Mensch & Arbeit

Gesundheitsmanagement I

Massnahmen gegen ­arbeitsbedingten Stress

Arbeitsbedingter Stress und Überlastung können enorm negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit von Mitarbeitern haben. Schlimmstenfalls steht am Ende eines oft schleichenden Prozesses ein Burn-out. Was kann man dagegen tun und wie lässt sich die geistige und psychische Gesundheit von Mitarbeitern fördern?
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Wer kennt nicht den Film «Modern Times» aus dem Jahr 1936? Unvergesslich ist die Szene, in der Charlie Chaplin von einem Fliessband erfasst wird und in einen Wirrwarr grosser und kleiner Zahnräder gerät. Der Mensch ist plötzlich nicht mehr Herr seiner Zeit. Maschinen geben den Takt vor. Früher waren es grosse, stählerne, dampfbetriebene Apparate, heute sind es Computer, Tablets und Smart­phones mit tausenden Tools, die uns tagein, tagaus auf Trab halten. Wir können uns nicht mehr darauf konzentrieren, was wichtig ist. Im Ergebnis verlieren wir ­permanent den Fokus. Sich immer wieder von neuem ins Thema ein­zuarbeiten, reibt einen auf und generiert Stress. ­Nehmen Stress und Überbelastung am Arbeitsplatz überhand, können Mitar­beiter ein Burn-out erleiden.

Unterschätztes Burn-out

Obschon seit einigen Jahren vermehrt offener über Burn-outs aufgrund von Stress und Überbelastung am Arbeitsplatz gesprochen wird, hinterlassen Diskussionen darüber oft einen schalen Beigeschmack. Insbesondere die «alte Garde» der CEO, Geschäftsführer und Direktoren zeigt vielfach wenig bis gar kein Ver­ständnis für dieses Thema. Frei nach dem Motto «Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen» wird der psychischen Gesundheit von Mitarbeitern kaum Aufmerksamkeit geschenkt.

Das grosse Erwachen kommt erst, wenn die Arbeitsleistung (leitender) Angestellter merklich nachlässt oder es Schlag auf Schlag zu langfristigen stress- und überbelastungsbedingten Ausfällen kommt. Plötzlich muss auf die Schnelle eine Person ersetzt werden, ohne dass die Kunden etwas davon mitbekommen. Eine Neu­einstellung und ein krankgeschriebener Mitarbeiter – das geht auch ins Geld. Nicht umsonst klassifiziert die Weltgesundheitsorganisation ein Burn-out offiziell als körperlichen Erschöpfungszustand (s. Box «Weiterführende Links»).

Psychische Gesundheit

Es liegt in der Verantwortung und im Eigeninteresse von Arbeitgebern, sich um die psychische Gesundheit ihrer Mitar­beiter zu kümmern, damit es gar nicht erst zu Burn-outs kommt. Doch was heisst «psychische Gesundheit»? Gemäss der Weltgesundheitsorganisation ist geistiges und psychisches Wohlbefinden die Voraussetzung dafür, dass Menschen ihr Potenzial ausschöpfen, Alltagsstress bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag für die Gesellschaft leisten können. Hierauf wirken zahlreiche sozio­ökonomische, biologische und umweltbedingte Faktoren ein. Gemäss der 1946 gegründeten und im Vereinigten Königreich domizilierten karitativen Organisation «Mind» (siehe Box «Weiterführende Links») sollte eine Per­son bei gutem geistigem und psychischem Wohlbefinden zu Folgendem fähig sein:

  • grundsätzlich von sich selbst überzeugt sein und sich selbst wertschätzen;
  • eine Vielzahl an Emotionen wahr­nehmen und ausdrücken können;
  • Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen und erhalten;
  • sich als Teil der Welt verstehen;
  • produktiv arbeiten und leben;
  • Alltagsstress bewältigen können;
  • sich bei Veränderungen anpassen können.

Ursachen und Massnahmen

Die häufigsten Faktoren, die von Menschen als Stressursache genannt werden, sind Zeitmangel, Termindruck, zu viele Aufgaben, ständige Erreichbarkeit oder Doppelbelastung in Beruf und Familie. Die arbeitsbedingten Faktoren werden oftmals ausgelöst durch zu viele Infor­mationen über eine Vielzahl an Kanälen, die zudem eine Aktion vom Mitarbeiter verlangen. Gemäss WHO definiert sich Stress als ein Zustand der Alarmbereitschaft des Organismus, der sich auf eine erhöhte Leistungsbereitschaft einstellt. Man ist also permanent unter Strom. Was kann man dagegen tun?

Umsetzen

Mitarbeiter müssen den Kopf freibekommen. Sie müssen die Möglichkeit haben, ihre Arbeiten so zu planen und zu orga­nisieren, dass sie diesen gerecht werden können. Man muss Systeme und Arbeitsmethoden etablieren, auf die man sich ver­lassen kann. Das bringt die gewünschte Entspannung und den Fokus auf die Arbeit, die gerade Priorität hat. In diesem Zusammenhang sind klare Aufgabenstellungen, Ressourcenplanung, Priorisierung und Verantwortlichkeiten essenziell, was kurz und knapp die Getting-Things-Done-Methode beschreibt (siehe Box «Weiterführende Links»).

Schulen

Erkennt man, dass alte Methoden und ­Arbeitsweisen zu Stress führen, braucht es eine bewusste Änderung. Manchmal bedeutet dies sogar eine Kehrtwende. Entscheidet man sich dazu, muss dies vorgelebt werden. Führungspersonen stehen hier in der Verantwortung. Sie müssen geschult und darauf sensibilisiert werden. Sie müssen das Vorleben und ihre Mitarbeiter in diesem Prozess aktiv begleiten.

Helfen

Hat man sich erst einmal das Ziel gesetzt, die geistige und psychische Gesundheit der Mitarbeiter zu fördern, muss man im konkreten Fall auch helfen können. Will man hierfür keine internen Ressourcen schaffen, bietet es sich an, diese Aufgaben externen Partnern zu übergeben. Bei Problemen ist schnelle Hilfe enorm wichtig. Ansonsten läuft man Gefahr, bei den ­Mitarbeitern an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Worten sollen auch Taten folgen.

Dokumentieren

Die Ergebnisse aus den umgesetzten Massnahmen sollten möglichst gut do­kumentiert werden. Allenfalls müssen schrittweise Anpassungen vorgenommen werden. Positive Ergebnisse kann und soll man dann wiederum intern und extern kommunizieren. So erkennen die Mit­arbeiter, dass die Unternehmensführung das Thema wirklich anpackt, dass sie Massnahmen umsetzt und konkrete Hilfe bietet. So können Arbeitgeber der Aus­senwelt signalisieren, dass ihnen die geistige und psychische Gesundheit ihrer ­Mitarbeiter am Herzen liegt.

Porträt