Mensch & Arbeit

Personal Branding

Der Unternehmer als Marke

Während Produkte und Dienstleistungen heute austauschbar sind, zählt die Personality von Gründern und Unternehmern umso mehr. Sie macht Entscheider selbst zur Marke – und damit zum Magneten für Kunden, Mitarbeiter und Geldgeber. Der Beitrag beschreibt die wesentlichen Schritte zu einer attraktiven Personenmarke.

Die persönliche Strahlkraft von Gründern und Entrepreneuren kleiner und mittelständischer Unternehmen ist der Grund, warum Kunden sich für einen bestimmten Anbieter statt für einen Mitbewerber entscheiden. Ein Unternehmer, seine Personality und sein Gesicht sollten für seine Kunden untrennbar mit seiner Marke verbunden sein. Deshalb lautet das oberste Gebot – vor allem in Krisenzeiten – Personality first! Denn in schwierigen Zeiten ist die einzige Konstante der Mensch selbst. Er schafft Nähe, Vertrauen und Orientierung. Zeit also, dass sich Unternehmer neben ihren Produkten auch stärker mit dem Thema Personal Branding befassen.

In Szene setzen

Je authentischer und ehrlicher Entscheider und Lenker ihre Personality dabei zeigen, desto mehr Vertrauen setzen ihre Interessenten in das Produkt, die Dienstleistung oder Marke. Wer sich dagegen ganz anders verkauft, als er wirklich ist, bringt die perfekte Fassade bei näherem Kontakt zum Bröckeln; Inszenierung ist daher ein schlechter Ratgeber. Jemand, der sich auf der eigenen Homepage besonders extravagant positioniert, im echten Leben aber eher der konservative Typ ist, enttäuscht schnell die Erwartungen des Kunden und verliert ihn schlimmstenfalls.

Menschen lassen sich nicht wie Produkte eine Persönlichkeit überstülpen. Sie bringen bereits eine eigene mit. Und diese zum Strahlen zu bringen, darum geht es beim Personal Branding. Die Positionierung für den Unternehmer als Marke muss daher – anders als beim klassischen Produktmarketing – immer von innen nach aussen geschehen. Wir setzen bei dem an, was bereits da ist. Es ist wie beim Hausbau: Nur wenn der Bauplan der Positionierung im Einklang mit der Marke-Ich steht, die Strategie ordentlich aufgesetzt ist und die Statik stimmt, gibt es keine bösen Überraschungen beim Bau selbst beziehungsweise der Umsetzung der Marketingmassnahmen.

Die Branding-Architektur

Wie sollten Gründer und Unternehmer nun vorgehen, wenn sie sich selbst als Marke etablieren wollen? Wie sieht das Grundgerüst einer professionellen Positionierung aus? Welcher Ablauf ist sinnvoll? Was im Bauplan nicht fehlen darf, sind folgende Themenräume: die Herkunft, die Identität und das Big Picture/Vermächtnis. Ausserdem lohnt es sich, einen Blick auf die Kittelbrennfaktoren und deren Bedürfnislinderung, auf die eigene Legitimation sowie auf den Markt und die Mitstreiter zur Abgrenzung gegenüber dem Wettbewerb zu werfen.

Die Herkunft

Die Herkunft ist vergleichbar mit der Abstellkammer eines Hauses. Hier stehen viele alte Kartons mit Inhalten, die Menschen nicht sehen wollen, aber auch nicht wegwerfen können. Ein Themenraum, mit dem viele nichts zu tun haben möchten. Doch Zukunft braucht Herkunft. Nur wer sich mit seiner Herkunft auseinandersetzt, erhält die Ansatzpunkte für eine authentische und stimmige Positionierung. Denn vor allem Krisen sind Lebensphasen, die uns stark prägen und implizites Wissen generieren, aus dem häufig unser Lebensthema erwächst. Wirklich erfolgreiche Menschen beherrschen es, diese Erlebnisse zu einem Mehrwert für andere zu transformieren und geeignete Lösungen für ihre Herausforderungen zu liefern.

Die Aufgabe in der Abstellkammer Herkunft lautet: herauszufinden, welchen Erfahrungsschatz Unternehmer aus der eigenen Vergangenheit mitbringen. Um diesen roten Faden zu finden, fragen sie sich am besten, was sie zu dem gemacht hat, was sie heute sind und welche Glaubenssätze und Verhaltensmuster sie besitzen. Ein Millionär, der in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen ist und nun Menschen in finanziellen Notlagen berät, überzeugt durch seine eigene Lebensgeschichte. In Kombination mit seiner eventuell bodenständigen Personality verleiht sein Lebensthema ihm selbst und seiner Dienstleistung Glaubwürdigkeit, Kompetenz und Authentizität.

