Der ab dem 1. Januar 2021 in Kraft getretene Vaterschaftsurlaub ist aus zwei unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Zum einen treten auf der Ebene des Arbeitsrechts neue Gesetzesbestimmungen in Kraft, zum anderen führte der Gesetzgeber auf sozialversicherungsrechtlicher Ebene neue Bestimmungen ein.
Anspruchsvoraussetzungen
Erstere Änderungen betreffen das Arbeitsverhältnis und ein daraus fliessender Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers, zweitere betreffen die Entschädigung der urlaubsberechtigten Väter. Insbesondere die Anspruchsvoraussetzungen sind für die zwei Ebenen nicht kongruent.
Der arbeitsrechtliche Anspruch
Arbeitnehmer, die ab dem 1. Januar 2021 Vater werden, dadurch, dass sie mit der Mutter des Kindes verheiratet sind oder das Kind innerhalb von sechs Monaten seit der Geburt anerkennen, haben nach Art. 329g Abs. 1 OR Anspruch auf einen Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen. Bereits dies wirft eine fundamentale Frage auf: Hat auch derjenige Vater Anspruch, der das Kind vor dem 1. Januar 2021 anerkannt hat, das Kind aber erst nach dem Inkrafttreten der Bestimmung geboren wird?
Unserer Meinung nach haben Väter auch dann einen Anspruch auf Vaterschaftsurlaub, wenn das Kind nach dem 31. Dezember 2020 geboren wurde, sie aber das Kind bereits vor der Geburt anerkannt hatten. Ansonsten würde eine unbillige Ungleichbehandlung zu später Anerkennenden entstehen.
Der Bezug des zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubs muss nicht in einem Stück erfolgen. Vielmehr ist es möglich, die Urlaubstage auch tageweise zu beziehen. Zu berücksichtigen ist aber dabei, dass der Arbeitgeber den Zeitpunkt des Ferienbezugs bestimmen kann. Dabei hat der Arbeitgeber auf die Wünsche des Arbeitnehmers so weit Rücksicht zu nehmen, als dies mit den Interessen des Betriebs vereinbar ist.
Bei Teilzeiterwerbenden berechnet sich der Urlaubsanspruch anteilsmässig nach dem vertraglichen Arbeitspensum, dies analog zur Berechnung der allgemeinen Ferientage. Ein anspruchsberechtigter Vater in einem 50-Prozent-Pensum hat somit Anspruch auf eine Woche Vaterschaftsurlaub.Weiter bestimmt das Gesetz, dass bei einer Kündigung des Arbeitgebers die Kündigungsfrist um die noch nicht bezogenen Urlaubstage verlängert wird, sollte vor Ende des Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf Vaterschaftsurlaub entstehen (Art. 335c Abs. 3 OR). Eine analoge Sperrfrist, wie dies beim Mutterschaftsurlaub existiert, gibt es somit nicht.
Die Kündigungsfrist wird jedoch nur um diejenige Anzahl Tage verlängert, welche im Zeitpunkt des Vertragsendes noch bestehen (das heisst, im Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist). Eine Kündigung während der Probezeit sowie die Kündigung des Arbeitnehmers haben keinen Einfluss auf die Kündigungsfrist.
Die Verlängerung der Kündigungsfrist hat ebenfalls verlängernde Wirkungen auf die Unterstellung des Arbeitnehmers unter die Unfallversicherung des Arbeitgebers sowie den Anschluss an die Pensionskasse. Zudem dürfte der Arbeitnehmer auch weiterhin in der Krankentaggeldversicherung (KTG) des Arbeitgebers versichert bleiben, soweit eine solche besteht. Jedoch ist dafür die konkrete Versicherungspolice zu konsultieren. Bei einem Stellenwechsel während der sechsmonatigen Frist ist fraglich, ob der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf (den noch verbleibenden) Vaterschaftsurlaub gegenüber dem neuen Arbeitgeber geltend machen kann.
Das Gesetz äussert sich nicht zu dieser Problematik. Gemäss dem Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats verliert der Arbeitnehmer seinen Anspruch, wenn er den Urlaub trotz der verlängerten Kündigungsfrist nicht bezieht.
Diese Auffassung hat in der Rechtslehre Kritik erfahren, insbesondere, da durch die Ansicht der Kommission der Zweck des Vaterschaftsurlaubs – ein Aufbau der Vater-Kind-Beziehung – vereitelt würde, wenn der Anspruch nicht auch gegenüber dem neuen Arbeitgeber geltend gemacht werden könnte. Hinzu kommt, dass das Erwerbsersatzgesetz (EOG, SR 834.1) den soeben beschriebenen Stellenwechsel in seiner abschliessenden Aufzählung nicht als Beendigungsgrund des Ersatzanspruchs vorsieht.
Anders als die Bestimmungen des EOG äussert sich das Obligationenrecht nicht zur Beendigung des Anspruchs auf Vaterschaftsurlaub. Generell muss jedoch gelten, dass der Anspruch endet, sobald der eigentliche Zweck des Vaterschaftsurlaubs nicht mehr verfolgt werden kann. Zu denken ist dabei insbesondere an den Tod des Kindes.