Mensch & Arbeit

Arbeitsumgebung

Wie Bürogestaltung Mehrwert schaffen kann

Die Ausgestaltung von Bürogebäuden und Arbeitsplätzen gewinnt an Bedeutung. Denn in Zeiten von Home-Office und digitalen Zusammenarbeitstools ist ein attraktives Büro mehr als nur ein Arbeitsort und wirkt sich nachweislich positiv auf die Mitarbeitermotivation aus.
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Noch nie waren die Möglichkeiten des dezentralen Arbeitens einfacher als heute. Das ist auch der Grund, weshalb die Büroumgebung für die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen zunehmend wichtiger wird. Doch auch das physische Büro verändert sich: Neue technische Möglichkeiten, speziell gestaltete Arbeits- und Ruhebereiche sowie unterschiedliche Arbeitsmodelle bringen neue Anforderungen an eine zeitgemässe Arbeitsumgebung. Gemäss der Studie «Arbeitsmotivation 2019» von Manpower Deutschland finden rund 21 Prozent der Befragten eine ansprechende Gestaltung von Büros und Besprechungszimmern wichtig. 

In der Schweiz dürften die Zahlen etwa ähnlich sein und besonders für jüngere Arbeitsgenerationen tendenziell steigen. Zwar stehen ein gutes Betriebsklima und der Austausch mit den Kollegen bei der Umfrage mit 46 Prozent an oberster Stelle, aber auch mit achtsam gestalteten Arbeitsräumen kann die Motivation der Mitarbeitenden spürbar erhöht werden. Es ist ähnlich wie beim Gratiskaffee: Mit dieser kleinen Geste fühlen sich die Mitarbeitenden wertgeschätzt und beim täglichen Gang zur Kaffeemaschine kommt man mit den Kollegen in Kontakt. 

Ort der Orientierung

Es ist gut möglich, dass die zunehmend orts- und zeitunabhängige Kommunikation und Zusammenarbeit sowie die überall verfügbaren Co-Working-Spaces dazu beigetragen haben, dass sich die Auffassung von einem Büro und Arbeitsplatz in den letzten Jahren verändert hat. Aber auch etablierte Firmen machen die Erfahrung, dass sich eine gemeinsame Cafe­teria oder gemütlich gestaltete Begegnungszonen, in denen sich die Mitarbeitenden austauschen können, letztlich positiv auf die Leistung und Unternehmensergebnisse auswirken. 

Ein prominentes Beispiel war die Firma Yahoo, die erst alle ihre Mitarbeitenden ins Home-Office geschickt hat, um sie sechs Monate später wieder ins Büro zurückzubeordern. Dies mit dem etwas fadenscheinigen Argument, dass man aufeinandertreffen müsse, um gut zusammenzuarbeiten; der Grund dahinter war wohl eher anderer Natur. Daraus lässt sich also nicht schliessen, dass das Home-Office falsch oder schädlich für die Arbeitsmotivation sei. Flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, im Home-Office zu arbeiten, sind wichtige Faktoren in der Vereinbarkeit von Freizeit, Familie und Beruf. 

Der Grund liegt woanders. Je vielfältiger die Arbeitszeitmodelle, umso wichtiger wird die Büroumgebung, da sie den Mitarbeitenden Orientierung und Identifikation bietet. Im heutigen Arbeitsumfeld bedeutet eine zeitgemässe Büroumgebung weit mehr als die räumliche Zusammenführung von Kreativität und Arbeitskraft. Es ist ein Ort der Identifikation und der sozialen Beziehungen. Diese lassen sich auch dazu nutzen, um die Unternehmenskultur zu unterstreichen, zu stärken oder gar zu wandeln. 

Die zeitgemässe Büroumgebung

Physische Räume festigen die Beziehung zwischen den Mitarbeitenden und der Firma. Es gibt gar Fachpersonen, die behaupten, dass Unternehmen künftig auch an der Attraktivität ihrer Räume gemessen werden. Doch was passt nun zum jeweiligen Unternehmen? Ist es ein Einzel- oder Grossraumbüro, Desk-Sharing oder flexibler Arbeitsplatz? Und wie erreicht man eine gesunde Balance zwischen Flächeneffizienz und Lebensqualität, Kommunikation und Konzentration, Transparenz und Privatsphäre? Im Zuge der Digitalisierung ist das Thema so vielschichtig geworden, dass auch die Spezialisten längst kein Patentrezept mehr vorweisen können. Wie geht man ein solches Projekt an und was sind die relevanten Frage­stellungen, um die beabsichtigten Ziel­setzungen zu erreichen? 

Die Büroumgebung spiegelt die Unternehmenskultur.

