Recht

AGB

Allgemeine Vertragsbedingungen – ein Überblick

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind aus dem Arbeitsalltag nicht mehr wegzudenken. Wie sie in den Vertrag integriert werden, wie sie zu formulieren und welche Themen immer zu regeln sind, wird im folgenden Artikel zusammengefasst.
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Die Verwendung von allgemeinen Vertragsbedingungen (AGB) ist nicht Pflicht. Sie eröffnen jedoch die Möglichkeit, in einem einzigen Dokument die rechtlichen Eckpunkte für Dienstleistungen oder Produkte gegenüber Kunden festzulegen. So können Unternehmen Offerten schlank halten und sich darin lediglich auf die leistungsspezifischen Details und kommer­ziellen Aspekte konzentrieren.

AGB-Übernahme

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass die auf der Website veröffentlichten AGB gegenüber den Kunden Gültigkeit erlangen. Dies ist – zumindest im B2C-Bereich – nicht der Fall: Kunden müssen den AGB zustimmen, damit sie Teil des Vertrages werden. Der einfachste Weg hierzu ist, die AGB in die Vertragsdokumente zu integrieren. Hierfür können Sie Ihre Offerte mit den AGB ergänzen beziehungsweise auf diese explizit hinweisen und so sicherstellen, dass der Kunde durch die Auftrags­annahme automatisch zustimmt. Im B2B-Bereich kann die Einbeziehung der AGB hingegen bisweilen ­sogar stillschweigend sein, zum Beispiel wenn Sie mit einem Geschäftspartner andauernde Geschäftsbeziehungen pflegen. Es wäre unpraktisch, jedes Mal erneut AGB einbeziehen zu ­müssen. In der Be­ziehung zu einem Konsumenten geht dies aber nicht. Nichtsdestotrotz ist zu empfehlen, auch im B2B-Bereich die AGB immer ausdrücklich einzubeziehen. 

AGB können auf zwei Arten übernommen werden: Entweder liest und versteht der Kunde die AGB im Einzelnen (sogenannte Vollübernahme), oder er erklärt global, ohne die AGB im Einzelnen gelesen oder verstanden zu haben, dass diese gelten sollen (sogenannte Globalübernahme). Beide Varianten sind rechtlich zulässig, wobei strengere Anforderungen an Klauseln gestellt werden, die global über­nommen werden.

AGB auf beiden Seiten

Nicht selten kommt es vor, dass auch Ihr Kunde eigene AGB haben wird, welche er zur vollständigen Anwendung bringen möchte. Da die Interessen von Dienst­leister/Lieferant und Kunde mit Blick auf die Risikoverteilung in der Vertrags­abwicklung unterschiedlich sind, werden auch die entsprechenden AGB Widersprüche enthalten. Stellen Sie fest, dass Ihr Kunde die eigenen AGB durchsetzen möchte, haben Sie zwingend zu reagieren. Ansonsten laufen Sie Gefahr, dass Sie als Partei, welche zuletzt nicht reagiert hat, die AGB der anderen Partei stillschweigend akzeptiert haben. In Situationen, in welchen grundsätzlich beide Parteien die AGB der anderen ­Partei akzeptiert haben, wird ein Gericht bei den sich widersprechenden Klauseln entweder den «wirklichen» Parteiwillen ergründen oder die ­gesetzlichen Bestimmungen anwenden. Die sauberste Möglichkeit, da sie den Inter­pretationsspielraum verringert, ist, dass Sie sich mit dem Kunden zusammen für eine AGB-Grundlage entscheiden (Ihre oder diejenige des ­Kunden) und mittels eines Side Letters ­gewisse Bestimmungen im gegenseitigen Einverständnis abändern.

Individuelle Abreden vs. AGB

Was gehört nicht in die AGB? Alles, was essenziell ist. Essenziell sind die hauptsächlichen Inhalte des Vertrages: der Preis, die Leistung, das Produkt. Und ­zudem alles, was miteinander speziell vereinbart wird. Oft gehören hier auch Abweichungen zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen dazu. Der Grundsatz gilt: Individuelle Abreden, also spezifische Abmachungen zwischen Ihnen und dem Kunden, gehen AGB stets vor.

