Recht

Steuerreformen

Das Für und Wider der Erbschaftssteuerinitiative

Am 14. Juni wird über die Volksinitiative vom 15. Februar 2013 «Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV (Erbschaftssteuerreform)» abgestimmt. Die Befürworter sehen darin einen gerechten Vermögensausgleich, die Gegner eine schädliche Belastung für Familienunternehmen.
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Nach Initiativtext soll der neue Art. 129a über Erbschafts- und Schenkungssteuer den Art. 129 über Steuerharmonisierung ergänzen: Der Bund erhebt eine Erbschafts- und Schenkungssteuer. Die Steuer wird von den Kantonen veranlagt und eingezogen. Zwei Drittel des Ertrages erhält der Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung, ein Drittel verbleibt den Kantonen.

Steuer auf den Gesamtnachlass

Die Erbschaftssteuer wird auf dem Nachlass von natürlichen Personen erhoben, die ihren Wohnsitz im Zeitpunkt des Todes in der Schweiz hatten oder bei denen der Erbgang in der Schweiz eröffnet worden ist. Die Schenkungssteuer wird beim Schenker erhoben. Der Steuersatz beträgt 20 Prozent. Nicht besteuert werden:

  • ein einmaliger Freibetrag von zwei Millionen Franken auf der Summe des Nachlasses und aller steuerpflichtigen Schenkungen
  • die Teile des Nachlasses sowie die Schenkungen, welche dem Ehepartner oder dem registrierten Partner zugewendet werden
  • die Teile des Nachlasses und die Schenkungen, die einer von der Steuer befreiten juristischen Person zugewendet werden
  • Geschenke von höchstens 20 000 Franken pro Jahr und beschenkte Person.
  • Der Bundesrat passt die Beträge periodisch der Teuerung an.

Gehören Unternehmen oder Landwirtschaftsbetriebe zum Nachlass oder zur Schenkung und werden sie von den Erben oder Beschenkten mindestens zehn Jahre weitergeführt, so gelten für die Besteuerung besondere Ermässigungen, damit ihr Weiterbestand nicht gefährdet wird und die Arbeitsplätze erhalten bleiben.

Weiter sollen die Bestimmungen für die AHV (BV Art. 112 ff.) durch den Art. 112 Abs. 3 Bst. a bis ergänzt werden: Die AHV wird finanziert aus den Erträgen der Erbschafts- und Schenkungssteuer.

Aufhebung kantonaler Erlasse

Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung sollen mit dem Art. 197 Ziffer 9 wie folgt geändert werden: Die neuen Artikel 112 Absatz 3 Buchstabe a bis und 129a treten am 1. Januar des zweiten Jahres nach ihrer Annahme als direkt anwendbares Recht in Kraft. Auf den gleichen Zeitpunkt werden die kantonalen Erlasse über die Erbschafts- und Schenkungssteuer aufgehoben. Der Bundesrat erlässt die Ausführungsvorschriften für die Zeit bis zum Inkrafttreten
eines Ausführungsgesetzes. Dabei beachtet er die folgenden Vorgaben. Der steuerpflichtige Nachlass setzt sich zusammen aus:

  • dem Verkehrswert der Aktiven und Passiven im Zeitpunkt des Todes
  • den steuerpflichtigen Schenkungen, die der Erblasser ausgerichtet hat
  • den Vermögenswerten, die zur Umgehung der Steuer in Familienstiftungen, Versicherungen und dergleichen investiert worden sind.

Schenkungen werden rückwirkend ab 1. Januar 2012 dem Nachlass zugerechnet. Die Schenkungssteuer wird erhoben, sobald der Freibetrag von 2 Millionen Franken überschritten wird.

Bezahlte Schenkungssteuern werden der Erbschaftssteuer angerechnet. Auch nach den Übergangsbestimmungen gibt es Ermässigungen für Unternehmen. Auf dem Gesamtwert der Unternehmen wird ein Freibetrag gewährt und der Steuersatz auf den steuerbaren Restwert reduziert. Für höchstens zehn Jahre kann eine Ratenzahlung bewilligt werden.

Bei Landwirtschaftsbetrieben wird eine Ermässigung bestimmt. Ihr Wert bleibt unberücksichtigt, sofern die Unternehmen nach den Vorschriften über das bäuerliche Bodenrecht von den Erben oder den Beschenkten selbst bewirtschaftet werden. Werden sie vor Ablauf der Frist von zehn Jahren aufgegeben oder veräussert, so wird die Steuer anteilsmässig nachverlangt.

