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Konsultationsverfahren: Die Chance für Arbeitgeber

Ob Personalabbau, Fusion oder Sitzverlegung – viele Fälle der Unternehmensveränderungen gehen mit Entlassungen einher. Kann eine Mehrzahl von Entlassungen nicht ausgeschlossen werden, ist das gesetzliche Konsultationsverfahren durchzuführen. Der Respekt vor diesem Verfahren ist gross. Zu Recht. Doch richtig genutzt, bringt es dem Unternehmen viele Vorteile.

Befassen sich Arbeitgeber mit einer anstehenden Unternehmensveränderung, die auch Vertragskündigungen zur Folge hat, so wird nicht selten zu Beginn relativ viel gedankliche Arbeit darauf verwendet, wie das gesetzliche Konsultationsverfahren vermieden werden könnte. Ein Fehler, der das Unternehmen später allenfalls teuer zu stehen kommt. Vielmehr sollte die Vorarbeit in die gute Planung des Verfahrens investiert werden.

Chance nutzen

Etwas vereinfacht ausgedrückt verlangt das Konsultationsverfahren vom Arbeitgeber nichts anderes, als dass er vor seiner definitiven Beschlussfassung der drohenden Massenentlassung (oder Massenänderungskündigung) die Belegschaft über den geplanten Schritt informiert und dieser die Gelegenheit gibt, Vorschläge zu unterbreiten, wie die Entlassungen vermieden werden könnten. Im Vorteil sind jene Unternehmen, die eine gewählte Arbeitnehmervertretung haben. In diesem Fall, ist nämlich die Arbeitnehmervertretung Ansprechpartner des Konsultationsverfahrens. Wo keine Arbeitnehmervertretung besteht, muss die ganze Belegschaft informiert und zur Konsultation aufgefordert werden, was zuweilen zu unklaren Situationen führen kann. Diese gesetzlich auferlegte Vorlaufzeit zwingt den Arbeitgeber zu kommunizieren. Und zwar im Sinne einer echten Kommunikation, also zweiseitig.

Am Anfang steht die Informationsvermittlung über die geplanten Schritte. Die Mitarbeitenden resp. die Arbeitnehmervertretung werden im gleichen Moment aufgefordert, sich Gedanken zu machen, mit welchen Massnahmen die drohenden Kündigungen verhindert werden könnten. Dazu setzt der Arbeitgeber eine Frist an. Wie lange diese Frist sein muss, ist gesetzlich nicht geregelt. Es empfiehlt sich, zwei bis drei Wochen Zeit zu geben. Danach muss aber nochmals eine Zeitspanne eingeplant werden, innert welcher die Unternehmensleitung die eingereichten Vorschläge ernsthaft prüft.

Die Konsultationsfrist ist also nur jene Zeit, innert welcher die Arbeitnehmerseite Vorschläge einreichen kann. Die Dauer des gesamten Konsultationsverfahrens ist länger, da dazu auch noch die Prüfungsfrist durch die Geschäftsleitung eingerechnet werden muss. Die Zeitplanung ist also aus juristischer Sicht wichtig. Mindestens genauso wichtig ist aber die Kommunikationsplanung in dieser Zeit. Denn führt man sich vor Augen, wie lange sich Geschäftsleitungen schon mit einer möglichen Massenentlassung im Vorfeld beschäftigt haben, wird schnell klar, dass dies nicht in einer viertelstündigen Mitarbeiterinformation vermittelt werden kann.

Die Arbeitnehmerseite braucht Zeit, zu verstehen, was geplant ist und warum. Sie müssen auf den Weg, welchen die Geschäftsleitung bereits eingeschlagen hat, ebenfalls mitgenommen werden. Und gerade darin liegt die vortreffliche Kommunikationschance des Konsultationsverfahrens. Die Unternehmensleitung muss den Plan kommunizieren, und zwar in einer Art und Weise, dass auch die Belegschaft miteinbezogen wird. Nur so gelingt es, die Massnahme zu erklären, sie zu verstehen und, auch wenn sie nicht für alle positiv ist, sie zu akzeptieren und mitzutragen.

Eindruck einer Farce vermeiden

Wie das Konsultationsverfahren durchzuführen ist, wird kaum reglementiert. Die Meldung an das kantonale Amt scheint gemäss den Gesetzesnormen beinahe im Vordergrund zu stehen. In der Praxis ist dies aber anders. Im Zentrum stehen nämlich zunächst die Mitarbeitenden. Auf der anderen Seite kann die korrekte Durchführung der Konsultation sich positiv auf das Image eines Unternehmens auswirken. Die externe Kommunikation ist deshalb auch unter diesem Aspekt äusserst wichtig, wobei die Medienarbeit in diesem Fall paradoxerweise so geführt werden muss, dass man so wenig Aufmerksamkeit wie nur möglich erzielt.