Rechtliche Kontrollmechanismen 

Die «Ungewöhnlichkeitsregel» 

Eine der strengeren Anforderungen bei der Globalübernahme im Vergleich zur Vollübernahme von AGB ist die sogenannte Ungewöhnlichkeitsregel. Danach gelten solche Klauseln für die schwächere oder geschäftsunerfahrene Partei nicht, wenn sie überraschend sind; wenn sie sozusagen «aus der Reihe tanzen». Es geht um Klauseln, mit denen man als Kunde nicht rechnen musste, weil sie entweder unüblich oder geschäftsfremd sind. 

Die Ungewöhnlichkeitsregel spielt mit ­einer verzerrten Wahrheit: Nach den Gerichten ist eine ungewöhnliche Klausel nämlich dann wieder in Ordnung, wenn der AGB-Verfasser auf sie «speziell hin­gewiesen hat». Dazu reicht schon, dass man diese zum Beispiel fett druckt oder anderweitig hervorhebt. Wir erinnern uns: Man geht von einer Globalannahme aus, aber das wohl ohnehin auch nie ge­lesene Fettgedruckte – auch im Kleingedruckten – muss ein Kunde doch gegen sich gelten lassen. 

Die «Unklarheitenregel» 

Wer AGB formuliert, sollte eine klare und deutliche und vor allem unmissverständliche Formulierung verwenden. Denn: Gibt es bei einer AGB-Klausel mehrere Möglichkeiten, wie sie zu verstehen sein könnte, dann wird das zulasten des Verfassers ausgelegt. Die unklare Klausel wird stets zum Nachteil desjenigen ausgelegt, der sie unklar geschrieben hat. 

Die «Inhaltskontrolle» 

Inhaltlich können Verfasser von AGB in der Schweiz vieles selbst entscheiden. Die Grenzen sind einerseits bestimmte Gesetzesnormen, gegen die nicht verstossen werden darf. So sieht das Gesetz für Aufträge zum Beispiel in Art. 404 OR zwingend vor, dass der Vertrag jederzeit aufgelöst werden darf. Eine Klausel, die diesem Artikel widerspricht, ist nichtig. Dies bringt nicht etwa die ganzen AGB zu Fall, zumindest aber den Teil der AGB, in welchem gegen Art. 404 OR verstossen wird. 

Anders als in anderen Rechtsordnungen in Europa kennt die Schweiz aber kein «AGB-Gesetz» mit sog. «grauen» oder «schwarzen» Klausel-Listen. Einzig im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb wurde eine Schutzbestimmung verankert, die ausschliesslich Konsumenten vor inhaltlich missbräuchlichen Klauseln schützen soll (Art. 8 UWG). Sie kommt zur Anwendung, wenn ein «erhebliches und ungerechtfertigte Missverhältnis» zugunsten des AGB-Verfassers besteht. 

Die Bestimmung ist derart unpräzise und gespickt mit unbestimmten Rechtsbe­griffen, dass es schwierig sein wird für Gerichte, die Klausel überhaupt anzuwenden. Bis heute gibt es sehr wenige ­Urteile, bei denen sich Konsumenten überhaupt auf diesen Art. 8 UWG gestützt und ein Verfahren geführt haben.

Was in die AGB gehört

Findet die Schweizer Rechtsordnung Anwendung, so sind viele Bereiche schon sehr gut geregelt. Die AGB sollten die­jenigen Aspekte spezifisch regeln, in welchen Abweichungen gegenüber den gesetzlichen Bestimmungen gewünscht sind. Meist betrifft dies die folgenden ­Bereiche:

Haftungsbeschränkungen

  • Häufig: Ausschluss oder Deckelung für Schäden oder zumindest Folgeschäden
  • Achtung: Die Haftung für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz können Sie nicht ausschliessen. 
  • Achtung: Die Haftung für Körperschäden können Sie ebenfalls nicht ausschliessen.

Gewährleistung und Garantie

  • Häufig: Modifizierung der möglichen Gewährleistungsbehelfe – zum Beispiel Einschränkung auf lediglich Nachbesserung oder Neulieferung
  • Häufig: Festlegen von Rügefristen 
  • Häufig: Festlegen der Gewährleistungsfristen bzw. Verjährungsfristen
  • Achtung: Die Verjährungsfrist darf bei Kauf- und Werkverträgen mit Kon­sumenten nicht auf unter zwei Jahre gesetzt werden. Ein kleiner Hinweis jedoch zu dieser bizarren Gesetzesregel: Sie dürfen zwar die Gewährleistung nicht verkürzen, aber komplett ausschliessen dürfen Sie sie. Das einzige ­Risiko, welches Sie dann tragen, ist, dass Sie allenfalls wieder bei Art. 8 UWG landen, nach welchem ein solcher Ausschluss missbräuchlich sein könnte. 

