Recht

Arbeitsrecht

Das richtige Vorgehen bei Kündigungen

Muss sich der Arbeitgeber vom Arbeitnehmenden trennen, stellt sich die Frage, ob der Kündigungsgrund rechtmässig ist oder ob man gar Gefahr läuft, wegen missbräuchlicher Kündigung eingeklagt zu werden. Doch nicht nur der Kündigungsgrund kann missbräuchlich sein, auch das Vorgehen an sich. Drum prüfe, wer sich trennen will.
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Die ausgesprochene Kündigung schafft Fakten. Das Arbeitsverhältnis wird damit aufgelöst, unerheblich ob der Mitarbeitende damit einverstanden ist oder nicht. Die Kündigung als einseitige Willensäus-serung ist ein Gestaltungsrecht. Im Gegensatz zum Vertragsschluss, bei welchem beide Vertragsparteien zustimmen müssen, damit der Arbeitsvertrag zustande kommt, ist bei der Vertragsauflösung mittels Kündigung eine Vertragspartei allein in der Lage, durch ihre entsprechende Willensäusserung die Rechtswirkung herbeizuführen.

Kein spezifischer Grund nötig

Solange eine ordentliche Kündigung nicht während einer Sperrfrist (zum Beispiel Krankheit, Unfall, Schwangerschaft und Mutterschaft) ausgesprochen wird, ist sie gültig, selbst wenn sie ohne Grund erfolgt ist respektive kein spezifischer Grund angegeben wurde. Die viel zitierte Kündigungsfreiheit im Schweizer Arbeitsrecht meint nichts anderes, als für das Aussprechen einer rechtsgültigen Kündigung kein spezieller Kündigungsgrund vorliegen muss. Gleichwohl geniessen aber auch die Schweizer Arbeitnehmenden einen Kündigungsschutz, indem beim Vorliegen bestimmter Gründe eine Kündigung missbräuchlich sein kann. Liegt eine missbräuchliche Kündigung vor, bleibt es zwar dabei, dass das Arbeitsverhältnis aufgelöst ist, doch kann der Richter eine Pönalentschädigung zusprechen, die in der Höhe maximal sechs Monatslöhnen entspricht. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass es noch den zeitlichen Kündigungsschutz gibt, während dessen eine ausgesprochene Kündigung nichtig ist, also gar keine Rechtswirkung entfalten kann (Sperrfristen gemäss Artikel 336c OR).

Oft kommt es vor, dass ein Arbeitgeber eine Kündigung ausspricht, eine schriftliche Begründung aber unterlässt. Zwar ist es richtig, dass das Gesetz nur dann eine Begründung verlangt, wenn die gekündigte Partei dies verlangt. Grundsätzlich sollte man aber als Arbeitgeber immer in der Lage sein, die Gründe, welche einen zur Vertragskündigung veranlasst haben, auch in eine kurze Begründung zu formulieren. Abzuraten ist vom Standardsatz, die Kündigung erfolge aus wirtschaftlichen Gründen. Diese zwar meist gut gemeinte Begründung kann für den Arbeitgeber nachteilige finanzielle Folgen haben.

Schriftlich oder mündlich?

Vom Gesetz her ist die Kündigung formlos gültig. Sie kann also auch mündlich oder sogar konkludent erfolgen. Wegen der Beweisbarkeit wird aber in der Regel ein Kündigungsschreiben übergeben oder per Post nach Hause geschickt. Gleichwohl ist dann der Zeitpunkt der mündlichen Bekanntgabe massgebend für das Entfalten der Rechtswirkung der Kündigung. Viele Anstellungsbedingungen und Reglemente verlangen eine schriftliche Kündigung. Damit schränkt man die Gestaltungsfreiheit eindeutig ein, denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass in einer solchen Schriftlichkeit die Vermutung des Gültigkeitserfordernisses liegt, also weiter geht als eine blosse Beweisvorschrift. Auch wenn es für einen Arbeitgeber in der Re-gel eine Selbstverständlichkeit darstellt, eine Kündigung mündlich auszusprechen und dem Mitarbeitenden gleichzeitig ein schriftliches Kündigungsschreiben zu übergeben, so sollte man sich nochmals gut überlegen, ob das Erfordernis der Schriftlichkeit nicht eher hinderlich ist. Oftmals kommt es ja daher, dass man die Mitarbeitenden anhalten will, nicht einfach aus einer Laune heraus eine Kündigung auszusprechen, sondern, dass sie dies schriftlich tun müssen. Doch wie gesagt, schränkt man sich auch als Arbeitgeber mit der Schriftlichkeit als Gültigkeitserfordernis selber in seiner Gestaltungsfreiheit ein.