Zudem ist die Wortwahl gerade in der externen Kommunikation von entscheidender Bedeutung. Schnell verfällt man in die Falle, von einem Beschluss zu sprechen, obwohl das Konsultationsverfahren gerade erst eröffnet wurde. Generell gilt, dass die Kommunikation während des Konsultationsverfahrens sorgfältig geführt werden muss und nicht der Eindruck entsteht, dass das Verfahren eine reine Farce sei. Weil sonst die Kündigungen als missbräuchlich gelten und Strafzahlung in der Höhe von je zwei Monatslöhnen fällig werden. Die Worte sind also mit Bedacht zu wählen.

Die Frage nach dem Sozialplan

Nicht genug, dass das Konsultationsverfahren eine juristische und kommuni­kative Herausforderung darstellen, nun kommt neuerdings auch noch die Pflicht hinzu, einen Sozialplan zu verhandeln, wenn eine Unternehmung mehr als 250 Mitarbeitende beschäftigt und mindestens 30 Kündigungen ausgesprochen werden könnten. Das Gesetz bringt keine Klarheit darüber, wann ein Sozialplan verhandelt werden soll. Vor der Einführung der gesetzlichen Sozialplanpflicht, galt die Regel, dass ein Sozialplan erst nach Abschluss eines Konsultationsverfahrens verhandelt wird. Nach Ansicht der Autorin macht das aber in doppelter Hinsicht keinen Sinn.

Die Erfahrung zeigt, dass die Vorschläge im Konsultationsverfahren oft auf die Sozialplanleistungen zielen wie vorzeitige Pensionierungen, Kündigungsverlängerung etc. Warum dann diese Themen zeitlich hinausschieben? Eine Verzögerung hat nämlich die unbefriedigende Folge, dass bei Abschluss des Konsultationsverfahrens die Unternehmensleitung zwar den definitiven Beschluss kommuniziert und dabei wohl auch bekannt gibt, wie viele Kündigungen tatsächlich ausgesprochen werden. Ist jedoch der Sozialplan noch nicht verhandelt worden, vergehen noch einmal einige Wochen, bis den betroffenen Mitarbeitenden aufgezeigt wird, zu welchen Bedingungen die Vertragsauflösungen ablaufen.

Es zeigt sich immer wieder, dass sich die Mitarbeitenden keine Illusionen machen und nicht ernsthaft darauf hinarbeiten, die Kündigungen zu verhindern. Sie bringen vielmehr Vorschläge, wie die wirtschaftlichen Folgen solcher Kündigungen gemildert werden können. Nutzt man die Konsultationsfrist, gleichzeitig auch Sozialplanverhandlungen zu führen, können einerseits Massnahmen zur Verhinderung der Kündigungen diskutiert werden und andererseits kann man rechtzeitig aufzeigen, welche Unterstützungsleistungen und finanzielle Entschädigungen bei einer Kündigung zu erwarten sind.

Vielleicht reicht die Zeit nicht gänzlich, um einen fertigen Sozialplan präsentieren zu können, zumal dieser ja nicht mehr nur ein einseitiges Angebot des Arbeitgebers, sondern das Ergebnis einer Verhandlung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmenden resp. Arbeitnehmervertretung oder Arbeitnehmerverbänden darstellt. Selbst wenn allenfalls beim Abschluss des Konsultationsverfahrens erst Teilergebnisse betreffend Sozialplan präsentiert wer­den können, so hilft dies trotzdem entscheidend, den Mitarbeitenden Sicherheit zu vermitteln und Vertrauen zum Arbeitgeber zu schaffen. Denn eine solche Phase bringt extrem viel Verunsicherung beim Mitarbeitenden hervor, und so sollte man als Arbeitgeber jede Möglichkeit, die vertrauensbildend wirkt, packen.

Nutzen statt umgehen

Gerade weil es durchaus eine anspruchsvolle Aufgabe ist, ein Konsultationsverfahren zeitlich, juristisch und kommunikativ richtig zu planen, sollte man es frühzeitig tun. Mindestens ein Monat sollte für das offizielle Verfahren eingerechnet werden. Und schliesslich ist eine genaue Vorbereitung der Grundstein für die reibungslose Durchführung. Dabei muss an alle Akteure, an aktive und passive gedacht werden und jederzeit die Kommunikationsführerschaft in den Händen der Unternehmensleitung halten. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine Unternehmensleitung gut daran tut, das gesetzliche Konsultationsverfahren nicht als juristische Hürde anzuschauen, die man am liebsten umgehen möchte. Vielmehr soll das Verfahren als kommunikative Plattform genutzt werden. Gut geplant bietet damit das Konsultationsverfahren einen effektiven Mehrwert.

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