Preisanpassungsmöglichkeiten 

  • Häufig: Bei Dauerverträgen werden oft Anpassungsmöglichkeiten für den Preis vorgesehen. 
  • Achtung: Der Preis gilt als essenzielles Wesensmerkmal des Vertrages und sollte nicht via AGB geregelt werden. Eine Anpassung des Preises nach völlig freien Grundsätzen würde diesem Prinzip widersprechen. 
  • Variante 1: Sie legen einen objektiven Massstab fest, nach welchem sich der Preis ändert (zum Beispiel Veränderungen eines Index etc.). 
  • Variante 2: Sie behalten sich ein freies Anpassungsrecht vor und lassen dem Kunden in Konsequenz die Möglichkeit, auf den Anpassungszeitpunkt ausserordentlich aus dem Vertrag aus­zusteigen.

Bestell- und Lieferbedingungen und -fristen

 

Rücktritts- oder Rückgaberecht

  • Häufig: Festlegung der Frist und der Formalitäten zum Rücktritt oder zur Rückgabe
  • Achtung: Im Schweizer Recht gilt mit Ausnahme von reinen Haustürgeschäften kein Widerrufsrecht. Sie sind daher nicht per se verpflichtet, dem Kunden diese Möglichkeit einzuräumen. Es gilt: Geschlossene Verträge bleiben wie sie sind: geschlossen. 

Kündigungsbestimmungen 

  • Häufig: Kündigungsfristen und -termine werden in AGB festgesetzt oder es werden gar automatische Verlängerungsklauseln bei befristeten Verträgen vorgesehen.
  • Achtung: Die eigentliche Laufzeit eines Vertrages sollte in den Hauptteil des Vertrages, nicht untergeordnet in die AGB.

Zahlungsmodalitäten inklusive Verzugszinsen und Skonto­regelung

  • Häufig: Festlegung, dass man bereits mit Ablauf der Zahlungsfrist ohne Ansetzung einer Mahnung in Verzug fällt  
  • Achtung: Setzen Sie die Höhe von allfälligen Mahngebühren bereits in den AGB fest.  

AGB-Änderungsklausel

  • AGB sehen immer vor, dass sie jederzeit geändert werden können. 
  • Achtung: Geänderte AGB gelten immer nur für künftige Verträge, nie für bereits geschlossene Verträge im Nachhinein.

Anwendbarkeitsklauseln 

  • Ausschliesslichkeitsklausel (nur Ihre AGB finden Anwendung) oder 
  • qualifizierte Abwehrklausel (entgegenstehende Geschäftsbedingungen der anderen Vertragspartei gelten nur bei schriftlicher Anerkennung)

Regelung des Gerichtsstandes und des anwendbaren Rechts

  • Achtung: Bei Verträgen mit Konsumenten gelten zwingende gesetzliche Gerichtsstände, von denen Sie nicht abweichen können. 
  • Achtung: Wenn nicht Schweizer Recht festgelegt wird, müssen die AGB auf Übereinstimmung mit dem jeweiligen Recht geprüft werden. 

Datenschutzbestimmungen gehören, auch wenn dies überall zu sehen ist, grundsätzlich nicht in AGB, sofern es sich um Er­klärungen handelt, wie mit den Perso­nendaten in einem Unternehmen umgegangen wird. Wie oben dargelegt, können AGB nicht jederzeit für geltende Vertragsverhältnisse angepasst werden. Wenn ­Sie Erklärungen dazu, was Sie mit den Daten machen, in die AGB aufnehmen, versteinern Sie diese ebenfalls. Die meisten datenschutzrechtlichen Hinweise und Erklärungen gehören daher in eine sauber von den AGB zu trennende Da­tenschutzerklärung, die jederzeit angepasst werden kann.

Beachten Sie zu guter Letzt, dass ein einheitliches Bild zwischen AGB und anderen Vertragsdokumenten besteht. Wenn zum Beispiel unterschiedliche Regelungen in der Offerte und in den AGB vor­handen sind, ist es für Kunden – aber auch für Sie – schwierig nachzuvollziehen, was nun gelten soll.

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