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Herz-Kreislauf-Krankheiten vorbeugen

Ohne Herz und Kreislauf läuft gar nichts. Tag für Tag und Jahr für Jahr pumpt das Herz pausenlos Blut durch die Gefässe und versorgt die Organe und das Hirn mit Sauerstoff. Damit das Herz und die Gefässe trotz dieser enormen Belastung lange gesund bleiben, kann man einiges tun.
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Herz-Kreislauf-Krankheiten sind der häufigste Grund für einen Arztbesuch und der zweithäufigste Grund für eine Spitaleinlieferung oder für die Einnahme von Medikamenten. Sie sind in der Schweiz für die meisten Todesfälle verantwortlich. Prozentual haben die durch Herz-Kreislauf-Krankheiten verursachten Todesfälle in den letzten 13 Jahren von 39,7 Prozent auf 35,1 Prozent abgenommen.

Therese Junker, Geschäftsführerin der Schweizerischen Herzstiftung in Bern, erklärt dazu: «Diese Entwicklung ist zwar erfreulich. Beim näheren Hinschauen sieht man aber, dass der Rückgang hauptsächlich modernen Behandlungsmethoden und Medikamenten zu verdanken ist und weniger einem gesundheitsbewussteren Verhalten. Hier liegt ein grosses Potenzial, das man nutzen soll.» Die Hälfte dieser Erkrankungen liesse sich nämlich durch eine Veränderung des Lebensstils vermeiden.

Zu den häufigsten Ursachen von Herz-Kreislauf-Krankheiten gehört die Arteriosklerose. Darunter versteht man krankhafte Veränderungen der Blutgefässe mit Ablagerungen in den Gefässwänden. Arteriosklerose entwickelt sich über die Jahre und behindert mit der Zeit den Blutfluss. In der Folge kann es zu Durchblutungsstörungen kommen. Es können sich Blutgerinnsel bilden, die zu einem Hirnschlag führen, wenn die Blutzufuhr in einem Areal des Gehirns unterbrochen wird oder zu einem Herzinfarkt, wenn sich eine solche Durchblutungsstörung in einem Herzgefäss ereignet.

Einige Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Krankheiten lassen sich nicht beeinflussen: Dazu gehören das Alter, das Geschlecht und die erbliche Veranlagung. «Ein familiäres Risiko besteht, wenn die Mutter vor dem 55. Altersjahr oder der Vater vor dem 45. Altersjahr einen Herzinfarkt oder einen Hinschlag erlitten hat», erklärt Therese Junker. «Die meisten Risikofaktoren lassen sich aber durch ein gesundheitsbewusstes Verhalten ausschalten oder verbessern. Neun von zehn Herzinfarkten und Hirnschlägen werden durch Faktoren beeinflusst, die sich messen und kontrollieren lassen.

Wer seine Risikofaktoren kennt, kann vorbeugen», ergänzt die Expertin. Ein normales Körpergewicht, regelmässige körperliche Aktivität, ausgewogene Ernährung, Nichtrauchen, seelische Ausgeglichenheit und möglichst kein Dauerstress sind die Grundpfeiler für die Herz-Kreislauf-Gesundheit. Wer zudem seinen Blutdruck, seine Blutfett- und Blutzuckerwerte im Griff hat, hat gute Chancen, lange gesund zu bleiben.

Es ist korrekt, dass Frauen zwischen 35 und 64 Jahren seltener als ihre männlichen Altersgenossen einen Herzinfarkt oder einen Hirnschlag erleiden. Deshalb haben sich Medizin und Prävention früher auf Männer konzentriert. Zu Unrecht, wie inzwischen erkannt wurde: Ein Herzinfarkt ist nicht nur Männersache. Zwar sterben mehr Männer vor dem 70. Lebensjahr an Herz-Kreislauf-Krankheiten als Frauen, und vor der Menopause sind Frauen tatsächlich seltener davon betroffen. Nach der Menopause holen Frauen jedoch auf. Heute weiss man, dass sogar erheblich mehr Frauen an den einschneidenden Folgen eines Hirnschlags oder Herzinfarkts leiden als Männer. Deshalb engagiert sich die Schweizerische Herzstiftung auch für die Aufklärung von Frauen. Therese Junker dazu: «Aus Umfragen wissen wir, dass Frauen Krebs, insbesondere Brustkrebs, als ihre grösste gesundheitliche Be­drohung empfinden, selbst dann, wenn Familienmitglieder an Herz-Kreislauf-Krankheiten gestorben sind.»

Raucherinnen und Raucher erleiden viermal häufiger einen Herzinfarkt als Menschen, die dem Glimmstängel entsagen. Je nach Anzahl gerauchter Zigaretten sinkt das Risiko für eine Herz-Kreislauf-Krankheit schon nach fünf rauchfreien Jahren auf das Niveau eines Nichtrauchers. Auch Passivrauchen erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten. Eine Studie aus Chur zeigt, dass das im März des Jahres 2008 eingeführte Rauchverbot in öffentlich zugänglichen, geschlossenen Gebäuden tatsächlich dazu geführt hat, dass die Anzahl Herzinfarkte zurückging.