Zu Beginn hilft es, sich zu überlegen, wie das Unternehmen repräsentiert werden soll. Spiegeln die Büroräumlichkeiten die Unternehmenskultur? Erkennt man beispielsweise, dass hier eine Tourismusgesellschaft arbeitet? Was zeichnet das Unternehmen aus? Aber auch die Bedürfnisse und Anforderungen an ein Büro variieren von Branche zu Branche. Nicht zu allen Unternehmen passt eine verspielte Arbeitsumgebung wie bei Google. Man kann grob zwischen zwei Kategorien von Mitarbeitenden und Unternehmen unterscheiden. Diejenigen, die überall arbeiten können und hierfür nur noch einen Laptop und eine schnelle Internetverbindung benötigen, und jene, die gerne ihren persönlichen Platz haben und denen diese Routine wichtig ist, um produktiv arbeiten zu können.  

Innovation entsteht nicht in Meetings.

Unabhängig von der Branche hat sich jedoch die Unterteilung der Fläche in verschiedene Zonen bewährt. Es braucht sowohl Orte, wo man still arbeiten kann, aber auch Begegnungszonen, die den Austausch und die Zusammenarbeit
unter Mitarbeitern fördern. Je länger, je mehr zeigt sich: Wo Neues entstehen soll, sitzt man nahe beieinander. Räumliche Nähe hat einen positiven Einfluss auf die Entwicklung neuer Ideen, der Austausch unter Gleichgesinnten fördert die Kreativität. Es ist kein Zufall, finden sich in Zürich, New York und Berlin Start-ups in Hubs zusammen. Der Zugang zu Wissen, Ressourcen und der Austausch mit Arbeitskollegen und Gleichgesinnten hilft, Ideen und Projekte voranzutreiben. 

Dabei ist es wichtig, zwischen stillen und lebendigen Zonen zu unterscheiden, wirkungsvolle Massnahmen gegen Lärm einzuplanen und eben Platz für sogenannte Serendipity-Zonen zu schaffen, die die zufälligen Begegnungen und damit den Austausch fördern. Diese müssen nicht gross sein, manchmal reicht es schon, ein Regal oder ein paar Sitzmöglichkeiten hinzustellen, damit sich Mitarbeitende kurz treffen können. Letzteres ist auch ein effektives Mittel, um die Flut von E-Mails oder die Dauer der Meetings zu reduzieren.

Die Bedürfnisse der Mitarbeitenden sind zentral. 

Human-centered Design ist in aller Munde. Im Grundsatz bedeutet dies lediglich, dass die Anforderungen an eine zeitgemässe Büroumgebung von den Bedürfnissen der Mitarbeitenden abgeleitet werden und ihnen somit das wertschätzende Gefühl gegeben wird, ein wichtiger Teil des Unternehmens zu sein. Es geht darum, für Menschen zu gestalten und dabei kreative Ideen zu entwickeln. Die Probleme, die dabei gelöst werden müssen, sind vielfältig. Vorkehrungen gegen Lärmemissionen, eine intelligente Lichtplanung und Pflanzen für ein gutes Raumklima tragen zusätzlich zu einer
angenehmen Büroatmosphäre bei. 

Dass wohnliche und somit am Wohlbefinden des Menschen orientierte Arbeitsumgebungen im Trend sind, bestätigt auch die Studie von Manpower: Rund 20 Prozent der Befragten gaben an, dass sie Pflanzen im Büro schätzen – in der Vorjahresstudie waren es erst 18 Prozent. Gut eingerichtete Arbeitsplätze und schöne Büromöbel erreichten einen Wert von 15 Prozent.

Workshops mit Mitarbeitenden führen zu stimmigen Lösungen.

Grundsätzlich sollte die Bürogestaltung den Bedürfnissen der Mitarbeitenden angepasst werden. Am effizientesten erfolgt dies, wenn die Mitarbeitenden (zum Beispiel eine Arbeitsgruppe) von Anfang an in den Veränderungsprozess miteinbezogen werden. Mittels Workshops werden Themen wie Gestaltung, Strukturen, Layouts, Arbeitsprozesse, Identität, Arbeitsweise gemeinsam erarbeitet. Das Designteam zieht dann Schlussfolgerungen und verortet die Themen in einem Gestaltungskonzept. Damit stellt man sicher, dass die Räume künftig genutzt werden und die Mitarbeitenden motiviert zur Arbeit kommen – dies auch, wenn die neue Arbeitsumgebung bedeutet, dass das geliebte Einzelbüro künftig der Vergangenheit angehört. 

Zudem gibt es einen weiteren Pluspunkt: Ein partizipativer Gestaltungsprozess setzt in einem Unternehmen viel positive Energie frei und fördert die Zusammenarbeit unter den Mitarbeitenden. Auch die Studie zeigt, dass ein gutes Arbeitsverhältnis zu Kollegen und Vorgesetzten für zwei von drei Mitarbeitenden sehr wichtig ist und sich positiv auf die Motivation auswirkt.

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