Recht

Online-Nutzungsreglemente

Internet am Arbeitsplatz – die Grenze des Zulässigen

Büroarbeitsplätze sind für viele Mitarbeitende die Einladung schlechthin, sich während der Arbeitszeit auf vielerlei Arten auch privat zu beschäftigen. Was darf der Arbeitnehmende und was der Arbeitgeber. Dazu hat sich jüngst auch das Bundesgericht in einem neueren Entscheid geäussert.
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Wer Zeit hat, sich während der Arbeitszeit privat im Internet aufzuhalten, der hat nichts zu tun, könnte man versucht sein, das Phänomen vorschnell abzutun. Die Nutzung des Internets ist aber nicht immer genau nach privater oder geschäftlicher Nutzung zu unterscheiden. Wo beginnt die geschäftliche Recherche im Internet und wo endet das private Posten auf sozialen Plattformen? Wenn sich beispielsweise ein Mitarbeiter auf Websites verschiedener Zeitungen über die Tagesaktualität informiert, bewegt er sich dann geschäftlich oder privat im Internet?

Schon diese einleitenden Gedanken machen deutlich, eine scharfe Trennung ist nicht immer möglich. Hinzu kommt, dass viele Firmen geradezu ein Interesse haben, dass sich die Mitarbeitenden entweder laufend online informieren, oder dass sie sogar in sozialen Netzwerken unterwegs sind, um das Unternehmen resp. sein Produkt zu bewerben. Gerade auch hierbei stellen sich die Fragen, was will man zulassen, was sogar fördern und unterstützen und was verbieten. Für die Frage der Internetnutzung ist die juristische Betrachtungsweise zwar sehr wichtig und wird im Folgenden auch aufgezeigt, sie allein löst das Problem stundenlanger Abwesenheiten von an sich präsenten Arbeitnehmenden allerdings nicht. Wird im Folgenden von «Internet» und «Internetnutzung» gesprochen, so sind damit sämtliche Anwendungen gemeint wie z.B. die reine Suchmaschinennutzung, das Lesen von Websites sowie Nachrichtendienste (wie z.B. Twitter) und soziale Plattformen oder Chatrooms.

Überwachung nicht zulässig

Mitte Januar 2013 hat das Bundesgericht in einem neuen Gerichtsentscheid seine bisherige Praxis, wonach der Einsatz permanenter, personenbezogener Internet-Überwachungssoftware nicht gerechtfertigt ist, bestätigt. Damit ist zwar nichts Neues entschieden, aber nochmals verdeutlicht worden, dass es nicht zulässig ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmenden permanent und ohne sein Wissen hinsichtlich seines Internetverhaltens überwacht. Wer als Arbeitgeber einen Verdacht gegen einen bestimmten Arbeitnehmenden hegt, dass dieser das vom Geschäft zur Verfügung gestellte Internet zu privaten Zwecken unerlaubterweise benutzt, muss diesen Verdacht zunächst aussprechen und dann den Verdächtigten darauf hinweisen, dass er eine personenbezogene Auswertung vornehmen lassen werde. Nimmt man die Überwachung ohne vorgängige Ankündigung wahr, so ist diese unrechtmässig. Eine darauf sich abstützende fristlose Kündigung (wie im beschriebenen Fall vor Bundesgericht) ist demnach nicht rechtmässig und der Arbeitgeber hat neben der Bezahlung der ordentlichen Kündigungsfrist eine Pönal­entschädigung zu leisten.

Unternehmen sind in Sachen Internet oft stark gespalten. Für die eigenen Marketingaktivitäten will man die vielfältigen Möglichkeiten gern nutzen. Auf der anderen Seite will man sich gleichzeitig gegen Cyberangriffe schützen und seine elektronischen Geschäftsdaten sicher aufbewahren. In Bezug auf die Internetnutzung seiner Arbeitnehmenden ist ein Unternehmen oft ähnlich gespalten. Einerseits unterstützen sie die Internetaktivität der Mitarbeitenden zugunsten des Unternehmens. Es gibt auch Arbeitgeber, die Mitarbeitende explizit dazu auffordern, auf Twitter, Facebook und Ähnlichem für das Unternehmen resp. das Produkt Werbung zu betreiben oder beispielsweise offene Stellen publik zu machen. Bei solchen Aktivitäten stellt sich dann nochmals die Frage, ob es sich um Arbeit oder um Privates handelt. Diese Ausführungen sollen zeigen, wie kontrovers die Frage der Internetnutzung im Unternehmen ist. Davon abgesehen überholen die technischen Entwicklungen die Diskussionen laufend. Die Frage, ob und wie sich Arbeitnehmende dem Internet bedienen dürfen, ist denn auch kaum für Jahre in Stein gemeisselt – hier lohnt es sich, die eigenen Regeln und Reglemente regelmässig auf die gelebte Realität zu überprüfen.

Besteht ein Recht auf Internetnutzung am Arbeitsplatz? Grundsätzlich ja. Solange die Internetnutzung für geschäftliche Zwecke erforderlich ist, ist es sogar nicht nur ein Recht des Arbeitnehmers, sondern geradezu eine Pflicht des Arbeitgebers, das Internet zugänglich zu machen. Der Arbeitgeber stellt damit ein Instrument für die Verrichtung der Arbeit zur Verfügung und kann selbstverständlich Weisungen betreffend den Umgang damit erlassen. Doch wie weit darf der Arbeitgeber gehen? Der Arbeitnehmende ist verpflichtet, während der Arbeitszeit seine Arbeitsleistung zu erbringen. Tut er in dieser Zeit etwas Privates, so erbringt er währenddessen seine Vertragspflicht nicht.

