Mensch & Arbeit

anavant-Vorstand

Bildung: Bestes Mittel gegen Fachkräftemangel

Seit über 30 Jahren wird in Schule und Wirtschaft über das Problem Fachkräftemangel diskutiert. Die Alterspyramide wird zitiert, der Überhang der in Rente gehenden respektive aus dem Arbeitsleben ausscheidenden Persönlichkeiten und die weniger zahlreich nachkommenden potenziellen Arbeitskräfte aufgezeigt.
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Nachfolgend mit Quelle Bundesamt für Statistik die Alterspyramide der Schweiz per 2027. Diese Auswertung bietet sogar noch die Möglichkeit, sich drei Szenarien aufgrund einer Hypothese betreffend Geburtenziffer, Lebenserwartung 2050 sowie jährlichem Wanderungssaldo anzuzeigen. Nachfolgend das mittlere Szenario (B-00-2020).

Die Ausgangslage wie auch die Überlegungen dazu sind klar. Bildlich gesprochen wurde um 1915 aus der Alterspyramide in Form eines Tannenbaums, dessen Äste bis an den Boden reichen (oder eben einer Pyramide), eine Glocke oder Pfeilspitze mit Schaft. Dies korrigiert sich um 1940 und in den 1960er-Jahren nochmals kurzfristig, danach «hält» sich die neue Form, die weniger Pyramide als eben Pfeilspitze mit Schaft oder – gemäss eigener ­Definition – «Altersflamme» genannt werden kann (vgl. Abbildung). Mit diesem Wissen ist klar und absehbar, dass wir weniger Er­werbstätige im Einsatz haben werden. Dies ist für die Wirtschaft ein echtes Problem.

Demgegenüber stehen diverse gesellschaftliche Entwicklungen, die die Thematik teils verschärfen, teils aber auch entlasten. Verschärfend wirken die Überalterung der Bevölkerung und deren Bedürfnisse in verschiedenste Richtungen (Betreuung und Pflege, Unterhaltung, Aktivitäten et cetera). Umgekehrt führen die Digitalisierung und die damit zu vermutende Verlagerung von Arbeitstätigkeit zu einer Veränderung des Bedürfnisses an Arbeitskräften. Beide Themenfelder sind sehr ausgeprägt und werden uns in den kommenden Jahren beschäftigen. Die Auswirkungen für das Gesundheitswesen, die Einkommensverteilung, Finanzierung der Vorsorge, die staatlichen Aufgaben und Steuern fallen zusätzlich an.

Fachkräftemangel und jetzt?

Etwas überraschend im Sinne der langjäh­rigen öffentlichen Diskussion und des vorhandenen vorgenannten Wissens der «Altersflamme» mutet die Frage nach Aktion der (Fach-)Verbände an. Selbstredend ist diese gesellschaftliche Entwicklung stets präsent. Umgekehrt scheint der Fachkräftemangel für viele Unternehmen erst dann ein Thema zu sein, wenn spezifische, eigene Bedürfnisse nicht mehr (oder nur schwer) abgedeckt ­werden können. So verfügen wir nach wie vor über Stellensuchende, die sich auch nach längerer Zeit auf dem Arbeitsmarkt nicht integrieren konnten. Die sogenannte «Sockelarbeitslosigkeit» basiert auf der Nichtübereinstimmung der Bedürfnisse des Arbeitsmarktes (geforderte Qualifikationen) mit den zur Verfügung stehenden Arbeitskräften. 

Hinzu kommen der «Verlust» an Arbeitskräften durch anderweitige Beschäftigung (insbesondere im Rahmen der Familien- und ­Freiwilligentätigkeit) und die «Nicht-Wieder­einbindung» (oder erst späte Wiedereinbindung) in den Arbeitsmarkt. Dadurch gehen der Wirtschaft viele Arbeitskräfte verloren. Eine frühe Wiedereinbindung (insbeson­dere nebst Familie) verlangt nach entsprechenden Möglichkeiten und Angeboten ­seitens der Wirtschaft (Teilzeit, Homeoffice, aber auch verantwortungsvolle Arbeiten mit geringen Pensen etc.). 