Güterrechtliche Konflikte

Nicht in dem vorgeschlagenen Verfassungstext erwähnt ist die güterrechtliche Auseinandersetzung bei Ehepaaren. Ein Hinweis darauf findet man auf der Webseite der Initianten: Falls kein Ehe- oder Erbvertrag vorhanden ist, erfolgt nach dem Tod des ersten Ehepartners zuerst die güterrechtliche Auseinandersetzung, nach welcher 50 Prozent der Errungenschaft bzw. des Vorschlages dem überlebenden Ehepartner zusteht (ZGB Art. 215). Das verbleibende Vermögen bildet den für die Besteuerung relevanten Nachlass. Davon werden die steuerfreien Erbteile abgezogen, also jene an den überlebenden Ehepartner und an gemeinnützige Organisationen. Vom Rest werden zwei Millionen abgezogen (Freibetrag). Bleibt jetzt noch etwas übrig, wird es mit 20 Prozent besteuert.

Die Initianten schreiben auf ihrer Webseite allerdings, dass der überlebende Ehepartner 50 Prozent des «Vermögens» erhält. Da könnte man sich fragen, ob mangelnde Rechtskenntnis vorliegt oder ob damit gemeint ist, dass nicht nur die Hälfte des Vorschlages, sondern die Hälfte des Vermögens für die Erbschaftssteuern berücksichtigt werden soll. Bei der gesetzlichen Regelung wird man wohl die Bestimmungen des ZGB als massgebend ansehen, nicht die Erklärung der Initianten.

Die Gegner

Trägerorganisationen der Initiative sind die Sozialdemokratische Partei (SP), die Evangelische Volkspartei (EVP), die Grünen, der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB), die «Mitte Links – Christlich soziale Partei Schweiz» CSP sowie Christ Net. National- und Ständerat empfehlen, die Initiative abzulehnen.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates vertritt die Meinung, dass die Initiative einen fundamentalen Eingriff in die Steuerhoheit der Kantone darstellt. Eine Minderheit ist der Auffassung, dass die Initiative der Konzentration der Vermögen in der Hand einiger weniger entgegenwirkt und die intransparente und ungleiche Besteuerung in den Kantonen beseitigt. Als problematisch betrachtet die Kommission auch die rückwirkende Anrechnung der Schenkungen ab 1. Januar 2012 und die noch offene Ausgestaltung im Bereich der Unternehmensnachfolge. Dies würde der Rechtssicherheit und dem Wirtschaftsstandort Schweiz schaden.

Abgelehnt wird die Initiative in Wirtschaftskreisen, unter anderem von der Economiesuisse, von der FDP und der SVP. Eine charakteristische Argumentation vertritt die FDP. Die Initiative sei ein erneuter Eingriff in die Verfügungsgewalt des Privateigentums. Es geht um die Beschlagnahmung von Vermögen, das bereits beim Einkommen besteuert wurde. Damit wird eine Mehrfachbelastung des Vermögens angestrebt, die sich schädlich auf den Mittelstand auswirken wird. Auf der Webseite «Nein zur Erbschaftssteuer» kann man Stellung beziehen. Bei einer Umfrage auf der Webseite «Eidgenössische Abstimmungen» lehnen 72 Prozent der Teilnehmenden die Initiative ab.

Die Initiative in Kürze

Der Bund soll eine Erbschafts- und Schenkungssteuer erheben, die von den Kantonen veranlagt und eingezogen wird. Zwei Drittel des Ertrages erhält der Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung, ein Drittel verbleibt den Kantonen.

Die Erbschaftssteuer wird auf dem Nachlass von natürlichen Personen erhoben, die beim Zeitpunkt ihres Todes ihren Wohnsitz in der Schweiz hatten oder bei denen der Erbgang in der Schweiz eröffnet worden ist.

Die Schenkungssteuer wird beim Schenker erhoben. Der Steuersatz beträgt 20 Prozent. Nicht besteuert werden ein einmaliger Freibetrag von zwei Millionen Franken auf der Summe des Nachlasses und aller steuerpflichtigen Schenkungen.

National- und Ständerat empfehlen eine Ablehnung der Initiative. Wirtschaftliche Verbände argumentieren ebenfalls gegen die Initiative. Befürwortet wird diese von Linksparteien und Gewerkschaften.