Einkäufe bei ausländischen Onlineanbietern wachsen seit Jahren rasant – sowohl im B2C- als auch im B2B-Segment. Seit 2011 hat sich der Umsatz verdreifacht und die Prognosen sind anhaltend gut. Die Entwicklung ging bisher meist auf Kosten des stationären wie auch des einheimischen Onlinehandels.
Damit national tätige Schweizer Versandhändler zukünftig mit gleichen Spiessen kämpfen, wurde kürzlich das Schweizer Mehrwertsteuer-Gesetz geändert. Ab 1. Januar 2019 werden sämtliche ausländischen Onlinehändler ab einem Jahresumsatz von 100 000 CHF in der Schweiz Mehrwertsteuerpflichtig. Ganz konkret bedeutet dies die Aufhebung von Einfuhrsteuerbefreiten Sendungen mit Steuerabgaben unter 5 CHF.
Spezialisierte E-Commerce- und Versandhandelsplattformen wie Amazon, Alibaba und so weiter verlieren dadurch ihren Mehrwertsteuervorteil, den sie teilweise gezielt ausgenutzt haben. Schweizer Versandhandelsunternehmen werden im Wettbewerb gestärkt. Die eidgenössischen Steuer- und Zollverwaltungen versprechen sich von der Gesetzesänderung mehr Steuertransparenz und -einnahmen. Sie wird Auswirkungen auf Verkaufspreise, Rechnungsstellung, die Logistik und natürlich auch die Zollabwicklung für die grenzüberschreitend ausgelieferten Waren haben.
Mehraufwand
Bereits heute werden Transporte, Importverzollungen und Distribution respek-tive die Retourenabwicklung nicht von den Onlinehändlern selbst, sondern von Logistik- und Verzollungsdienstleistern durchgeführt. Die Zollanmeldung erfolgt mit dem elektronischen E-Dec-Importverfahren. Damit die hohen Volumina steuergerecht, das heisst abgabenfrei bei potenziellen Zoll- oder Mehrwertsteuerabgaben von unter 5 CHF abgewickelt werden konnten, mussten die B2C-Lieferungen einzeln verzollt werden. Dadurch entstanden höhere Kosten für die Zollabwicklung und das Logistikhandling als bei Sammelverzollungen.
Mit der neuen Regelung ab Januar 2019 müssen die ausländischen E-Commerce-Anbieter nun prüfen, ob sie die Zoll- und damit auch die Steueranmeldungen weiterhin auf der Ebene von Einzelsendungen oder als Sammelsendungen, zum Beispiel ganzen Lkw-Ladungen, vornehmen (lassen) wollen. Entsprechend müssen die Daten aufbereitet und dem Verzollungspartner zeitgerecht bereitgestellt werden. Diese Umstellung, welche den bereits stark digitalisierten B2C-Markt noch stärker an die korrekte Schweizer Zollabwicklung bindet, wird direkte Auswirkungen auf die IT- und Systemintegration der Unternehmen haben. Spannend ist, dass heute ausser der Post und den KEP-Anbietern (Kurier-, Express- und Paket-) erst relativ wenige Logistikdienstleister bewusst in dieses Marktsegment investiert haben, um die eigene Digitalisierung der Zollabwicklung stärker voranzubringen.
Komplexe Herausforderungen
Damit dieser hochvolumige Markt erfolgreich bearbeitet werden kann, muss der Verzollungsdienstleister verschiedene IT- und Zollspezifische Voraussetzungen und Aufgaben erfüllen:
- Integration der E-Commerce Shops (E-Shop) in die eigenen Logistik- und Zollsysteme
- Ergänzen der oft mangelhaften Daten der B2C-Plattform für die Schweizer Zollabwicklung (E-Dec-Import)
- Weitgehend automatisierte Zollanmeldung an das E-Dec System der EZV (Eidgenössische Zollverwaltung)
- Bereitstellung der Steuer- und allfälligen Zollabgaben an den E-Shop
- Professionelle und effiziente Bearbeitung von Retouren (Re-Exporte) Nutzung des vereinfachten Verfahrens für Re-Exporte mit integrierten IT-Systemen
- Abholung, Kontrolle, Weiterleitung der eVV-Import (elektronischen Zollquittung) an den Importeur (Empfänger) oder E-Shop
- Rechtskonforme Archivierung in einem digitalen Dokument-Management-System (DMS)
- Statistische Auswertung über alle eVV-Zolldaten per Mausklick