Recht

Ehe- und Erbrecht

Damit das Unternehmen kein Scheidungsopfer wird

Eine Scheidung kann nicht nur in privater Hinsicht unangenehme Folgen haben. Sie kann auch unmittelbar Auswirkungen auf den Fortbestand eines Unternehmens haben. Welche Vorkehrungen getroffen werden können, um dieses Risiko zu vermeiden, zeigt dieser Beitrag.
PDF Kaufen

Wie die aktuellsten Statistiken zeigen, ist die Scheidungsrate in den vergangenen Jahren stetig angestiegen und hat mittlerweile einen Stand von über 50 Prozent erreicht. Wird nun parallel dazu berücksichtigt, dass gemäss der Studie des Schweizerischen Instituts für Klein- und Mittelunternehmen der Universität St. Gallen aus dem Jahre 2004 rund 88,1 Prozent der in der Schweiz domizilierten Unternehmungen von Familien beherrscht werden, ist es offensichtlich, dass sich eine Scheidung nicht nur in privater Hinsicht auswirkt, sondern vielmehr auch direkten Einfluss auf den (Weiter-)Bestand einer Unternehmung nehmen kann. So besteht die Gefahr, dass die finanziellen Folgen der Scheidung die Unternehmung existenziell gefährden können. Dieses Risiko des Unternehmers gilt es deshalb durch eine umsichtige, frühzeitige Planung zu minimieren. Im Vordergrund stehen dabei insbesondere ehegüterrechtliche Instrumente.

Im Rahmen der Scheidung werden mittels ehegüterrechtlicher Auseinandersetzung die Ansprüche der Ehegatten am ehelichen Vermögen abschliessend bestimmt. Ist nun eine Unternehmung Teil des ehelichen Vermögens, so wird anlässlich der ehegüterrechtlichen Auseinandersetzung unweigerlich auch über das weitere Schicksal dieser Unternehmung befunden. Wesentlich für die entsprechende Anspruchsberechnung eines jeden Ehegatten bzw. für die Zukunft der Unternehmung ist dabei, welchem ehelichen Güterstand die Eheleute unterstanden bzw. welcher Gütermasse die Unternehmung zuzurechnen ist.

Der gesetzliche Güterstand

Ehegatten, die weder vor der Heirat noch während der Ehe einen Ehevertrag abgeschlossen haben, mit welchem sie sich einem anderen Güterstand unterstellen, unterstehen dem ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Dieser Güterstand teilt das eheliche Vermögen in vier Gütermassen auf. Jeder Ehegatte hat einerseits je Anspruch auf sein Eigengut und anderseits auf seine Errungenschaft. Die jeweilige Qualifikation eines Vermögenswertes als Eigengut oder Errungenschaft ist sodann für die Anspruchsberechnung wesentlich, da jeder Ehegatte sein Eigengut für sich alleine beanspruchen darf, seine Errungenschaft jedoch hälftig mit dem Ehepartner zu teilen hat.

Diese Qualifikationen führen schliesslich dazu, dass …

  • eine Unternehmung, welche vor der Heirat aufgebaut oder während der Ehe geerbt wurde, dem Eigengut des Unternehmer-Ehegatten zuzuordnen ist;
  • eine Unternehmung, welche mit geerbtem Geld gekauft wurde, in der Regel im Sinne einer Ersatzanschaffung fürs Eigengut, dem Eigengut zuzuordnen ist;
  • eine Unternehmung, welche vom Unternehmer-Ehegatten während der Ehedauer mit selbst erwirtschafteten Mitteln aufgebaut wurde, der Errungenschaft zuzuordnen ist.

Wie bereits vorgängig erläutert, ist die Errungenschaft bei Auflösung der Ehe – vorbehaltlich einer anderslautenden Regelung – zwischen den Ehegatten hälftig zu teilen. Fällt nun eine Unternehmung in die Errungenschaft, bedeutet dies, dass der Nichtunternehmer-Ehegatte auch an der Unternehmung hälftig partizipiert. Ein entsprechender Auskauf des Nichtunternehmer-Ehegatten übersteigt jedoch oft die finanziellen Möglichkeiten des Unternehmer-Ehegatten und kann allenfalls sogar zu einem erzwungenen Verkauf der Unternehmung führen.