Ein Umdenken tut Not. Der Aufruf an die Verbandslandschaft ist somit einerseits berechtigt, andererseits direkt in der Wirtschaft zu platzieren. Die Aufgabe von Fachverbänden wie anavant oder procure.ch, beides Träger von eidgenössischen Prüfungen, besteht primär darin, die Ausbildungsmöglichkeiten und somit den Wissenserwerb der potenziellen Arbeitskräfte sicherzustellen. Im Falle von anavant erfolgt dies mittels eines Prüfungsangebots (und einer eben in Überarbeitung befindlichen Prüfungsordnung), das den Bedürfnissen der Wirtschaft bestmöglich und zukunftsgerichtet entspricht. 

Im Falle von procure.ch besteht hier nebst dem Prüfungsangebot auch ein umfassendes eigenes Bildungsangebot, das weitere (nicht eidgenössische) Abschlüsse, Zertifi­kate und Diplome ermöglicht. Somit zeigen sich die Verbände als Vermittler zwischen ­Arbeitskräften und Wirtschaft im Sinne des Schliessens einer Wissenslücke. Eine gute Gelegenheit für Quer-, Wiedereinsteigende wie auch Berufsleute, sich stetig weiterzu­bilden.

Blick über den Tellerrand hinaus

Im Rahmen meiner Studien zur Bedeutung und Rolle des Einkaufs bei mittelgrossen ­Unternehmen in der Schweiz (vgl. Kyburz, 2024) wird das Thema Diversität und damit verbunden die Genderthematik aufgegriffen und beleuchtet. Die Feststellung «Gleichberechtigung der Geschlechter ist im Bereich Einkauf ein unterschwellig zu ­berücksichtigendes Thema» (Kyburz, 2024, S. 53) wird hier ausgeführt und auf die entsprechende Dissertation referenziert (vgl. Kyburz, 2023, S. 226). Die bessere und konsequente Berücksichtigung der Möglichkeiten, eine (Wieder-)Einbindung wie auch eine Förderung der Mitarbeiterinnen (vgl. vor­angehende Hinweise zu neuen Rahmen­­bedingungen der Beschäftigungsmöglichkeiten) kann dem Fachkräftemangel entgegenwirken (vgl. dazu Kyburz, 2024b, S. 3). 

Selbstredend gilt dies ebenso umgekehrt, auch Männer sollen die Möglichkeit haben, Karriere und Elternschaft sinnvoll aufein­ander abzustimmen. Eine Veränderung der Rahmenbedingungen wird hier «Wunder» wirken und Unternehmen, die hier fortschrittlich und gesellschaftsorientiert vorangehen, zusätzliche Chancen in Form von qualifizierten Mitarbeitenden bieten.

Und welche Rolle spielen nun die Verbände?

Die Rolle der Verbände als Vertreter der Wirtschaft, der Arbeitgeber, der Arbeitnehmenden, spezieller Interessensgruppen et cetera ist korrekterweise gefragt. Die verschiedenen Blickwinkel auf ein jeweiliges Thema machen eine einheitliche Aussage im Grundsatz schwierig. Daher hier eine Beschränkung auf die Sicht der beiden Verbände anavant und procure.ch. 

anavant als Trägerverband der Ausbildung zur Technischen Kauffrau respektive zum Technischen Kaufmann mit eidgenössischem Fachausweis setzt sich dafür ein, dass das Berufsbild der Technischen Kaufleute aktuell gehalten wird, und ermöglicht den verschiedenen Bildungsanbietern, diese weiterführende Ausbildung anzubieten. anavant setzt sich zudem mittels Verein für die Berufsleute und deren Vernetzung untereinander ein. 

procure.ch als Fachverband für Supply Management ist zugleich auch der Berufsverband für die Einkäuferinnen und Einkäufer. Als Organisation der Arbeitswelt (OdA) stellt procure.ch einerseits die Aktualität der beiden Berufsbilder «Einkäuferin mit eidg. Fachausweis» respektive «Einkaufsleiterin mit eidg. Diplom» sicher. Zusätzlich bietet pro­cure.ch weitere Möglichkeiten zum Erwerb eines Fachausweises (öffentliche Beschaffung, Aussenhandel) an. Im Fokus stehen die Bedürfnisse der Wirtschaft nach dem Motto: «Rund um die Beschaffung die erste Wahl». Beide Verbände führen als Prüfungsträger des SBFI eidgenössische Prüfungen durch und sind um deren Organisation bemüht.

