Marketing & Vertrieb

Kundenbindung

Wie Kundentreue aufgebaut werden kann

Ein grosses Ziel der Kundenbindung ist, Wiederholungskäufe anzustreben. Doch wie wäre es, wenn es darüber hinaus gelänge, eine Kundentreue aufzubauen, dass sogar bessere und günstigere Angebote ausgeschlagen werden, nur um die bestehende Geschäftsbeziehung aufrechtzuerhalten? Der Schlüssel dazu liegt in der Vermittlung der gemeinsamen Werte.
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Wie entstehen Wiederholungskäufe? Es gibt zwei Möglichkeiten, den Kunden dazu zu bewegen: die Vermittlung einer übereinstimmenden Werthaltung und Mani­pulation. Manipulation muss in diesem Zusammenhang nicht zwingend schlecht sein. Im Gegenteil: In gewissen Situationen hat sie ihre Berechtigung. Leider wird eine Manipulation aber nie Kundentreue zur Folge haben. Im Verkauf können gut platzierte Manipulationen zwar zu Wiederholungskäufen führen, die vom Unternehmen gewünschte Loyalität bleibt jedoch aus. Der Unterschied zwischen Wieder­holungskäufen und Loyalität definiert sich wie folgt: Bei reinen Wiederholungskäufen kauft der Kunde wiederholt beim gleichen Anbieter. Ist der Kunde gegenüber dem  Anbieter jedoch loyal, entwickelt er eine echte Kundentreue. Dabei lehnt er bessere Produkte und Dienstleistungen sogar ab, um die Geschäftsbeziehung mit dem bisherigen Anbieter aufrechtzuerhalten.

Die Manipulation

Manipulationen sind mittlerweile zum Normalfall geworden. Warum? Weil sie äusserst erfolgreich sind. Doch schauen wir uns die Manipulationstechniken im Folgenden kurz an:

Preis

Durch Rabatte oder sonstige Preiseinschläge werden Kunden zum Kauf bewegt. Konsequenz ist oftmals ein zer­mürbender Preiskampf in der gesamten Branche und die Gefahr ist gross, dass der Preisrückgang nicht durch Mehraufträge wettgemacht werden kann. Beispiele sind Matratzen- und Pneuhändler, Handys und Heimelektronik.

Zusatzleistungen/Aktionen 

Man verschenkt etwas oder legt noch etwas hinzu, um die Verkaufswahrscheinlichkeit ein wenig zu erhöhen. Ein Beispiel ist Teleshopping. Doch nur die wenigsten Unternehmen verfügen über ein derart ausgeklügeltes Kalkulationssystem, um mit dieser Art der Manipu­lation wirklich Geld zu verdienen. 

Angst 

Man vermittelt dem Käufer glaubhaft, dass es für ihn negative Konsequenzen haben könnte, wenn er ein Produkt nicht kauft. Der Kaufentscheid wird auf Basis einer potenziell eintretenden Gefahr gefällt. Ein Beispiel sind Versicherungen.

Wünsche 

Wir alle kennen Schlagworte wie: «In fünf Schritten zu einem erfüllten Leben», «In nur zwei Wochen zum Traumgewicht» oder «Reich werden über Nacht». Mit solchen oder ähnlichen Aussagen werden die latenten Wünsche und Sehnsüchte der Kunden direkt im Kern an­gesprochen. Grundsätzlich ist auch hier nichts da­gegen einzuwenden, sofern die Produkte und Dienstleistungen halten, was sie versprechen. Beispiele sind Literatur, Fitnesscenter, Gurus.

Gruppendruck 

«Vier von fünf Zahnärzten empfehlen …» Eine solche Aussage zwingt den Käufer zur Überlegung, dass die Profis doch wissen müssen, was gut ist. Denn wer zweifelt schon an der Aussage der Mehrheit der Zahnärzte?! Auch Prominente werden gerne nach demselben Schema eingesetzt. Ganz gewiss möchte man nicht der Einzige sein, der den Ratschlägen von Profis und Promis nicht Folge leistet, denn die müssen es schliesslich wissen … 

Neuerung 

Neuerungen werden gerne als vermeintliche Innovationen verkauft. So war das erste I-Phone sicherlich eine Innovation. Gefolgt sind aber keine wahren Innovationen mehr, sondern gut vermarktete Neuerungen.

Kundentreue und Loyalität

Wenn ein Verkäufer an das Produkt glaubt, verkauft er es mit Leidenschaft. Dies wirkt für den Käufer authentisch und es entsteht Vertrauen. Vertrauen setzt Kommunikation voraus und Kommunikation hat zum Ziel, auf­zuzeigen, dass man die gleichen Werte und Überzeugungen teilt. Gelingt es dem Unternehmen oder dessen Verkauf nicht, Authentizität zu erzeugen, greift es auf die bereits erwähnten Techniken der Manipulation zurück.

Diese Grundlage zeigt schon auf, dass es nicht ausreicht, ein Produkt unter dem Deckmantel von besser oder günstiger an den Mann respektive die Frau zu bringen. Inspiration heisst das Zauberwort, welches direkt auf unser Vertrauen, oder noch etwas genauer auf unser limbisches System im Kopf, einwirkt. 

Elemente des Emotionssystems

Das limbische System bewegt uns dazu, Dinge zu tun, die vorderhand nicht erklär­bar sind. Es kontrolliert unsere sogenannten Bauch­entscheide. Es hat zum Ziel, uns dazu zu bringen, unseren Träumen und un­seren Hoffnungen zu folgen, auf unser Herz und unseren Bauch zu hören und somit auch unsere Komfortzone zu verlassen und Neues zu versuchen. Aus diesem Grund ist es für Verkauf und Mar­keting essenziell, direkt das limbische System anzusprechen.

