.

In Ländern wie Singapur wird ein territoriales Steuersystem angewendet. Demnach werden nur die Einkünfte aus inländischen Quellen besteuert, während die Einkünfte aus dem Ausland grundsätzlich steuerfrei bleiben. Ähnliche Steuersysteme kennen Belgien, Spanien oder Portugal. Allerdings sind dort die Vorteile nur für ausgewählte Gruppen von Personen und mit gewissen Voraussetzungen anwendbar.