Recht

Obligationenrecht

Die Protokollierung im Verwaltungsrat

Der KMU-Verwaltungsrat hat laut Gesetz gewisse Pflichten und ein bestimmtes Haftungsrisiko aufgrund seiner Funktion. Dieses Risiko kann er am besten durch eine gewissenhafte Arbeit reduzieren. Dazu empfiehlt es sich, diese seriöse Arbeit zu protokollieren und dieses Protokoll nach gewissen Kriterien zu strukturieren und zu führen.
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Die beste Haftungsreduktion eines KMU-Verwaltungsrats ist die seriöse und gewissenhafte Arbeit. Es gilt, dem Unternehmer als Sparringpartner zur Seite zu stehen, das Unternehmen strategisch weiterzuentwickeln und kritische Situationen durch breit abgestützte Diskussionen im VR zu antizipieren und schliesslich zu lösen. Diese seriöse Arbeit soll protokolliert werden.

Laut Obligationenrecht ist ein Protokoll über die Verhandlungen und Beschlüsse des VR zu erstellen (Art. 713 Abs. 3 OR). Das Protokoll dient dazu, dass in Zukunft die aktuellen Beschlüsse des VR und vor allem auch die geführte Diskussion nachvollzogen werden können. Juristen betonen, dass es sich beim VR-Protokoll um eine strafrechtlich relevante Urkunde handelt (beispielsweise Müller et al., 2014). Das VR-Protokoll ermöglicht die zukünftige Klärung von potenziellen Schuldfragen bezüglich Verantwortungsansprüchen gegenüber dem VR. Deshalb ist nicht nur die seriöse VR-Arbeit wichtig, sondern auch deren Protokollierung. Dieses Protokoll wird vom Verwaltungsratspräsidenten und dem VR-Sekretär (=Protokollführer) unterschrieben (Art. 713 Abs. 3 OR). An der nächsten Sitzung wird das VR-Protokoll behandelt und darüber abgestimmt.

Die Protokollgestaltung

Es empfiehlt sich hier, nicht nur die Beschlüsse, sondern auch die Diskussionen, die Argumentationen, die Vorbehalte und die abweichenden Meinungen in der Gegenwartsform festzuhalten. Beim zukünftigen Lesen des Protokolls soll damit klar werden, wie vertieft und breit die Diskussion über einen bestimmten Beschluss geführt wurde. Die Willensbildung sowie die Beschlüsse des Verwaltungsrates müssen nachvollzogen werden können.

Es empfiehlt sich, zu Beginn des Protokolls den Namen der Firma, die Bezeichnung als VR-Sitzung, An- sowie Abwesende, ihre Funktionen und das Datum, die Zeit sowie den Ort der Sitzung auszuführen. Die Traktanden (inkl. Verantwortlichkeiten) sollen zudem im Protokoll enthalten sein wie auch die Anträge, Beschlüsse und notwendigen Unterschriften. Für einen Beschluss kann für eine bessere Übersichtlichkeit zuerst die Ausgangslage, dann die Diskussion und schliesslich der Beschluss ausgeführt werden.

Ausgangslage

Als Ausgangslage werden oft vorgängig Unterlagen verschickt, auf die während der VR-Sitzung und im Protokoll verwiesen wird. Diese Unterlagen sollen im Anhang des Protokolls beigefügt werden. Zusätzliche mündliche Ausführungen sollen im Protokoll beschrieben werden. Ideal ist es, wenn die Ausgangslage eine gute Entscheidungs- und Diskussionsgrundlage gibt.

Diskussion

Der Umfang und Inhalt der Diskussion soll wiedergegeben werden. Falls keine Diskussion gewünscht wird, soll dies auch festgehalten werden. Voten zu Ideen, Risiken und weiteren relevanten Aspekten sollen festgehalten und der entsprechenden Person zugeordnet werden. Auch Ausstände von bestimmten Verwaltungsräten sollen protokolliert werden. In der Praxis wird nur in Ausnahmefällen wortwörtlich protokolliert (beispielsweise anhand der Erfassung durch ein Diktiergerät). Normalerweise wird ein Verhandlungsprotokoll erstellt (auch Beratungsprotokoll genannt), bei dem die Argumente zusammengefasst und die Beschlüsse ausgeführt werden.

Beschluss

Der Beschluss soll in einer nachvollziehbaren Art und Weise festgehalten werden und somit das weitere Vorgehen definieren (inklusive Stimmenverhältnis). Die sich daraus ergebenden Aufgaben sollen unter diesem Punkt festgehalten werden, wobei sich eine zusätzliche Pendenzenliste (siehe die Tabelle als Beispiel) empfiehlt, die dann am Anfang der nächsten VR-Sitzung besprochen werden soll. Die Beschlüsse können zum Beispiel fett und kursiv festgehalten und die Aufträge in einer separaten Spalte neben den Ausführungen des Protokolls inkludiert werden. Der Leser kann die Aufträge nachvollziehen. Ideal ist es, wenn ein Protokoll-Standard respektive Richtlinien für die Protokollführung erstellt werden bezüglich des Aufbaus und des Designs des Protokolls.

Die Protokollführung

Es gibt unterschiedliche Sichtweisen dazu, wer das Protokoll führen soll. Einige vertreten die Meinung, dass sich die VR-Mitglieder auf die Diskussion konzentrieren sollen und nicht mit «Nebentätigkeiten» wie etwa dem Schreiben des VR-Protokolls beschäftigt sein sollten. In jenen Fällen übernimmt der VR-Sekretär diese Aufgabe und zum Beispiel in kleineren Firmen teilweise der CFO.

Andere argumentieren, dass die Protokoll führende Person Macht ausübt und es angezeigt ist, jemandem aus dem VR diese Aufgabe zu übertragen. Der VR-Sekretär respektive Protokollführer wird durch einfaches Mehr vom Gesamtverwaltungsrat gewählt, sofern in den Statuten oder dem Organisationsreglement keine andere Regelung definiert wurde. Das Protokoll soll nach der Sitzung schnell verschickt und ein Exemplar am Sitz der Firma aufbewahrt werden. Es empfiehlt sich, sich als KMU-VR während der VR-Sitzung Notizen zu machen und danach das VR-Protokoll zu überprüfen, ob diese Aussagen, Vorbehalte und Beschlüsse auch wie diskutiert ausgeführt und protokolliert wurden.

Beitrag zur Sozialversicherung

Eine weitere Empfehlung betrifft die Kontrolle der Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge. Der VR haftet aufgrund seiner Funktion solidarisch mit seinem ganzen Vermögen für nicht bezahlte Beträge der Sozialversicherungen (Art. 52 AHVG und Art. 52 BVG). Der KMU-VR soll somit auf die fristgerechte und vollständige Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge Wert legen und die Geschäftsführung fragen, ob sie bezahlt wurden. Die Antwort soll protokolliert werden.
Am wichtigsten ist die gewissenhafte Arbeit eines KMU-VR, um die Firma strategisch zielführend weiterzuentwickeln.

Fazit

Es empfiehlt sich, diese Tätigkeit und insbesondere die Voten und Beschlüsse während der VR-Sitzung zu protokollieren, damit sie nachvollzogen werden können. Der KMU-Verwaltungsrat tut gut daran, sich über die wichtigsten Punkte während der VR-Sitzung eigene Notizen zu machen. So kann er seine Stichworte danach mit dem Protokoll abgleichen. Auch gilt es, die fristgerechte Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge in periodischen Abständen zu überprüfen.

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