Recht

Rechnungslegungsrecht Teil 2

Neue Anforderungen für mittelgrosse Unternehmen

In der letzten Ausgabe des KMU-Magazins (8/12, Seite 66) wurden die neuen Bestimmungen des Rechnungslegungsrechts vorgestellt. Auch wenn das Datum des Inkrafttretens der Ende 2011 verabschiedeten Richt­linien noch nicht feststeht, sind die Konsequenzen für mittelgrosse Unternehmen absehbar.
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Aufgrund der bekannten neuen Schwellenwerte (20 Mio. CHF Bilanzsumme, 40 Mio. CHF Umsatz und 250 Vollzeitangestellte im Zweijahresschnitt; die sogenannte «20-40-250-Schwelle») werden an Unternehmen mit ordentlicher Revisionspflicht in Sachen Rechnungslegung höhere Anforderungen gestellt. Diese haben insbesondere zusätzliche Angaben im Anhang der Jahresrechnung zu machen, als Teil der Jahresrechnung eine Geldflussrechnung zu erstellen und einen Lagebericht zu verfassen.

Offenlegung der Honorare von Dienstleistern im Anhang

Während der Anhang neu für alle Unternehmen, unabhängig ihrer Grösse, aus einem «allgemeinen Teil» mit Angaben über die angewandten Grundsätze der Rechnungslegung sowie Detailangaben zu Positionen der Bilanz und Erfolgsrechnung besteht, haben ordentlich prüfpflichtige Unternehmen künftig auch zwingend Ausführungen zum verzinslichen Fremdkapital und dessen Fälligkeiten (Verbindlichkeitsspiegel) und die Angabe der Honorare der Revisionsstelle für Revisions- und andere Dienstleistungen zu machen. Detailangaben sind dann notwendig, wenn ohne solche Erläuterung eine zuverlässige Urteilsbildung nicht möglich wäre.

Lagebericht – schwierige Beurteilung der Zukunft

Neu wird für grössere Unternehmen auch anstelle des bisherigen Jahresberichts die Erstellung eines Lageberichts verlangt, welcher als schriftlicher, qualitativer Kommentar zum Geschäftsverlauf und zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens zu verstehen ist. Beim Lagebericht geht es primär um die schriftliche Darstellung des «finanzwirtschaftlich» relevanten Geschäftsverlaufs und die entsprechende finanzielle Lage des Unternehmens. Es geht um Aspekte und Gesichtspunkte, die im eigentlichen Zahlenwerk der Jahresrechnung nicht zum Ausdruck gebracht werden können oder diesbezüglich zusätzlicher, gesamtsachverhaltsbezogener Erläuterungen bedürfen. Es ist unbestritten, dass die finanzielle Situation nicht nur vergangenheitsorientiert, sondern auch mit Blick in die nähere Zukunft betrachtet werden muss. Dieser Punkt wird in der Praxis wohl wieder einige Schwierigkeiten bereiten, insbesondere wenn die Konsistenz der Aussagen gegenüber verschiedenen Stakeholdern (Aktionäre, Mitarbeiter, Kreditgeber, Investoren usw.) gewährt bleiben muss. Auch könnte der Verwaltungsrat im Nachhinein mit Haftungsproblemen konfrontiert werden, falls der Lagebericht eine Fehlprognose beinhaltet.

Bei der Konzernrechnung gilt neu das Kontrollprinzip

Bisher galt für die Pflicht zur Erstellung einer Konzernrechnung das Leitungsprinzip, welches eine Konzernrechnung – Erfüllung der erforderlichen Schwellenwerte vorausgesetzt – nur vorschrieb, sofern von einer einheitlichen Leitung bzw. einer tatsächlichen Ausübung der Beherrschung auszugehen war. Neu gilt das Kontrollprinzip, das heisst falls eine rechnungslegungspflichtige juristische Person ein oder mehrere rechnungslegungspflichtige Unternehmen kontrolliert bzw. kontrollieren könnte, so ist unabhängig davon, ob die Kontrolle auch tatsächlich ausgeübt wird, eine konsolidierte Jahresrechnung zu erstellen.

Publikumsgesellschaften, grosse Genossenschaften und grosse Vereine müssen künftig ihre Konzernrechnung nach einem international anerkannten Standard erstellen. Für alle anderen Gesellschaften hat sich der Gesetzgeber aber erneut zugunsten der Buchwert-Konsolidierung entschieden. Entsprechend können nicht kotierte Unternehmen weiterhin nach den normalen handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften konsolidieren. Da diese Vorschriften primär im Sinne des Gläubigerschutzes und auf das Vorsichtsprinzip ausgerichtet sind, ist davon auszugehen, dass insbesondere Konzernrechnungen von Privat­konzernen auch in Zukunft nach wenig detaillierten handelsrechtlichen Gesichtspunkten erstellt werden.

Gesetzgeber verpasst Harmonisierung im Konsolidierungsrecht

An dieser Stelle muss nochmals darauf hingewiesen werden, dass es der Gesetzgeber verpasst hat, gleichzeitig mit der Erhöhung der Schwellenwerte im Revisionsrecht auch die Bestimmungen im Konsolidierungsrecht zu harmonisieren. Derzeit liegen die Schwellenwerte für die Konsolidierungspflicht noch immer bei 10 Mio. CHF Bilanzsumme, 20 Mio. CHF Umsatzerlös und 200 Vollzeitstellen. Erst nach Inkrafttreten des neuen Rechnungslegungsrechts werden die vielen Kleinkonzerne in der Schweiz (beispielsweise Familienholdings) nicht mehr konsolidierungspflichtig sein und damit nur noch einer eingeschränkten Prüfung unterstehen.

Für die meisten mittleren und grossen Organisationen werden die neuen Regelungen keine grundlegenden Auswirkungen haben. Die neuen Ausweispflichten im Anhang werden vielfach bereits heute auf freiwilliger Basis eingehalten oder die Informationen sind intern verfügbar. Durch die anfangs 2012 erfolgte Anhebung der Schwellenwerte wurden viele Gesellschaften bereits merklich entlastet. Es ist auch davon auszugehen, dass nach der Harmonisierung der Schwellenwerte für die Konzernrechnung eine stattliche Anzahl an Privatkonzernen künftig auf eine offizielle Konsolidierung verzichten kann.

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