Verwarnung und Anhörung

Die Kündigungsfreiheit, wonach es keine materiellen Kündigungsgründe für die rechtsgültige Kündigung bedarf, ist dennoch nicht umfassend. Zwar sieht das Gesetz keine Notwendigkeit vor, vor einer Kündigung eine Verwarnung auszusprechen oder den Gekündigten anzuhören. Und dennoch gibt es Sachverhalte, bei welchen genau das getan werden sollte, da die Gerichte durch verschiedene Entscheide zunehmend die Kündigungsfreiheit etwas einengen. Etwas unklar ist, ob vor einer Kündigung die Gegenpartei angehört werden muss, dies besonders in jenen Fällen, in welchem ein vorgeworfenes Fehlverhalten den Arbeitgeber veranlasst, das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Grundsätzlich ist es so, dass keine allgemeine Pflicht besteht, den Mitarbeitenden vor einer Kündigung anzuhören.

Bei Konfliktsituationen in einem Team am Arbeitsplatz kann eine Kündigung aber schnell als missbräuchlich erachtet werden, wenn diese gegen ein oder mehrere Teammitglieder ausgesprochen wird, ohne vorgängig eine Anhörung durchgeführt und Massnahmen ergriffen zu haben. In dieser ganz speziellen Konstellation geht sogar die Rechtsprechung so weit, als das Bundesgericht (BGE 125 III 70ff) feststellte, dass eine Störung des Betriebsklimas eine Kündigung wegen persönlicher Eigenschaften nur dann rechtfertige, wenn der Arbeitgeber vorher zumutbare Massnahmen ergriffen habe, um die Lage zu entspannen. In Konfliktsituationen am Arbeitsplatz stellt also das Bundesgericht mit seiner anhaltenden Rechtsprechung eine neue Pflicht auf, Konfliktlösungsmassnahmen zu ergreifen, bevor der Arbeitgeber zu einer Kün-digung schreitet. Tut er dies nicht, kann der gekündigte Mitarbeitende die Kündigung erfolgreich wegen Missbräuchlichkeit anfechten.

Schutz für ältere Mitarbeiter

Auch wenn es im Gesetz keinerlei Hinweise gibt, so geniessen ältere Mitarbeitende doch einen leichten Kündigungsschutz in der Hinsicht, als das Bundesgericht im November 2014 in einem Entscheid zum Schluss kam, dass bei älteren und langjährigen Mitarbeitenden vor einer Kündigung ein Anhörungsrecht bestehe. Der Arbeitgeber habe also den Mitarbeiter vorab zu informieren, dass er das Arbeitsverhältnis aufzulösen gedenke. Das eher überraschende Aussprechen einer Kündigung eines langjährigen und bereits älteren Mitarbeitenden empfand das Bundesgericht als Verletzung der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht, weshalb die Kündigung missbräuchlich sei. Mit diesem Urteil (4A_384 / 2014) setzt das Bundesgericht zwar neue Massstäbe hinsichtlich Missbräuchlichkeit einer Kündigung. Eine Kehrtwende stellt es aber dennoch nicht dar, auch wenn man auf den ersten Blick das Gefühl haben könnte, ältere Mitarbeitende würden demnach neu einen Kündigungsschutz geniessen. Dies wird derzeit aber sehr wohl auf politischer Ebene diskutiert und die Vor- und Nachteile einer Kündigungsbeschränkung für ältere Arbeitnehmende abgewogen.

Missbräuchlich, nicht ungültig

Bei allem Vorerwähnten gilt festzuhalten, dass eine missbräuchliche Kündigung trotz allem rechtsgültig ist. Ist sie einmal ausgesprochen, so bleibt sie gültig und das Arbeitsverhältnis wird aufgelöst. Das Vorliegen einer Missbräuchlichkeit ermöglicht dem Mitarbeitenden lediglich, gerichtlich eine Pönalentschädigung zu verlangen. Also eine Art Strafzahlung, die der Arbeitgeber leisten muss wegen der Umstände der Kündigung. Die Pönalentschädigung legt der Richter nach freiem Ermessen fest, dabei berücksichtigt er die Dauer des Arbeitsverhältnisses, die konkreten zu beanstandenden Umstände sowie weitere Sachverhaltsfaktoren. Die Höhe der Pönalentschädigung legt das Gericht nach freiem Ermessen fest. Maximal bis sechs Monatslöhne können dem geschädigten Mitarbeitenden zugesprochen werden. Am häufigsten werden zwischen zwei bis drei Monatslöhne zugesprochen, für die Maximalentschädigung müssen sehr besondere Umstände vorliegen.

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