Die Identität

Die Identität ist das, was wir an Persönlichkeit, Charakter und Kompetenzen mitbringen. Das Ziel: So viel wie möglich über die eigene Wirkung, die Werte, die Mission und Rolle sowie über den Wirkungsgrad herauszufinden. Nehmen Unternehmer zum Bespiel ihre eigene Wirkung und ihre Werte unter die Lupe, können sie auf diese Weise vorgehen:

  • Wirkung: Wie wirken wir auf andere? Wie gehen wir an Sachverhalte heran? Wie kleiden wir uns? Bei der Beantwortung dieser Fragen unterstützt die folgende Übung: Wir definieren zuerst so viele Adjektive wie möglich. Im zweiten Schritt legen wir uns dann auf zehn davon fest. Diese Eigenschaftswörter bilden nicht nur die Grundlage für die persönliche Marke, sondern geben auch Grafikern und Textern das nötige Futter, etwa für die Farb- und Typografieauswahl oder das Layout der Website. So könnte ein Unternehmer, der sich auf aussergewöhnliche Schuhe spezialisiert hat, zum Beispiel seine extravagante Personality betonen und dadurch die Individualität seiner Schuhe unterstreichen. Auf diese Weise könnte er sich von anderen Unternehmern in der Schuhbranche abheben, seine Marke mit der eigenen Persönlichkeit positiv aufladen und ihre Attraktivität steigern.
  • Werte: Um uns auf unsere Werte zu besinnen, sollten wir uns fragen, welche Werte uns im Umgang mit Menschen, mit uns selbst und in der Kommunikation wichtig sind. Für jede der drei Fragen definieren wir am besten fünf Werte, insgesamt also 15 unterschiedliche. Im Anschluss filtern wir daraus die fünf wichtigsten, welche wir gegenüber Kunden und Mitarbeitern leben möchten. Unternehmer, die ihren Werten konform handeln und dies auch nach aussen tragen, können so zur Galionsfigur ihrer Prinzipien werden. So kann ein konsequenter Fokus auf Nachhaltigkeit ein entscheidendes Kaufkriterium für umweltbewusste Interessenten sein.

Big Picture/Vermächtnis

Was ist das eigene «Warum», die Vision, das Langzeitziel einer Unternehmermarke? Sämtliche Marketingmassnahmen sollten auf dieses Langzeitkonto einzahlen. Alles andere ist eine Verschwendung von Energie und Ressourcen und bringt uns vom eigenen Kurs ab. Manche Unternehmer möchten zu den Top-Namen in ihrer Branche zählen, andere wollen sich vor allem in den Dienst einer grösseren Sache stellen oder einfach nur wirtschaftlich unabhängig werden. Jeder Unternehmer sollte sich seiner eigenen Ziele bewusst sein.

Wer zum Beispiel sagt: «Ich möchte etwas beitragen und Teil einer Bewegung sein», der verfolgt einen idealistischen Antrieb, der – um ein Beispiel zu nennen – der Rettung des Regenwaldes dient. Mit einer so persönlichen Vision des Entrepreneurs wird das Unternehmen für Mitarbeiter, Kunden und Bewerber attraktiv, die sich mit dieser Vision identifizieren können. Das Langzeitziel kann ausserdem zur Bindung von Kunden und Mitarbeitern beitragen. Wem es schwerfällt das eigene Vermächtnis zu definieren, wird oft unter Step eins bei der näheren Betrachtung des eigenen Lebensthemas fündig. 

Kittelbrennfaktoren

Viele Kunden stehen vor massiven Herausforderungen – ihnen «brennt so richtig der Kittel». Aus diesem Grund interessieren sie sich für das Produkt oder die Dienstleistung eines Unternehmens. Letzten Endes messen sie die Leistung eines Unternehmers daran, wie gut er ihre Probleme lösen kann. Entscheider müssen sich die Kittelbrennfaktoren ihrer Kunden daher unbedingt bewusst machen: Was lässt die Kunden nachts nicht schlafen? Wie würden sie ihre «Schmerzen» wohl in eigenen Worten formulieren? Wer im Gespräch mit Kunden suggeriert, dass er die Herausforderungen des anderen versteht und lösen kann, gewinnt das Vertrauen des Gegenübers und sorgt für eine enge Bindung und persönliche Nähe. Denn Menschen identifizieren sich leichter über Schmerz als über Glück. Gerade in bewegten Zeiten wie diesen wünschen sich Kunden guten Rat und Support – durch einen persönlichen «Buddy» in Person des Unternehmers. Wer sich seiner Marke Ich bewusst ist und gleichzeitig die Schwierigkeiten seiner Kunden benennen und auf sie eingehen kann, wird auch in einer schwierigen Marktlage erfolgreich sein.

Mit dem Bauplan der Positionierung lässt sich bereits ein entscheidender Teil der Personal-Branding-Architektur sauber zeichnen. Die Grundstruktur muss stimmig sein – erst dann sollte man sich mit Bildern, Farben, Schriftarten und weiteren Details auseinandersetzen. Der Bauherr kommt immer vor dem Innenarchitekten.

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