Nun ist es Gesetz: Den Mitarbeitenden steht bei einer Massenentlassung ein Sozialplan zu. Nicht länger ist es eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers, seit diesem Jahr muss der Arbeitgeber zwingend einen Sozialplan verhandeln und vereinbaren. Zwar haben schon bislang die Unternehmen bei Entlassungswellen sehr oft einen Sozialplan angeboten. Es ist aber ein grosser Unterschied, ob dies eine rein freiwillige Leistung des Arbeitgebers ist, oder ob sich der Arbeitgeber mit den Arbeitnehmenden über den Sozialplan einigen muss. Und neu ist es nun so, dass ab einer Grösse von 250 Mitarbeitenden Arbeitgeber und Arbeitnehmerschaft zwingend über einen Sozialplan verhandeln und eine Einigung finden müssen. Und zwar dann, wenn mindestens 30 Kündigungen ausgesprochen werden, die auf dem gleichen betrieblichen Entscheid gründen.
Gesetz zwingt zur Einigung
Das Schweizer Arbeitsvertragsrecht ist vom Grundsatz der Privatautonomie geprägt. Die Parteien können weitgehend selber bestimmen, was sie wie regeln wollen. Dieser Grundsatz erfährt mit der gesetzlichen Sozialplanpflicht einen scharfen Einschnitt. Plötzlich sind nämlich Arbeitgeber und Arbeitnehmer verpflichtet, sich zusammenzusetzen und eine Einigung zu finden. Schaffen Sie das nicht, wird ein Schiedsgericht den Sozialplan erlassen. Mit negativen Themen wie Massenentlassung und Sozialplan befasst sich ein Unternehmen logischerweise weder proaktiv noch gerne. Die neue Gesetzesvorschrift sollte aber jedes Unternehmen zu einer Situationsanalyse nutzen und sich fragen, wie die Zusammenarbeit zwischen Geschäftsleitung und Arbeitnehmerschaft im Unternehmen abläuft. Gibt es eine gewählte Arbeitnehmervertretung, gibt es gar eine mit Arbeitnehmerverbänden institutionalisierte Sozialpartnerschaft oder finden die Gespräche zufällig und mehrheitlich schriftlich statt?
Was die ideale Partnerschaft für ein Unternehmen ist, hängt von seiner Grösse, seinem Alter und von seiner Kultur ab. Das gilt insbesondere für die formelle Arbeitnehmervertretung. Ab einer Betriebsgrösse von bereits 50 Mitarbeitenden haben diese den gesetzlichen Anspruch, eine Arbeitnehmervertretung zu bestellen. In verschiedener Hinsicht besteht eine Mitwirkung der Arbeitnehmenden. Dort wo keine offizielle Arbeitnehmervertretung besteht, ist die Gesamtbelegschaft zur Mitwirkung berechtigt. Gewachsene Unternehmen haben oft keine Arbeitnehmervertretung. Darin erachten die Geschäftsleitungen viele Vorteile. Doch warum und welche eigentlich? Ist es nicht einfacher, in kritischen Situationen mit ein paar wenigen Arbeitnehmervertretern sprechen zu können, als das Gespräch mit der gesamten Belegschaft führen zu müssen? Ist es nicht effizienter, betriebliche Veränderungen mit jenen Personen zu diskutieren, die ein betriebswirtschaftliches Verständnis haben und sich für die Belange des Unternehmens und seinen Mitarbeitern einsetzen?
Vereinfachte Zusammenarbeit
Spricht man mit Schweizer Unternehmern, spürt man die grundsätzliche Zufriedenheit mit unserem liberalen Arbeitsrecht. Oft gelobt wird, dass man als Unternehmer sehr frei ist. Als Gegenbeispiel wird jeweils der Betriebsrat im Deutschen Arbeitsrecht als Schreckensgespenst bezeichnet. Gut sei es, dass man das nicht habe. Und so ist es absolut nachvollziehbar, dass man gegenüber einer formellen Arbeitnehmervertretung skeptisch ist und nur keine Pferde scheu machen will. Die Arbeitnehmervertretung im Schweizer Arbeitsrecht ist allerdings nicht das Pendant zum deutschen Betriebsrat. Sie hat grundsätzlich auch nicht mehr Rechte als die Belegschaft als Ganzes, aber sie kanalisiert deren Meinung und Ansicht. Und das macht in aller Regel die Zusammenarbeit, speziell in angespannten Zeiten, deutlich einfacher.