Bauten werden heute in einem immer kürzeren Zeitraum realisiert, das Tempo ist spürbar gestiegen. Die in allen Branchen feststellbare höhere Dynamik kommt in dem Akronym Vuka zum Ausdruck, das die Megatrends Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz beschreibt. In der Baubranche hat das zur Folge, dass Termin-, Kosten- und Margendruck in den letzten Jahren weiter gestiegen und zur Belastung für die Führungskräfte geworden sind: Sie bewegen sich ständig im Belastungszyklus zwischen Kosten, Terminrealisation und Personalführung.
Zunehmende Belastungen
Den steigenden Termindruck bestätigen vier von fünf Bauarbeitern in der Unia-Bauarbeiterumfrage im Februar 2020. Und 83 Prozent der Bauleiter sind der Meinung, dass Bauherren zunehmend unrealistische Termine verlangen.
Bezüglich Personalführung führen darüber hinaus Generationenkonflikte zu einer Belastung, da sich die Generation Y (Jahrgänge 1985 bis 2000, die inzwischen ein Drittel der berufstätigen Bevölkerung ausmachen) nicht mehr ausschliesslich durch Ansagen und Befehle führen lässt. Sie fordert vielmehr Antworten auf das Warum und sucht eine Sinnhaftigkeit in ihrer Arbeit, was die Führungsaufgabe zeitintensiver macht. Trotz dieser genannten und spürbaren Veränderungen werden Projekte in der Planungs- und Baubranche immer noch nach dem Wasserfallmodell aus den 1960er-Jahren bearbeitet. Dieses be-steht aus einzelnen Bearbeitungskaskaden mit definiertem Start- und Endpunkt, die aufeinander folgen. Diese starre Arbeitsweise lässt weder Flexibilität noch Agilität zu, die in der Arbeitswelt aufgrund der zunehmenden Unsicherheit nötig sind, da nicht mehr akkurat geplant werden kann.
Während in der Baubranche die Unternehmensumsätze in den letzten 15 Jahren um 50 Prozent zugenommen haben, hat sich die Zahl der beschäftigten Bauarbeiter seit den 1990er-Jahren halbiert. Dies ist gemäss der Unia-Baustellenumfrage nicht auf die Automatisierung oder Digitalisierung zurückzuführen, sondern auf Stress und Belastung.
Wenig Schlaf und Zwölf-Stunden-Arbeitstage sind keine Seltenheit, um die grosse Anzahl an täglichen Aufgaben bewerkstelligen zu können. Ein grosser Margen-/Kostendruck ist spürbar und fördert zusätzlichen Stress. In der Unia-Umfrage gaben 55 Prozent der Befragten an, dass die höhere Belastung einen Einfluss auf die Gesundheit hat. 52 Prozent sehen die Arbeitsqualität leiden und 51 Prozent stellen eine Gefahr in Bezug auf vernachlässigte Arbeitssicherheit fest.