Der Arbeitgeber darf sehr wohl erwarten und fordern, dass sich der Arbeitnehmende während der Arbeitszeit auf die Erbringung der Arbeitsleistung konzentriert. Dabei ist es dem Arbeitnehmenden aber gleichwohl gestattet, beispielsweise auch mal ein privates Gespräch am Arbeitsplatz zu führen, auf Toilette zu gehen oder auch ein privates Telefongespräch zu führen. Daraus abgeleitet wird auch der Anspruch, das Internet gelegentlich für private Zwecke nutzen zu dürfen. Was «gelegentlich» bedeutet, ist je nach Fall zu beurteilen. Klar ist, dass Missbrauch betrieben wird, wenn durch die private Nutzung die Arbeitsleistung leidet – sei dies in zeitlicher oder in qualitativer Hinsicht.

Der Umgang mit Internet, sozialen Medien wie Facebook, Xing etc. sowohl auf geschäftlicher wie auch auf privater Ebene sollte klar und eindeutig geregelt sein. Im Reglement sollte eine klare Trennlinie zwischen Geschäft und Privat gezogen werden, wobei aus verschiedenen Überlegungen heraus die private Nutzung auf der geschäftlichen Infrastruktur verboten oder zumindest stark eingeschränkt werden sollte. Da mittlerweilen die Smartphones weit verbreitet sind und bald fast jeder Arbeitnehmende die Möglichkeit hat, über sein privates Gerät ins Internet zu gehen, ist das Verbot, geschäftliche Infrastruktur für private Zwecke zu nutzen, inzwischen auch gut durchsetzbar. Gleichzeitig muss man aber auch die private Nutzung regeln, sowohl zeitlich, wie auch inhaltlich.

Man muss sich als Arbeitgeber aber klar bewusst machen, dass das Reglement nicht die Kraft hat, einen sinnvollen Umgang mit Internet und Smartphones zu gewährleisten. Dazu sind ein gutes Vorleben und das kritische Hinsehen gefragt. Das Reglement bildet aber die notwendige Basis für spätere juristische Schritte gegen Arbeitnehmende, die sich ungebührend verhalten. Auch die Überwachungssystematik bei Missbrauchsverdacht muss im Nutzungsreglement geregelt sein, damit die Auswertung später, in einem allfälligen Rechtsstreit, als Beweismittel zugelassen wird.

Die Grenzen zwischen Privat und Geschäft verwischen zunehmend, wie auch die Trennung zwischen Privatbereich und Öffentlichkeit. Immer häufiger werden private Informationen in die Öffentlichkeit getragen, sei diese durch ein Handy-Telefongespräch im Tram oder sei es durch die Nutzung sozialer Netzwerke wie z.B. Facebook, bei welchen Informationen über den letzten Urlaub oder die bevorstehende Taufe des Kindes einer riesigen Öffentlichkeit, oder plakativ ausgesprochen, der ganzen Welt zugänglich gemacht werden. Dieses Phänomen kann ebenso auf geschäftlicher Ebene beobachtet werden. Das Unternehmen stellt geschäftliche Informationen einem weltweiten Kreis zur Verfügung. Mehr denn je muss man abwägen, ob es ratsam ist, gewisse Informationen zu verschicken oder online zu stellen.

Der Umgang mit Informationsvermittlung wird von der Technik her zwar immer einfacher, von der Sache her aber immer schwieriger. Es ist daher sehr wichtig, dass die Mitarbeitenden genau wissen, was sie dürfen und was ihnen untersagt ist – und zwar bezogen auf Geschäftsdaten und -informationen wie auf private Internetnutzung. Der Umgang mit Information in den neuen Medien sollte daher in den Unternehmen geschult werden, um so auf die Risiken und Gefahren aufmerksam zu machen. Dabei kann auch die Frage der privaten Nutzung im Geschäft betrachtet werden und den Mitarbeitenden einen verantwortungsvollen Umgang mit den Mitteln und der Zeit nahe gebracht werden. Denn schliesslich ist es nun mal eine Tatsache, dass die Benutzung des Internets generell etwas sehr Wichtiges geworden und gerade für die jüngere Generation existenziell ist.

Bei allem Verständnis für das Bedürfnis der Arbeitnehmenden, ständig online zu sein, die Grenzen sind spätestens dort erreicht, wo geschäftliche Infrastruktur dafür über Gebühren missbraucht wird oder wenn ein wesentlicher Teil der Arbeitszeit auf private Online-Präsenz geht. Auf jeden Fall muss der Vorgesetzte genau hinschauen, wenn er eine übermässige private Internetnutzung des Arbeitnehmenden feststellt. Sie kann einerseits Ausdruck von Desinteresse oder andererseits die Reaktion auf Unterforderung sein. In beiden Fällen muss der Vorgesetzte mit dem Mitarbeitenden das Gespräch führen und Massnahmen definieren. Ein klares und griffiges Nutzungsreglement regelt die Zulässigkeit der Internetnutzung – eine Sensibilisierung betreffend Umgang mit elektronischen Medien gewährleistet den sorgsamen Umgang mit Informationen.

Das bringt ein Internet-/Social-Media- Nutzungsreglement:

› Klarheit darüber, ob und wie das Internet während der Arbeitszeit für private Zwecke genutzt werden darf

› Auflistung der absolut verbotenen Nutzung (z.B. Internetseiten mit pornografischem Inhalt)

› Klare Trennung zwischen Nutzung der geschäftlichen Infrastruktur und Nutzung der privaten Geräte

› Information über die technische Überwachung

› Legitimation, bei Verdachtsfällen personenbezogene Internetüberwachung rechtmässig durchzuführen

› Information über die Sanktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers bei Verdacht resp. bei Bestätigung des Verdachts

› Regeln, was und wie über das Unternehmen via Internet verbreitet werden darf

› Klare Definition, was als Missbrauch betrachtet wird «

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