In der Praxis finden sich in Arbeitsverträgen immer wieder schlecht oder lückenhaft formulierte Vertragsklauseln bezüglich Lohnfortzahlung bei Krankheit. Viele Arbeitgeber sind sich nicht bewusst, dass sie durch schlecht redigierte Vertragsklauseln oder unterlassene Informationspflichten Gefahr laufen, anstelle der Versicherung erhebliche Zahlungen an den Arbeitnehmer leisten zu müssen. Folgender Artikel zeigt auf, worauf der Arbeitgeber achten sollte, wenn er für seine Arbeitnehmer eine Krankentaggeldversicherung abschliesst.
Die Lohnfortzahlungspflicht
Ist der Arbeitnehmer wegen Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert, so muss ihm der Arbeitgeber von Gesetzes wegen den Lohn für eine beschränkte Zeit fortzahlen (Art. 324a OR). Diese Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers ist sozialpolitisch motiviert und leitet sich aus dessen Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer her. Wie lange die Pflicht zur Lohnfortzahlung besteht, ist abhängig von der Anzahl Dienstjahre des Arbeitnehmers. Dort, wo keine Spezialregelungen zur Anwendung gelangen, beträgt die Lohnfortzahlungspflicht im ersten Dienstjahr drei Wochen, ab dem zweiten Dienstjahr richtet sich die Lohnfortzahlungspflicht nach Skalen, die durch die Gerichte aufgestellt wurden (sogenannte Basler, Berner oder Züricher Skala). Zum Beispiel beträgt die Lohnfortzahlungspflicht im vierten Dienstjahr nach Basler Skala drei Monate, nach Berner Skala zwei Monate und nach Züricher Skala zehn Wochen.
Insbesondere für Arbeitnehmer, welche noch nicht sehr viele Dienstjahre aufweisen, ist es von Vorteil, wenn der Arbeitgeber über eine Krankentaggeldversicherung verfügt. Dies aus folgendem Grund: Anders als bei der gesetzlichen Lohnfortzahlungspflicht durch den Arbeitgeber ist die Leistungsdauer der Krankentaggeldversicherung nicht abhängig von der Anzahl Dienstjahre, welche der kranke Arbeitnehmer ausweist.
Die Versicherung deckt in der Regel den Lohnausfall während 720 Tagen zu 80 Prozent. Hinzu kommt je nach Police eine Wartefrist von 30 bis 60 Tagen, während derer der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung erlangt. Damit die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers durch eine Krankentaggeldversicherung abgelöst werden kann, bedarf es einer schriftlichen Abrede zwischen dem Mitarbeiter und dem Arbeitgeber. Diese Vertragsklausel ist unbedingt durch einen Fachmann überprüfen zu lassen.
Problem Deckungsausschlüsse
Bei der Formulierung dieser Vereinbarung, welche sich in der Regel im Arbeitsvertrag befindet, ist jedoch Vorsicht geboten. Denn die Arbeitgeber übersehen oftmals, dass die meisten Versicherungen in ihren allgemeinen Versicherungsbedingungen Deckungsausschlüsse aufführen. Regelmässig anzutreffen ist in etwa der Ausschluss der Leistung bei vorbestehenden Leiden.
Häufig anzutreffen ist auch eine Kürzung oder ein gänzlicher Wegfall von Taggeldleistungen bei Mitarbeitern, welche das AHV-Alter erreicht haben; spätestens ab dem 70. Altersjahr ist eine Versicherungsdeckung faktisch ausgeschlossen. Ebenfalls hin und wieder anzutreffen ist die Regelung, dass die Versicherung Angestellte im Stundenlohn oder befristete Arbeitsverhältnisse nicht erfasst. Teilweise sehen die Versicherungspolicen auch vor, dass die Taggeldleistungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses enden oder gekürzt werden.
Problematisch sind solche Deckungsausschlüsse beziehungsweise Deckungseinschränkungen dann, wenn der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag lediglich, wenn der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag die Leistungen der Krankentaggeldversicherung verspricht, ohne auf deren Ausschlüsse und /oder Einschränkungen zu verweisen. In der Gerichtspraxis sind diverse Fälle bekannt, in denen die Versicherung unter Berufung auf Deckungsausschlüsse die Leistungen verweigerte und anstelle dessen sodann der Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung von bis zu 720 Tagen (!) angehalten wurde.
So hatte ein Arbeitgeber, welcher den Satz «Unfall- und Krankentaggeldversicherung ab 3. Tag zu 80 Prozent des Lohnes während zweier Jahre» in den Arbeitsvertrag aufgenommen hatte, eine Lohnfortzahlung zu 80 Prozent über die Dauer von zwei Jahren selbst zu erbringen, nachdem die Versicherung unter Berufung auf einen Deckungsausschluss zugunsten vorbestehender Leiden keine Taggeldleistungen erbrachte. Genauso wurde ein Arbeitgeber schadenersatzpflichtig, als die Versicherungsdeckung nach dem Pensionierungszeitpunkt ausfiel, der Arbeitgeber es jedoch unterlassen hatte, den Arbeitnehmenden auf diesen Umstand aufmerksam zu machen.