Ein erhöhter Blutdruck schädigt die Gefässe und fördert Arteriosklerose. Heute weiss man, dass Bluthochdruck der wichtigste Risikofaktor für einen Hirnschlag ist. Die Schweizerische Herzstiftung empfiehlt allen Erwachsenen, den Blutdruck einmal pro Jahr fachgerecht messen zu lassen. Der Blutdruck lässt sich über Veränderungen im Lebensstil gut beeinflussen. Abnehmen bei Übergewicht, Reduktion des Salzkonsums, mehr Bewegung und Nichtrauchen reduzieren den Blutdruck.

Die Ernährung spielt eine gewisse Rolle auf die Blutfettwerte. Ideal ist die mediterrane Ernährung mit viel Gemüse, Salat und Obst. Bei den Fetten sollte Oliven- und Rapsöl tierischen Fetten vorgezogen werden. Besser als das Cholesterin lassen sich die sogenannten Triglyzeride (Neutralfette) über die Ernährung beeinflussen. Triglyzeride werden in den Fettzellen als Energiespeicher abgelagert. Zu viel Fett, Zucker, Süssigkeiten sowie Alkohol lassen die Werte ansteigen. Beim Cholesterin unterscheidet man zwischen dem guten HDL-Cholesterin und dem schlechten LDL-Cholesterin. Während sich das letztere in den Gefässwänden ablagert, sorgt das erstere für den Abtransport. Durch viel Bewegung kann das gute HDL-Cholesterin erhöht werden.

Schon 30 Minuten Bewegung von mittlerer Intensität pro Tag reichen aus, um das Herzinfarkt- oder Hirnschlagrisiko zu senken. Mittlere Intensität bedeutet, dass man etwas ausser Atem und vielleicht sogar leicht ins Schwitzen kommt. Dabei ist es nicht notwendig, die halbe Stunde Bewegung pro Tag am Stück zu absolvieren. Jede körperliche Betätigung von mindestens zehn Minuten Dauer kann über den Tag zusammengezählt werden und trägt dazu bei, körperlichen und psychischen Beschwerden vorzubeugen und Gesundheit, Lebensqualität und Leistungsfähigkeit günstig zu beeinflussen. Die Schweizerische Herzstiftung beurteilt Ausdauer-Sportarten für Herz und Kreislauf als besonders vorteilhaft, weil dabei die Muskeln rhythmisch angespannt und entspannt werden. Dazu gehören Wandern, leichtes Jogging, Walking und Nordic Walking, Velofahren, Schwimmen, Aquafit, Skilanglauf, Turnen, Gymnastik, Tennis, Tanzen und Aerobic.

Erleidet jemand einen Herzinfarkt oder Hirnschlag beginnt der Wettlauf gegen die Zeit. Therese Junker erklärt: «Zeit ist Herzmuskel, Zeit ist Hirn. Je rascher man reagiert, desto höher ist die Überlebenschance und desto eher kann der Schaden begrenzt werden.» Grund dafür ist die Tatsache, dass die Zellen im Areal, das aufgrund eines Herzinfarkts oder Hirnschlags nicht durchblutet wird, absterben. Beim Herzmuskel führt dies zu einer Vernarbung im betroffenen Areal, wodurch der Muskel an Elastizität und Leistungskraft einbüsst. Schnelles Handeln ist beim Hirnschlag noch wichtiger als beim Herzinfarkt, da das Hirn mehr Blut braucht und eine Mangeldurchblutung rasch Schäden und bleibende Lähmungen zur Folge hat. Wichtig ist, dass die Symptome schnell erkannt und sofort die Sanität unter der Nummer 144 alarmiert wird. Bei einem Herzinfarkt wird in einem spezialisierten Herzzentrum das Gefäss mit einem Katheter aufgedehnt oder mit einer Bypass-Operation überbrückt. Beim Hirnschlag ist die Vorgehensweise komplexer. Vorgängig einer Behandlung muss jeweils abgeklärt werden, ob eine Hirnblutung ausgeschlossen werden kann. Denn blutverdünnende Medikamente wären bei einer Hirnblutung fatal. Die Schweizerische Herzstiftung empfiehlt, Patienten mit Hirnschlag in ein Spital einzuliefern, das auf Hirnschlagbehandlungen spezialisiert ist. Die Stiftung engagiert sich seit vielen Jahren in der Aufklärung der breiten Bevölkerung zu den Symptomen und zum Verhalten bei Herzinfarkt und Hirnschlag. Denn die Realität zeigt immer wieder, dass viele Menschen im Notfall überfordert sind und nicht wissen, was sie tun müssen. «

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