Recht

Rechnungslegung

Nationaler Standard Swiss GAAP FER im Trend

Das neue Rechnungslegungsrecht verpflichtet nur wenige Organisationen, einen anerkannten Rechnungslegungsstandard anzuwenden. Aber auch ohne gesetzliche Pflicht gewinnt die Anwendung von Swiss GAAP FER an Bedeutung und ist für viele Unternehmen prüfenswert.
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Das neue Rechnungslegungsrecht verpflichtet Genossenschaften mit mindestens 2000 Genossenschaftern und Stiftungen, die gesetzlich eine ordentliche Revision durchführen müssen, ihre Jahres- oder Konzernrechnung nach einem anerkannten Standard zu erstellen. Die Verordnung des Bundesrats sieht als anerkannte Regelwerke die International Financial Reporting Standards (IFRS gemäss IASB), IFRS für KMU, Swiss GAAP FER, US GAAP und IPSAS vor. Die Rechnungslegungsvorschriften der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht für Banken und Effektenhändler gelten für Letztere ebenfalls als anerkannte Standards.

Hohe Akzeptanz

Viele der betroffenen Genossenschaften und Stiftungen sind national ausgerichtet. Daher erstaunt es nicht, dass die meisten Swiss GAAP FER einführen werden. Zudem ist die Anwendung von FER bei Nonprofit-Organisationen bereits heute weit verbreitet – auf freiwilliger Basis. Die hohe Akzeptanz dieses Standards begründet sich auch mit der Tatsache, dass mit FER 21 eine spezifische, auf gemeinnützige, soziale Nonprofit-Organisationen ausgerichtete Fachempfehlung besteht. Alle übrigen Organisationen sind weiterhin nicht verpflichtet, einen Abschluss nach dem Prinzip «true and fair view» zu erstellen. Allerdings können Minderheiten einen solchen verlangen. Dieses Recht steht qualifizierten Minderheiten zu, die mindestens 20 Prozent des Grundkapitals, 10 Prozent der Genossenschafter oder 20 Prozent der Vereinsmitglieder vertreten. Über dasselbe Recht verfügt jeder Gesellschafter und jedes Mitglied mit persönlicher Haftung oder Nachschusspflicht. Die Minderheitsrechte können unabhängig von der Grösse des Unternehmens geltend gemacht werden. Gerade für kleine Organisationen liegen die Vorteile von Swiss GAAP FER auf der Hand: Dank des modularen Aufbaus (Abbildung) müssen sie lediglich das Rahmenkonzept und sechs weitere, zentrale Fachempfehlungen anwenden. So lässt sich mit dem Einsatz weniger, prinzipienbasierter Fachempfehlungen ein aussagekräftiger Abschluss erstellen.

Gründe für einen Wechsel

Für Gesellschaften, deren Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert sind, bringt das neue Rechnungslegungsrecht angesichts der bestehenden Vorschriften der Börse keine Neuerungen. An der SIX Swiss Exchange kotierte Unternehmen können zwischen den Rechnungslegungsstandards IFRS, US GAAP und im Falle einer Kotierung an den Segmenten «Domestic Standard» oder «Standard für Immobiliengesellschaften» auch Swiss GAAP FER wählen. Dies im Gegensatz zur Europäischen Union, wo sämtliche Emittenten mit Zulassung an einer EU-regulierten Börse gemäss EU-Recht zwingend IFRS anwenden müssen. Seit 2008 haben rund 40 kotierte Schweizer Unternehmen von IFRS zu Swiss GAAP FER gewechselt.

Was sind die Hauptgründe für diesen Trend? Vor dem Hintergrund einer stetig zunehmenden Regeldichte bei IFRS punktet das Swiss-GAAP-FER-Regelwerk bezüglich Kosten/Nutzen immer mehr. Mit den prinzipienorientierten, kompakten Swiss GAAP FER-Standards (rund 200 Seiten) erreicht ein Unternehmen dasselbe Hauptziel wie mit dem detaillierten, über 3000 Seiten starken IFRS-Regelwerk: Eine Jahresrechnung, die ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage wiedergibt und nicht nur in der Schweiz, sondern auch international – zumindest durch Fremdkapitalgeber – akzeptiert wird. Unterschiedliche Regeln bestehen insbesondere in der Bilanzierung von Goodwill und Vorsorgeverpflichtungen. Gerade in diesen Bereichen sind viele Wechselunternehmen der Ansicht, dass Swiss GAAP FER eine realistischere Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erlaubt.

Freiwillige Anwendung attraktiv

Eine aktuelle Erhebung der Swiss-GAAP-FER-Fachkommission zeigt, dass rund 40 Prozent der nach neuem Recht konsolidierungspflichtigen Unternehmen ihre Konzernrechnung schon heute in Übereinstimmung mit Swiss GAAP FER erstellen. Diese Zahl dokumentiert einerseits das Bedürfnis nach einer «true and fair view»-Rechnungslegung und anderseits die Attraktivität von FER dank Fokussierung auf kleine und mittelgrosse Organisationen mit nationaler Ausstrahlung. Vor der Wahl des Rechnungslegungsstandards sollte ein Unternehmen Nutzen und Kosten individuell beurteilen. Mit der Einführung des neuen Rechnungslegungsrechts werden die meisten Unternehmen leicht strengere Anforderungen erfüllen müssen. Zum Beispiel wird das Prinzip der Einzelbewertung grundsätzlich eingeführt und die Offenlegungspflichten werden ausgebaut. Diesem Mehraufwand steht jedoch kaum ein Nutzen gegenüber. Da die Bildung von stillen Reserven erlaubt bleibt, sind Abschlüsse nach OR weiterhin nur beschränkt aus-sagekräftig. Die freiwillige Anwendung von Swiss GAAP FER wird daher noch attraktiver. Prüfenswert ist sie vor allem für fremdfinanzierte Unternehmen.

Swiss GAAP FER kann sich aber nicht nur positiv bei der Beschaffung von Fremdkapital auswirken, sondern erleichtert auch die Vergleichbarkeit mit Konkurrenzunternehmen und unterstützt die interne Steuerung und Entscheidungsfindung.