Recht

Mietrecht

Dringender Eigenbedarf setzt keine Zwangs- oder gar Notlage voraus

Wer ein Mietobjekt übernimmt, kann einen Mietvertrag wegen Eigenbedarf künden. Mieter können sich dagegen jedoch durch einen Eintrag im Grundbuch absichern. Eigenbedarf liegt vor, wenn ein Vermieter die vermieteten Räume selber benötigt oder diese nahen Verwandten oder Verschwägerten überlassen will (OR Art. 271 a).
PDF Kaufen

Im Prinzip kann man wegen Eigenbedarf ein Mietverhältnis nicht vorzeitig auflösen, sondern muss die Kündigungsfristen einhalten oder bei befristeten Mietverhältnissen das Ende der Frist abwarten. Doch Achtung: Ein befristetes Mietverhältnis wird in ein unbefristetes umgewandelt, wenn es stillschweigend weitergeführt wird. Deswegen ist den Vermietern zu empfehlen, dem Mieter schriftlich und eingeschrieben mitzuteilen, wenn sie das Mietverhältnis nach Ablauf der Frist nicht fortsetzen wollen (OR Art. 266).

Bei der ordentlichen Kündigung muss kein Eigenbedarf im engeren Sinn vorliegen. Nach OR Art. 271 muss die Kündigung eines Mietvertrags auf Verlangen begründet werden. Wenn der Mieter allerdings eine Verlängerung des Mietvertrags nach OR Art. 271 a beantragt und der Vermieter das verhindern will, muss er dringenden Eigenbedarf nachweisen.

Eigenbedarf und Erstreckung

Eigenbedarf schliesst nicht in jedem Fall eine Mieterstreckung aus. Der Mieter kann die Erstreckung eines befristeten oder unbefristeten Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung der Miete für ihn oder seine Familie eine Härte zur Folge hätte, die durch die Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen wäre (OR Art. 272). Bei der Interessenabwägung berücksichtigt die zuständige Behörde insbesondere die Umstände des Vertragsabschlusses und den Inhalt des Vertrags sowie die Dauer des Mietverhältnisses und die persönlichen, familiären und wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien und deren Verhalten sowie die Verhältnisse auf dem örtlichen Markt für Wohn- und Geschäftsräume. Natürlich wird auch ein allfälliger Eigenbedarf des Vermieters für sich, nahe Verwandte oder Verschwä­gerte sowie die Dringlichkeit dieses Bedarfs berücksichtigt. Je dringender der Eigenbedarf ist, desto kürzer wird die Erstreckung ausfallen, wobei ein Selbstverschulden des Vermieters zu beachten ist.

Will der Vermieter einer Drittperson das Miet­objekt zur Verfügung stellen, liegt kein Eigenbedarf vor. Allerdings kann auch dies als erstreckungsrelevantes Vermieterinteresse gewertet werden (OR Art. 272). Bei dringendem Eigenbedarf kann der Vermieter sogar während eines laufenden Schlichtungs- bzw. Gerichtsverfahrens oder während einer Sperrfrist nach OR Art. 271 a den Mietvertrag auflösen. Der Vermieter hat den dringenden Eigenbedarf zu beweisen. Gemäss Bundesgericht hat der Kündigende bei einem Verfahren zur Wahrheitsfindung beizutragen, indem er die Gründe der Kündigung nennt und gemäss OR Art. 274 d alle in seinem Besitz befindlichen Beweisstücke zur Verfügung stellt, die für die Prüfung des von ihm behaupteten Kündigungsgrunds nötig sind.

Kauf bricht Miete nicht

Wird die Mietsache veräussert, zum Beispiel durch Kauf, Tausch, Schenkung oder Erbteilung, gehen die laufenden Mietverhältnisse im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs auf den Erwerber über. Bei Wohn- und Geschäftsräumen kann der Erwerber das Mietverhältnis auf den nächsten gesetzlichen Termin mit der Frist von drei Monaten bei Wohnräumen und sechs Monaten bei Geschäftsräumen kündigen. Nimmt der neue Besitzer dieses Privileg in Anspruch, kann die Kündigung in Bezug auf die vertragliche Vereinbarung vorzeitig sein. Dann wird der Vermieter dem Mieter gegenüber schadenersatzpflichtig. Der Vermieter kann jedoch nicht im Hinblick auf einen Verkauf der Liegenschaft das Interesse eines zukünftigen Erwerbers geltend machen und auch nicht der Erwerber den Bedarf des früheren Vermieters. Dies gilt beispielsweise, wenn ein Einzelaktionär seine Liegenschaft auf die Aktiengesellschaft überträgt. Die Frage, ob sich eine Aktiengesellschaft auf das dringende Interesse an der Nutzung des Mietobjekts durch einen Aktionär berufen kann, wird in der Literatur uneinheitlich beantwortet. Von ja bis zu nein gibt es verschiedene Meinungen.

Das Bundesgericht hat in einem Fall entschieden, gegen die Forderung einer juristischen Person, da der Aktionär selbst die vermieteten Räume bewohnen will, könne man einwenden, dass der Aktionär eine von der Gesellschaft unabhängige Person ist. Aus dem Bundesgerichtsentscheid vom 5. September 2006, der noch einige andere Probleme behandelt, lässt sich schliessen, dass die Aktiengesellschaft als solche ein schützenswertes Eigeninteresse am vermieteten Objekt haben muss.