Was haben procure.ch und anavant gemeinsam?

Nebst der vorangehend beschriebenen Verantwortung für die Durchführung der jeweiligen eidgenössischen Prüfungen im Auftrage des SBFI besteht bei beiden Ve­reinen primär die Absicht, deren Mitglieder untereinander zu vernetzen und ihnen ein umfassendes Netzwerk rund um den gewählten oder ausgeübten Beruf zu bieten. Dabei erhalten Quereinsteigende in beiden Organisationen wertvollen Zugang zu Anlässen und Gleichgesinnten. Da sich viele Einkäuferinnen und Einkäufer (Berufsgruppe bei procure.ch) vorgängig kaufmännisch ausgebildet haben, besteht ein direkter ­Zusammenhang bezüglich Vorbildung. Viele Einkaufsverantwortliche haben vorgängig bereits einen TK-Abschluss erarbeitet. So stehen sich die beiden Verbände mit ­absolut unterschiedlicher Ausrichtung doch in einigen Punkten gemeinschaftlich zur Seite. Immer im Interesse der jeweiligen Mitglieder.

Quellenhinweis

  • Bundesamt für Statistik (2023): Alterspyramide der Schweiz, 1860–2050. Onlinequelle: www.bfs.admin.ch/asset/de/
  • 26905514 (abgefragt am: 3.7.2024)
  • Kyburz, Andreas (2024). Stellenwert des Einkaufs. Der Einkauf in mittelgrossen Schweizer Unternehmen, procure.ch, Aarau
  • Kyburz, Andreas (2024b). Diversität im Einkauf bei mittelgrossen Unternehmen der Schweiz. LinkedIn-Artikel 14.3/14. Aarau (2024) – 4
  • Kyburz, Andreas (2023): Bedeutung und Rolle des Einkaufs bei mittelgrossen Schweizer Unternehmen. Qualitative Untersuchung der Herausforderungen und Aufgaben. Dissertation. KMU Akademie & Management AG / Middlesex University London. Linz/London/Erlinsbach

Berufsprüfung ­Technische Kaufleute

Erfolgreicher Abschluss der schriftlichen Prüfungen zur eidgenössischen Berufsprüfung der Technischen Kaufleute.

Vom 20. bis 22. August 2024 fanden in der Messehalle Basel die schriftlichen Prüfungen zur eidgenössischen Berufsprüfung der Technischen Kaufleute statt. An diesen drei intensiven Tagen traten knapp 1100 Kandidatinnen und Kandidaten an, um in insgesamt acht Prüfungen ihr Wissen und ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. 

Die Prüfungen wurden in einer grossen Messehalle durchgeführt, die ausreichend Platz für die Teilnehmenden bot und eine reibungslose Durchführung ermöglichte. Die CSS, ein anavant-Geschäftspartner, hat die Prüfungsteilnehmenden mit Energiespendern unterstützt, wofür wir ganz herzlich danken.

Die Kandidatinnen und Kandidaten sind – wie gewohnt – zu rund 90 Prozent Männer. Leider haben wir auch dieses Jahr nur eine Handvoll Kandidaten aus der Westschweiz. Da gibt es noch ein grosses Potenzial. Mit Unterstützung von 50 Aufsichtspersonen wurde der Prüfungsablauf wie gewohnt sehr gut organisiert. Die Prüfungen verliefen ruhig und ohne besondere Zwischenfälle, was die ausgezeichnete Vorbereitung und Disziplin aller Beteiligten unterstrich.

Die nächsten Schritte für die Kandidatinnen und Kandidaten stehen bereits fest: Im Oktober 2024 finden die mündlichen Prüfungen in Baden statt. Doch zunächst wünschen wir allen eine wohlverdiente Erholung nach diesen anstrengenden Prüfungstagen. Wir drücken die Daumen und wünschen viel Erfolg bei den bevorstehenden mündlichen Prüfungen!

Prof. Dr. Rolf Meyer, Präsident Prüfungskommission

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