Planungsinstrumente

Um die Unternehmung und somit auch den Unternehmer-Ehegatten vor solchen negativen Scheidungsfolgen zu schützen, sieht das Gesetz diverse Planungsinstrumente vor. So können die Ehegatten beispielsweise durch die Wahl eines vom ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung abweichenden Güterstandes oder durch weitere ehevertragliche Vorkehrungen – unter Beibehaltung der Errungenschaftsbeteiligung – die vorerwähnten negativen Scheidungsfolgen ausschliessen oder einschränken.

Wahl eines anderen Güterstandes mittels Ehevertrag – Vereinbarung der Gütertrennung

Durch die ehevertragliche Abänderung des ordentlichen Güterstandes bzw. durch die Unterstellung der Ehe unter den Güterstand der Gütertrennung entfällt der unter dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung bestehende Anspruch der Ehegatten an der Errungenschaft des anderen Ehegatten. Vielmehr wird durch die Wahl des Güterstandes der Gütertrennung eine strikte Trennung der Vermögen eines jeden Ehegatten aufrechterhalten. Bei Auflösung der Ehe findet in der Folge überhaupt keine güterrechtliche Auseinandersetzung statt. Ein jeder Ehegatte behält, was er einerseits vor der Heirat bereits besass oder während der Ehe an weiteren Vermögenswerten erarbeitet hat. Der andere Ehegatte hat somit in keinster Weise einen güterrechtlichen Beteiligungs- oder Abfindungsanspruch. Gleichzeitig partizipiert der andere Ehegatte auch nicht an den Dividenden der Gesellschaft oder an allfällig angesparten Säule 3a-Guthaben.

Aufgrund dieser konsequenten Trennung der Vermögen der Ehegatten kann der Güterstand der Gütertrennung deshalb auch als umfassendster Schutz zur Absicherung der Unternehmung im Scheidungsfall bezeichnet werden.

Weitere ehevertragliche Vorkehrungen – unter Beibehaltung der Errungenschaftsbeteiligung

Eigengutszuweisung nach Art. 199 ZGB: Das Gesetz sieht sodann weitere Instrumente vor, um eine Unternehmung im Scheidungsfall bzw. den jeweiligen Unternehmer-Ehegatten, wenigstens teilweise, zu schützen. So können, unter Beibehaltung der Errungenschaftsbeteiligung, beispielsweise die nachfolgenden Vorkehrungen getroffen werden:

Zuweisung der Unternehmung ins Eigengut nach Art. 199 Abs. 1 ZGB

Eine Unternehmung, welche vom Unternehmer-Ehegatten betrieben wird und grundsätzlich als Errungenschaft zu qualifizieren wäre, kann mittels Ehevertrag zu Eigengut erklärt werden.

Zuweisung der Erträge der Unternehmung ins Eigengut nach Art. 199 Abs. 2 ZGB

Ebenfalls mittels Ehevertrag können die Ehegatten vereinbaren, dass Erträge aus einer Unternehmung, welche im Eigengut des Unternehmer-Ehegatten steht, wiederum dem Eigengut zugewiesen werden. Ertrag kann dabei eine Dividende oder ein in der Unternehmung belassener Gewinn sein, nicht jedoch ein anlässlich eines Unternehmensverkaufs erzielter Kapitalgewinn.

Der Vorteil einer solchen Massnahme besteht augenfällig darin, dass der andere Ehegatte aufgrund der Zuweisung der Unternehmung bzw. der Erträge der Unternehmung ins Eigengut keinerlei Abfindungsanspruch an der Unternehmung oder an deren Erträge hat.

Ausschluss Mehrwertbeteiligung nach Art. 206 Abs. 3 ZGB: Hat ein Ehegatte zum Erwerb, zur Verbesserung oder zur Erhaltung von Vermögensgegenständen des andern ohne entsprechende Gegenleistung beigetragen und besteht im Zeitpunkt der ehegüterrechtlichen Auseinandersetzung ein Mehrwert, so steht ihm grundsätzlich der auf ihn entfallende Anteil an diesem Mehrwert zu.

Im Sinne einer weiteren Anspruchsreduktion des Nichtunternehmer-Ehegatten können die Ehegatten nun regeln, dass der Ehegatte, welcher Investitionen in die Unternehmung des anderen getätigt hat, nicht oder nur beschränkt an einem allfälligen Mehrwert (Wertsteigerung) partizipieren soll.

