Recht

Arbeitsrecht

Konkurrenz während der Kündigungsfrist

Zwar besagt das Arbeitsrecht, dass der Arbeitnehmende dem Arbeitgeber gegenüber zur Wahrung der Treue- und Sorgfaltspflicht verpflichtet ist. Die konkrete Bedeutung dieser sehr allgemein gehaltenen Vertragspflicht ist allerdings auslegebedürftig und obliegt meist den Gerichten.
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Der Arbeitnehmende ist zur sorgfältigen Ausübung der ihm übertragenen Arbeit und zur Wahrung der berechtigten Interessen des Arbeitgebers verpflichtet. Mit dieser in Art. 321a OR umschriebenen Sorgfalts- und Treuepflicht definiert das Gesetz in knappen Worten, was vom Arbeitnehmer nebst seiner Hauptleistung der Arbeitserbringung zu erwarten ist. Im gleichen Artikel findet sich zudem die Regelung, wonach es dem Arbeitnehmenden verboten ist, während der Dauer des Arbeitsverhältnisses den Arbeitgeber zu konkurrenzieren (Art. 321a Abs. 3 OR).

Gesetzliches Konkurrenzverbot

Das gilt von Gesetzes wegen und darf nicht mit dem nachvertraglichen Konkurrenzverbot verwechselt werden. Ohne ausdrückliche vertragliche Regelung hat der Arbeitnehmende während der Dauer seiner Anstellung also jede den Arbeitgeber konkurrenzierende Tätigkeit zu unterlassen. Will der Arbeitgeber, dass diese Unterlassungspflicht auch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiter gelten soll, dann muss er zwingend ein schriftliches Konkurrenzverbot mit dem Arbeitnehmenden vereinbaren. Ohne ein solches vertragliches Konkurrenzverbot (Art. 340 ff. OR) ist der Arbeitnehmer frei, den (bisherigen) Arbeitgeber zu konkurrenzieren, sobald er aus dem Unternehmen ausgetreten ist. Wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist, unerheblich von welcher Seite die Kündigung ausgegangen ist, und der Arbeitnehmende weiterhin während der Kündigungsfrist arbeitet, stellt sich häufig die Frage, wie sich der Arbeitnehmende zum bevorstehenden Austritt äussern darf. Darf er überhaupt sagen, dass er das Unternehmen verlässt? Und darf er auf die Frage, wohin er wechseln werde, wahrheitsgetreu antworten, falls er zur Konkurrenz geht? In der Praxis beschäftigen diese Fragen weit mehr als das im Gesetz umschriebene Konkurrenzverbot während der Anstellungsdauer. 

Vorbereitungshandlungen

Reine Vorbereitungshandlungen für eine neue Arbeitsstelle bei einem anderen und konkurrierenden Unternehmen, oder die Vorbereitung auf die Selbstständigkeit, wodurch der Arbeitnehmende seinen Arbeitgeber zukünftig konkurrenzieren wird, sind grundsätzlich erlaubt. Voraussetzung allerdings ist, dass der Arbeitnehmende nicht gegen das Geheimhaltungsgebot verstösst. Die reine Vorbereitung der nachvertraglichen Tätigkeit ist also dann erlaubt, wenn dadurch einerseits der aktuelle Arbeitgeber nicht konkurrenziert und andererseits die Geheimhaltung nicht verletzt wird. 

Wo die Grenze zwischen erlaubter und unerlaubter Vorbereitungshandlung zu ziehen ist, kann in der Praxis schwierig sein, insbesondere mit den zunehmend neuen Kommunikationskanälen und Marketingmöglichkeiten. Je nach Position eines Mitarbeitenden sollte daher schon vor Vertragsabschluss geprüft werden, ob allenfalls eine eigene Regelung aufgenommen werden soll, womit die Vorbereitungshandlungen während des laufenden Arbeitsverhältnisses und für eine nachfolgende konkurrenzierende Tätigkeit generell zu unterlassen sind. Wirkung zeigt eine solche vertragliche Regelung insbesondere dann, wenn der Verstoss mit einer Konventionalstrafe belegt wird. 

Gründet sich das neue Unternehmen erst, oder baut dieses einen neuen Standort auf, welchen der Arbeitnehmende fortan betreuen wird, so wäre die Mithilfe bei der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten oder auch das Einrichten der Geschäftsräume als zulässige Vorbereitungsarbeit zu qualifizieren. Schnell kann es aber zur verbotenen Vorbereitungshandlung kippen. So zum Beispiel dann, wenn der Arbeitnehmende bereits Visitenkarten oder Flyer des neuen Arbeit­gebers verteilt. Das Senden von Geschäftsgeheimnissen oder Kundendaten an die eigene, private E-Mail-Adresse dürfte eben­falls eine unzulässige Vorbereitungshandlung sein. Generell sind auch das Kopieren oder das Abspeichern von geheimen Geschäft­sdaten für eigene Zwecke als Vertrags­verletzung zu qualifizieren und somit unzulässig.

