Mensch & Arbeit

Konfliktmanagement

Wie Team-Konflikte entstehen – und sich lösen lassen

Bei der Arbeit zwischen Teams kommt es auf ein gutes, produktives Miteinander an. Doch in Unternehmen kommt es vor allem zwischen eng zusammen- arbeitenden Teams häufig zu Konflikten. Um unnötige Eskalationen zu vermeiden, ist für eine schnelle Einigung zu sorgen – eine klassische Aufgabe der Führungskraft.
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Der Erfolg von Unternehmen hängt stark davon ab, wie gut ihre Teams funktionieren. Ein direkter und offener Umgang untereinander ist das A und O, damit Abläufe funktionieren und die Kunden am Ende zufrieden sind. Dennoch kommt es genau an diesen Schnittstellen immer wieder zu Schwierigkeiten. Dies zeigt auch das nachfolgende Beispiel eines mittelständischen Unternehmens – in dem die Führungskraft am Ende eine schwerwiegende Entscheidung treffen musste.

Ein Manager übernahm eine Vertriebseinheit; dort war man der Meinung, Marketingmitarbeiter sollten häufiger neue Produkte einbringen, da das Unternehmen so seinen Umsatz steigern könnte. Also entwickelte der Vertriebsmanager eigene Ideen, wie Marketing aussehen müsste, welche Massnahmen sinnvoller wären und welche Verhaltensweisen des Marketings eher zum Erfolg führen würden. Sein Vorschlag, Methoden des viralen Marketings einzusetzen, stiess im Team Marketing auf taube Ohren und Ablehnung – vor allem, da diese Methode im Unternehmen noch nie angewandt wurde.

In der Folge verschlechterte sich das Verhältnis von Vertrieb und Marketing zusehends: beide Abteilungen misstrauten einander, ein gemeinschaftliches Arbeiten war nicht möglich. Da dem Vertriebsleiter nach wie vor daran gelegen war, sein Ideen doch noch durchzusetzen, suchte er das Gespräch mit dem Geschäftsführer, der gleich ein Treffen zu dritt anberaumte. Das Problem dabei: Der Geschäftsführer war über den fortwährenden Konflikt so verärgert, dass es ihm schwerfiel, den Streit zu klären. Es wurden oberflächliche Vereinbarungen zu Verhaltensweisen getroffen, die in der Folge sowohl von Marketing- als auch Vertriebsleiter missachtet wurden. Regelmässige Klärungstreffen mit der Geschäftsleitung wurden nötig, der Reibungsaufwand wuchs und hinterliess wachsende Unzufriedenheit bei allen Beteiligten. Nach zwei Jahren eskalierte der Dauerkonflikt endgültig und der Vertriebsleiter verliess das Unternehmen. Selbstredend, dass Marketing und Vertrieb in diesen zwei Jahren nicht gerade optimale Ergebnisse lieferten – der Ruf des Unternehmens litt wesentlich.

Dieser Konflikt ist ein Beispiel dafür, wie drastisch eine anfängliche Meinungsverschiedenheit zwischen Abteilungen eskalieren kann und welche Folgen daraus resultieren. Die Probleme liegen hier in verschiedenen Bereichen: Erstens ist die Zusammenarbeit von Vertrieb und Marketing von Anfang an konfliktträchtig, wie in vielen anderen Teams auch. Beide Abteilungen sind zwar aufeinander angewiesen, gute Arbeit zu leisten und Ergebnisse zu produzieren, jede Abteilung strebt aber auch nach einer gewissen Unabhängigkeit – dieses doppelte Interesse führt schnell zu entsprechender Reibung.