Zusätzliche mögliche Massnahmen

Neben den vorgenannten Vorkehrungen könnte es im Hinblick auf eine allfällige Scheidung auch sachgerecht sein, nicht das gesamte eheliche Vermögen in der Unternehmung zu belassen, sondern regelmässige Gewinnausschüttungen zu beschliessen. Aufgrund der höheren Liquidität könnte auf diese Weise im Rahmen einer Scheidung allenfalls das Risiko minimiert werden, dass der ehegüterrechtliche Ausgleich des Nichtunternehmer-Ehegatten am ehelichen Vermögen über Anteile der Gesellschaft erfolgen müsste.

Grundsätze

Unabhängig davon, welche der vorgenannten Massnahmen ergriffen werden, sollten die nachfolgenden Grundsätze beachtet werden:

Frühzeitiges Ergreifen möglicher Massnahmen zum Schutz der Unternehmung

Die besten Konzepte zum Schutz einer Unternehmung im Scheidungsfall nützen nichts, wenn die Umsetzung nicht rechtzeitig an die Hand genommen wird. Ein jeder Unternehmer sollte es deshalb als seine Pflicht erachten, sich mit den möglichen Schutzmassnahmen bzw. mit den gestalterischen Spielräumen des Ehegüterrechts auseinanderzusetzen und situationsgerecht die entsprechenden Vorkehrungen bzw. die jeweilig erforderlichen vertraglichen Vereinbarungen zu treffen.

Umsichtige Wahl der jeweiligen Massnahme / Anpassung der Verträge an veränderte Umstände

Da Verträge, insbesondere auch Eheverträge, regelmässig nur einvernehmlich aufgehoben werden können, sollte die Wahl der beabsichtigten Massnahme mit Bedacht und unter Einbezug der konkreten Umstände, Erwartungen und Bedürfnisse erfolgen. So ist das Heranziehen von Standardlösungen denn auch nur in den seltensten Fällen sachgerecht und erfolgsversprechend.

Auch sollte nicht vergessen werden, dass sich neben der familiären Konstellation auch andere Gegebenheiten verändern können, welche eine Anpassung bereits geschlossener Verträge, oder mindestens das Überdenken der aktuellen Situation, als notwendig erscheinen lassen können. Unternehmer in der Anfangsphase ihres Unternehmertums haben sodann ganz andere Prioritäten und Regelungsbedürfnisse als beispielsweise Unternehmer, die ihre Nachfolge regeln und umsetzen möchten.

Schriftlichkeit von Verträgen / Dokumen­tation betreffend Zuordnung Gütermas­sen

Um allfällige Ungereimtheiten oder Streitigkeiten im Rahmen einer späteren ehegüterrechtlichen Auseinandersetzung zum Vornherein auszuschliessen bzw. zu reduzieren, empfiehlt es sich, bspw. Vermögenszuwendungen wie Schenkungen, Darlehen usw. immer in schriftlicher Form festzuhalten.

Es ist Sache eines jeden Ehegatten, zu beweisen, dass ein bestimmter Vermögenswert seinem Eigengut zuzuordnen ist und demzufolge der andere Ehegatte im Rahmen der ehegüterrechtlichen Auseinandersetzung keinen Anspruch an diesem Vermögenswert hat. Unter Berücksichtigung dieses Umstands ist es deshalb zweckmässig, Belege aufzubewahren, welche eine entsprechende abschliessende Massenzuordnung ermöglichen.

Fazit

Ehepartner mit einer Unternehmung im ehelichen Vermögen sind sich oftmals gar nicht bewusst, welche finanziellen, häufig sogar existenziellen unternehmerischen Konsequenzen eine Ehescheidung nach sich ziehen kann. Der Weiterbestand der Unternehmung im Scheidungsfall kann jedoch durch frühzeitige, insbesondere eherechtliche Vorkehrungen in der Regel ausreichend abgesichert werden.

Abschliessend bleibt darauf hinzuweisen, dass es im Rahmen dieser scheidungsrelevanten Überlegungen zudem sehr empfehlenswert ist, gleichzeitig auch die Folgen des Vorversterbens eines Ehegatten zu überdenken bzw. entsprechende Massnahmen zu ergreifen, da sich auch ein Todesfall existenziell auf eine Unternehmung auswirken kann.