Den Reiz des limbischen Systems erreicht man durch das gezielte Ansprechen un­seres Emotionssystems, welches sich aus Balance, Dominanz und Stimulanz zusammensetzt. Dipl. Psychologe und Hirnforscher Hans-Georg Häusel zeigt in seinem Buch «Think Limbic» auf, wie man die Macht des limbischen Systems für Management und Verkauf nutzen kann:

Balance (Bindung, Fürsorge)

Die Balance hilft uns, an Gewohntem festzuhalten. Dies ist unter anderem für Bereiche wie Gesundheit und Glaube, Gefahrvermeidung, Sicherheit, Familie und Fürsorge von grosser Wichtigkeit. Je nach Produkt oder Dienstleistungen kann es sinnvoll sein, das Bedürfnis nach Balance gezielt anzusprechen, um Kundentreue hervorzurufen.

Dominanz (Konkurrenz, Verdrängung)

Dominanz beinhaltet unseren Drang nach Macht, Karriere, Durchsetzungsfähigkeit oder Status. Männer sind machtorien­tierter als Frauen. Dominanz ist der Motor für Fortschritt. Das Ansprechen von Dominanz bei eher männerlastigen Produkten und Dienstleistungen kann so­mit sehr Erfolg versprechend sein.

Stimulanz (Entdeckung, Exploration)

Stimulanz unterstützt die permanente Suche nach neuen Reizen. Stimulanz ist die treibende Kraft für Innovation und Kreativität. Je nach Angebot kann die Vermittlung von Neugier und Abwechslung zum gewünschten Kaufentscheid und darüber hinaus zur entsprechenden Loyalität verhelfen.

Die Wertevermittlung

Eine Firma braucht nicht das beste Produkt. Es muss nur gut bis sehr gut sein. Jedes Unternehmen braucht aber eine Antwort auf die Frage, warum sein Produkt oder seine Dienstleistung eine
Existenzberechtigung hat und warum genau es jemand haben möchte. Produkte mit einem klaren Warum geben dem Menschen die Möglichkeit, sich mit ihnen zu identifizieren und somit 
der Welt zu zeigen, woran sie glauben und wer sie sind (siehe dazu auch das Buch: «Frag immer erst: Warum» von Simon Sinek).

Leider geht die Argumentationskette im Verkaufsprozess meist vom «was man tut» zum «wie man es tut». Das Warum, wenn überhaupt, wird erst am Schluss erwähnt. Grund dafür ist, dass nur wenige Unternehmen wirklich in der Lage sind, diese Frage klar und eindeutig zu beantworten. Doch die Menschen kaufen nicht, was man tut, sondern warum man es tut. Also muss die Argumentationskette umgekehrt sein. Am Anfang sollte ein ganz klar definiertes Warum stehen, dann folgt das Wie und zum Schluss, quasi als Ergebnis, das Was.

Damit wir uns richtig verstehen, auch das Was kann in gewissen Fällen bereits zum Kaufentscheid führen. Das Was wird aber auf keinen Fall Loyalität wecken. Und selbst eine saubere Antwort auf die Frage nach dem Wie, also «wie erbringe ich meine Leistung und wie unterscheidet sie sich von derjenigen der Mitbewerber?», reicht noch nicht aus, um Kundentreue zu generieren. 

Nur die wenigsten können definieren, warum sie tun, was sie tun. Mit WARUM ist auch nicht Geldverdienen gemeint. Das ist ein Resultat. Warum fragt nach dem Ziel, dem Beweggrund, dem Glauben und den gelebten Werten. Warum existiert Ihr Betrieb? Was ist Ihr täglicher Treiber? Warum sollte dies jemanden interessieren?

Das Warum ist nicht der einzige Weg zum Erfolg, aber es sichert ihn langfristig. Die Frage ist also nicht, «was sollen wir tun, um konkurrenzfähig zu bleiben», sondern «warum haben wir ursprünglich begonnen, das anzubieten, was wir tun, und wie können wir diese Werthaltung unter Berücksichtigung der neuen Technologien und Möglichkeiten aufrechterhalten».

Die psychologische Erklärung

Grundsätzlich vertrauen wir jenen, welche die gleichen Werte und Ansichten vertreten. Wenn wir uns zum Beispiel in einem fernen Land befinden und aus tausenden von Stimmen plötzlich un­sere Landessprache hören, fühlen wir uns doch sofort in vertrauter Umgebung. Im eigenen Land nähmen wir diese Person nicht einmal wahr, doch hier, fernab von der Heimat, kommen wir allenfalls sogar ins Gespräch mit ihr. Und Gleiches geschieht mit Anbietern von Produkten und Dienstleistungen. Wenn sie uns die Werte und Ansichten vermitteln können, welche wir teilen, entsteht Vertrauen. Sie ziehen uns sozusagen geradezu an.

Die Frage nach den Werten ist keine Ansichtssache, sondern hängt direkt mit der Biologie zusammen. Oder anders formuliert: Entscheide, welche durch unsern Instinkt und unser Urvertrauen gefällt werden, wirken wesentlich stärker und nachhaltiger als solche, welche auf rational hergeleiteten Daten und Fakten beruhen.

Unternehmen, welche uns vermitteln, was sie tun, aber keine Antwort auf das Warum liefern, zwingen uns, Entscheidungen auf rationaler Ebene zu fällen. Dies fällt uns automatisch schwerer und macht uns unsicher, weil das Bauch­gefühl ausbleibt. Unternehmen müssen also unsere Wertvorstellungen treffen und somit das Herz noch vor dem Hirn gewinnen.

Porträt