Abwerbeverbot 

Gerade Mitarbeitende im Verkauf sind wegen ihrer Kundenkontakte für Mit­bewerber sehr interessant. Bei ihnen stellt sich daher oft die Frage, was sie bei einem Wechsel zwischen zwei Marktteil­neh­mern tun dürfen und was nicht. Solange das angestammte Arbeitsverhältnis andauert, darf der Mitarbeitende die Kunden des aktuellen Arbeitgebers generell nicht zum Wechsel motivieren. Das aktive Abwerben von bestehenden Kunden ist in klarer Weise ein Verstoss gegen die gesetzliche Treuepflicht des Arbeitnehmenden. Versucht der Arbeit­nehmende während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses, andere Mitarbeitende für einen Konkurrenzunternehmen abzuwerben, so verstösst dies ebenfalls gegen die gesetzliche Treuepflicht.

Auch für Kadermitarbeitende gilt, dass sie in gekündigtem Arbeitsverhältnis ihre weitere berufliche Karriere planen und Vorbereitungen für die spätere Tätigkeit treffen dürfen. So wird es grundsätzlich als zulässig erachtet, wenn der Arbeitnehmende über seinen Weggang informiert. Er darf auch sagen, wohin er geht, respektive ob er sich selbstständig macht. Das alles ist grundsätzlich im Rahmen des Zulässigen (Einzelfall vorbehalten). Sobald er aber über die blosse Information hinausgeht und versucht, Kunden oder Mitarbeitende abzuwerben, handelt es sich um eine unzulässige Treuepflichtverletzung. Und wie bereits erwähnt, denkbar ist auch, dass Arbeitgeber und Mitarbeitender miteinander vereinbart haben, dass generell keine Information zulässig ist. Eine solche Ausdehnung der Treuepflicht ist einzuhalten.  

Konventionalstrafe

Die gesetzliche Treuepflicht kann vertraglich erweitert werden, dies im Sinne einer Konkretisierung beziehungsweise einer Erweiterung der gesetzlich umschriebenen Pflichten des Arbeitnehmenden. In diesem Zusammenhang werden gelegentlich auch Konventionalstrafen vereinbart, welche den Arbeitnehmenden zur Zahlung einer im Voraus vereinbarten Summe verpflichten, dies für den Fall, dass er gegen die Treuepflicht verstösst. Zu beachten ist aber, dass eine solche Konventionalstrafe nicht zur Verschärfung der Arbeitnehmerhaftung (vgl. Art. 321e OR) führen darf. Das Ausscheiden eines Arbeitnehmenden aus dem Unternehmen kann durchaus mit Nebengeräuschen verbunden sein, speziell dann, wenn der Arbeitnehmende innerhalb der Branche wechselt oder sich selbstständig macht. 

Schlechte Rede

So kommt es vor, dass Arbeitnehmende schlecht und herablassend über den Arbeitgeber reden. Zunehmend geschieht dies mitunter über Socialmedia und über Bewertungsfunktionen. Dabei schreiben sich Mitarbeitende gelegentlich den Frust von der Seele und sind sich vielleicht gar nicht bewusst, dass sie damit eine Vertragsverletzung begehen. Die Meinungsäusserungsfreiheit besteht zwar und erlaubt grundsätzlich dem Mitarbeitenden, sich auch kritisch über den Arbeitgeber zu äussern. Sobald seine Äusserungen sich aber als imageschädigend erweisen, können sie eine Verletzung der Treuepflicht darstellen und somit unzulässig sein. Es liegt auf der Hand, dass es einen Unterschied macht, auf welchem Weg die gleiche negative Äusserung gegenüber dem Unternehmen gemacht wird. Je öffentlicher, desto eher liegt eine Vertragsver­letzung vor. Die gleiche Äusserung im Rahmen der Familie kann daher zulässig sein, wogegen die gleiche Bemerkung etwa auf Facebook rechtswidrig ist.

Fazit

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Arbeitnehmende in gekündigter Stellung grundsätzlich – und ohne anderslautende vertragliche Abrede – sowohl gegenüber seinen Arbeitskollegen wie auch gegenüber den Kunden des Arbeitgebers sagen darf, was er beruflich künftig tun wird. Er darf auch sagen, ob er sich selbstständig macht oder zu welchem Unternehmen er wechselt. Den Namen des künftigen Arbeitgebers darf er selbst dann nennen, wenn dieser ein Konkurrent des aktuellen Arbeitgebers ist. Aber er darf keine Handlungen vornehmen, die geeignet sind, den bestehenden Arbeitgeber zu konkurrenzieren. Insbesondere darf der Arbeitnehmende weder Kollegen noch Kunden abwerben, solange er noch beim alten Arbeitgeber angestellt ist. 

Die Grenzziehung ist oft nicht einfach. Eine Regelung, was beim Ausscheiden erlaubt ist und was nicht, kann Klärung herbeiführen. Oft wird dies auch in Kombination mit einem nachvertraglichen Konkurrenzverbot erfolgen.

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