Zweitens ist es Aufgabe der Geschäftsleitung, Klarheit über Kompetenzen, Prioritäten und Spielregeln der Zusammenarbeit zu schaffen. Auch in diesem Fall bezog der Geschäftsführer nicht eindeutig Stellung, obwohl beide Führungskräfte bereits zu weit gegangen waren. Die Geschäftsleitung verpasste es, dem Vertriebsleiter deutlich zu sagen, wo die Grenze zwischen engagiertem Arbeiten und unangebrachter Einmischung lag. Es ist schliesslich Aufgabe des Geschäftsführers, klar zu formulieren, welchen Umgang er unter seinen Führungskräften erwartet und wie Schnittstellen gemeinsam definiert werden können. Da er jedoch keine klaren Regeln aufstellte, versuchte der Vertriebsleiter weiter, sich in den Bereich des Kollegen einzumischen – dieser dagegen fühlte sich von der Geschäftsführung im Stich gelassen.

Drittens wollen sich junge Führungskräfte zu Beginn profilieren – ein durchaus normales Verhalten, wenn sie gerade erst aufgestiegen sind. Auch der neue Vertriebsleiter erhoffte sich Lob und Anerkennung durch die Umsetzung eigener Ideen in einem fremden Bereich; denn effektives Aufbauen auf bereits Vorhandenem konnte seiner Meinung nach nicht als Leistung gewürdigt werden. Um das zu kompensieren, hatten seine Ziele allerhöchste Priorität und die Ziele anderer wurden komplett abgewertet. Auch in solch einem Fall brauchen ehrgeizige Mitarbeiter einen Vorgesetzten, der ihnen Grenzen aufzeigt und verdeutlicht, welchen Schaden sie dem Unternehmen und sich selbst zufügen. Nur wenn sie verstehen, warum eine gute Leistung ausschliesslich als Team erbracht werden kann und erleben, dass dieses Handeln auch belohnt wird, können sie ihre Einstellung ändern.

Viertens gehen Führungskräfte mit einem Anliegen häufig direkt zum Vorgesetzten, um dieses schnell durchzusetzen. Auch der Vertriebsleiter im Beispiel setzte von Anfang an auf eine Win-lose-Strategie: Er wollte den Kollegen dadurch zwingen, seine Ideen zu übernehmen und als dieser sich weigerte, wählte er den Geschäftsleiter als Verbündeten. Sein Ziel war es, auf den Marketingleiter Druck auszuüben, um seine eigenen Einfälle umzusetzen.

Besonders bei eng zusammenarbeitenden Teams wie Marketing und Vertrieb ist es hilfreich, ein jährliches Treffen mit informellen und formellen Anteilen zu veranstalten. Alle besprechen die unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche, die momentane Auftragslage oder planen gemeinsame Ausflüge. Diese Treffen können immer in einer gemütlichen Atmosphäre ausklingen, was gute Auswirkungen auf die Motivation und Identifikation mit dem Unternehmen hat. Ausserdem lernen sich die Teams so persönlich kennen und entdecken neue Seiten aneinander.

Im Falle eines Konflikts ist es am Geschäftsführer, sich klar zu positionieren und Grenzen zu ziehen. Macht er seinen Standpunkt nicht deutlich genug, kommt es zu dem im Beispiel geschilderten Problem und die Fronten verhärten sich. Um den Konflikt schnell zu beseitigen, gilt es, die Sichtweisen beider Seiten herauszustellen und für gegenseitiges Verständnis zu sorgen. Jeder formuliert also seine Sicht der Situation, seine Interessen und Anforderungen; der andere paraphrasiert, was er verstanden hat und erläutert dann seine eigene Sicht. Anschliessend äussert der Geschäftsführer seine Erwartungen: Wie sollen sich die Führungskräfte gegenüber dem anderen verhalten? Was wird als fachliche Aufgabe definiert? Wo sind die Grenzen des Verhaltens, die nicht toleriert werden? Darauf aufbauend ist es sinnvoll, gemeinsame Ziele festzulegen und diese in regelmäs­sigen Feedbackgesprächen auch zu überprüfen.

Generell gilt: Je klarer Schnittstellen definiert sind und je aktiver sich die Führung für ein konstruktives Miteinander einsetzt, desto höher sind die Chancen für gute Zusammenarbeit. Denn nur ein gut funktionierendes Team bringt dem Unternehmen langfristig einen Nutzen – und alle profitieren von der angenehmen Atmosphäre. «

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