Das Prinzip, für eine diverse Kundschaft eine möglichst diverse Mitarbeiterstruktur aufweisen zu müssen, wird mittlerweile von vielen Unternehmen beherzigt. Verständlich, denn die «Sprache des Kunden zu sprechen», ist nicht nur eine Frage des verbalen Ausdrucks, sondern ebenso eine des kulturellen Verstehens. Nachvollziehbar sollte dies auch für den Vertrieb gelten, der ebenso digital aufgestellt sein sollte wie seine technik- und onlineaffinen Kunden. Bei dieser Forderung geht es nicht nur um die beste Technologie im Verkauf, sondern auch darum, von der Zielgruppe als kompetenter Einkaufspartner wahrgenommen zu werden.
Der persönliche Kontakt
Dazu gehört auch, dass die im Verkauf eingesetzten technologischen Methoden in der Lage sind, ein den Kunden genehmes Einkaufserlebnis zu schaffen. Die damit verbundene Customer Journey im B2B ist hier dem B2C-Geschäft sehr vergleichbar. Bevor es zum persönlichen Kontakt mit dem Anbieter kommt, haben die Kunden in der Regel schon einen längeren, eigenständigen Informations- und Vergleichsprozess durchlaufen und dabei entweder schon eine Vorentscheidung oder zumindest eine Vorauswahl der infrage kommenden Angebote getroffen. Mit einfachen Worten: Wenn der Kunde sich meldet, meint er es bereits ernst und ist über erste Sondierungen längst hinaus. Jetzt kommt es auf jedes Wort und jede Handreichung im Verkaufs- und Serviceprozess an.
Insofern wird das persönliche Verkaufen alles andere als wegfallen. Tatsächlich wird es sogar aufgewertet, weil die durch digitale Vorbereitung selteneren persönlichen Kontakte zugleich eine hohe Entscheidungsbedeutung haben. So werden Entscheidungen über erklärungsbedürftige Produkte und Dienstleistungen, komplexe Technologie oder bedeutende Investitionen auch künftig niemals nur im automatisierten Zwiegespräch mit Maschinen getroffen.
Zu beachten ist dabei, dass in diesen Fällen nicht immer nur Verkäufer, technische Berater, Hotline- und Serviceangehörige im Kundenkontakt stehen, sondern, dass alle Mitarbeiter mit Kundenkontakt zum Vertriebspartner von Interessenten und Kunden werden. Jede persönliche Begegnung kann so zum Zünglein an der Waage werden.
Digitale Affinität entscheidend
Dass nicht erst die Qualität der Produkte und der Services, sondern bereits die technologische Faszination im Verkauf vorentscheidend ist, hat auch mit den jungen Einkaufsverantwortlichen zu tun, die den nach und nach scheidenden Babyboomern nachfolgen. Sie sind als sogenannte Digital Natives aufgewachsen, gehen virtuos mit den digitalen Möglichkeiten um und belohnen dies auch bei ihren Geschäftspartnern. Zusätzlich gilt, dass es Anbietern mit einer begeisternden Customer Journey umso leichter fällt, mit guten Argumenten gegen die Mitbewerber zu gewinnen.
Aus diesen Gründen bewegt sich der Verkäufer der Zukunft mit seinem Vertrieb ebenso sicher im digitalen Raum, wie er verkaufspsychologisch versiert und serviceorientiert ist. Diese spezielle Paarung von technologischer und menschlicher Komponente wird den Vertrieb der Zukunft bestimmen.
Partner auf Augenhöhe
Welchen konkreten Weg jedes Unternehmen auf dem Weg in einen von Digitalität und Virtualität geprägten Vertrieb einschlägt, ist dabei keine exakte Wissenschaft. Genau dafür sind die Produkte, die Branchen, die Märkte und die Markteilnehmer zu unterschiedlich. Dennoch kommt es auf einige verbindende, unverzichtbare Merkmale an:
- hochgradige Kundenorientierung,
- die perfekte Customer Journey, die autonomes Einkaufen online und offline zum persönlichen Erlebnis macht,
- der Einsatz modernster Tools und Techniken in Verkauf und Kundenbetreuung,
- Professionalisierung im Vertrieb,
- exzellente interne und externe Kommunikation,
- hohe Digitalkompetenz,
- Führung nach neuesten Standards, die grossen Teamspirit generiert,
- und eine Unternehmensführung, die all dem einen Sinn verleiht und der
- es gelingt, nicht nur bei den Kunden, sondern auch intern Vertrauen zu schaffen.
Bedauerlicherweise ist festzustellen, dass viele Unternehmen noch keine besondere Antizipation von technologischen Entwicklungen im Vertrieb haben und deshalb auch nicht wissen, was heute bereits ein Muss ist und morgen ein Gamechanger sein wird. Vieles, von dem man hört, dass andere es schon nutzen, wird als technische Spielerei abgetan, obwohl es seinen Verwendern bereits Wettbewerbsvorteile einträgt. Ebenso wird die Geschwindigkeit nicht gut eingeschätzt, wie schnell heutzutage digitale Innovationen vom Prototyp zur produktiv eingesetzten Realität werden.
Um unter diesen Vorzeichen zu den Ersten zu gehören, die eine neue Entwicklung einsetzen, muss man sie schon auf dem Schirm haben, sobald sie sich am Horizont zeigt. Deshalb muss es ein gezieltes Scouting der Vertriebsführung nach technologischen Durchbrüchen im VR- und KI-getriebenen Verkaufen geben. Dazu braucht es den Willen und die Wendigkeit, alles spannend Erscheinende umgehend in Denkmodellen und Experimenten auf den Prüfstand zu stellen und bei Bedarf schnellstmöglich und individuell angepasst zu übernehmen.