Marketing & Vertrieb

Fachvertrieb

Wie Fachexperten auch im Verkauf Erfolg haben

Ingenieure und andere Fachleute sind kompetent, kennen ihr Terrain genau und sind meist stark in der Kundenberatung. Oftmals fehlt es ihnen jedoch am vertrieblichen Biss, Neukundengewinnung und Abschlüsse gehören eben nicht zu ihren Kernkompetenzen. Der Beitrag zeigt die fünf wesentlichen Stellschrauben, um auch im Vertrieb erfolgreich zu sein.
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Im Vertrieb arbeiten heute mehr Ingenieure und andere Fachleute als je zuvor. Denn da einfache Produkte in der Regel über Online-Shops vertrieben werden, spielt der beratungs- und kompetenz­orientierte Verkauf eine immer grössere Rolle. Zudem hat im Fachvertrieb der Wettbewerbsdruck so zugenommen, dass immer mehr Vertriebspower aufgebaut werden muss. 


Leitlinien im Verkauf

Doch den Experten fällt ihre Rolle häufig schwer und sie erfüllen sie nur unzureichend. Hier folgen fünf Dinge, die Ingenieure und Fachexperten lernen müssen, um im Vertrieb erfolgreich zu sein.

Verkaufen ist eine ehrenwerte Aufgabe

Das grösste Hemmnis auf dem Weg zum Erfolg im Fachvertrieb sind Vorurteile über Verkäufer. Mit dieser Berufsbezeichnung verbinden viele automatisch den unehrlichen, manipulativen Haustürverkäufer, der alles tut, um einen Abschluss zu bekommen, ganz nach dem «AUA»-Prinzip: Anhauen, Umhauen, Abhauen. Die wenigsten, die sich hinter diesen Vorurteilen verstecken, haben allerdings jemals selbst einen solchen Hardseller erlebt. Und dennoch hält sich diese  Vorstellung hartnäckig. Und sie hält viele Experten davon ab, ihren Job richtig zu machen, also aktiv an der Kundengewinnung zu arbeiten. 

Im fachlichen B2B-Vertrieb ist die Rolle des Vertrieblers jedoch ganz anders definiert, als die «alten Vertreter-Geschichten» suggerieren. Hier sind sowohl Expertise als auch Verkaufsintelligenz gefragt. Kunden sind sich bewusst, dass sie kompetente Ansprechpartner brauchen, um vernünftige Kaufentscheidungen treffen zu können. Warum sonst sollten sie sich die Zeit nehmen, Gespräche mit Anbietern zu führen. Die Realität ist: Nicht nur Verkäufer brauchen Kunden, sondern Kunden sind ebenfalls auf gute Verkäufer angewiesen. 

Beraten ist nicht gleich Verkaufen

Das bedeutet auch, dass es durchaus in Ordnung ist, Firmen auf das eigene Angebotsspektrum aufmerksam zu machen. Professionelle Lieferanten relevanter Produkte zu kennen, ist für Entscheider in Unternehmen wichtig. Marketing und aktiver Vertrieb sind probate, legitime und notwendige Mittel, um potenzielle Kunden zu informieren. Solange es um die fachliche Beratung von Kunden geht, sind die Fachleute in ihrer Komfortzone. Viele Ingenieure beschäftigen sich deshalb gern und ausführlich damit, mit Kunden über technische Lösungen zu sprechen. Das ist auch in Ordnung, schliesslich ist es Teil des Jobs. Mit reiner Beratung allerdings lässt sich noch nicht automatisch etwas verkaufen. Meistens gibt es für diese Leistung nämlich kein Beratungshonorar. 

Was es für die Experten deshalb zu lernen gilt, ist die zielorientierte Vorgehensweise, die so bald wie möglich zu einem Abschluss führt. Jeder Verkaufskontakt muss mit dem Ziel durchgeführt werden, einem Verkauf näherzukommen. Fachleute im Vertrieb befürchten allerdings häufig, zu weit zu gehen, zu viel Druck aufzubauen und den Kunden zu verschrecken. Deshalb ist es wichtig, sich einerseits vertriebliche Ziele zu setzen und diese zu verfolgen und andererseits ein klares «Nein» des Kunden zu erkennen. Nur wer beispielsweise fragt: «Was brauchen Sie noch, um sich entscheiden zu können?», hat eine Chance auf eine positive Antwort. Vertriebler, die jedoch gar nicht erst fragen, gehen unverrichteter Dinge heim. 

Am erfolgreichsten sind Verkäufer, die nicht allein ein ambitioniertes Ziel, sondern auch einen Plan B haben, wenn sie den Kunden besuchen. Mit dieser Strategie sind sie zielorientiert, können aber auch ein «Nein!» oder «Noch nicht!» des Kunden akzeptieren, damit umgehen und trotzdem etwas erreichen. Mit dieser Vorgehensweise können sich auch verkaufskritische Fachleute erfahrungsgemäss gut identifizieren.

Der Kunde steht im Mittelpunkt, nicht das Produkt

Fachexperten wissen naturgemäss viel über ihr Produkt. Der einfachste Weg scheint es deshalb zu sein, dem Kunden Produktspezifika und -vorteile zu erklären und zu hoffen, dass dieser an irgendeinem Punkt «anbeisst». Jedenfalls ist das die Strategie, die von ungeübten Vertrieblern üblicherweise angewandt wird. Diese funktioniert andererseits höchstens durch Zufall. In der Regel schalten Kunden nämlich innerlich ab, wenn sie mit zu vielen Informationen überhäuft werden. 

Fachvertriebler müssen lernen, den Kunden, seine Vorstellungen und seine zu lösenden Probleme in den Mittelpunkt zu stellen. Gekonnte Fragestellung ist deshalb das wichtigste Werkzeug im Verkaufsgespräch. Statt dem Kunden zu
erklären, was seine Vorteile sind, kann dieser eingeladen werden, sie selbst zu entdecken. 

Fragen nach Problemen bringen den Kunden gedanklich in die richtige Richtung. Denn wenn er über die Bedeutung und Konsequenz von existierenden Prob­lemen aktiv nachdenkt, ist er deutlich offener, auch über deren Lösungen zu sprechen. Werden ihm diese nun vom Verkäufer angeboten, kann der Kunde sie leichter in seine individuelle Situation übertragen. Ein wesentlicher Schritt zum Verkauf ist getan. 

Prägnanz bringt mehr als Präzision

Wer in einem technischen Bereich wie dem Ingenieurwesen erfolgreich sein will, muss analytisch und genau sein. Das gehört dazu. Im Verkauf kann dieses Bedürfnis nach Präzision allerdings manchmal hinderlich sein. Detaillierte Erklärungen mögen zwar korrekt sein, nur selten sind sie allerdings für einen potenziellen Kunden attraktiv. Um zu überzeugen, ist es viel wichtiger, anschauliche Beispiele zu erzählen und Bilder im Kopf des Gesprächspartners zu erzeugen. 

Manche Ingenieure neigen ausserdem dazu, der Vollständigkeit halber, auch viele negative Punkte zu erwähnen. Für den Verkauf ist allerdings die Regel nützlich: «Alles, was man sagt, muss wahr sein. Aber man muss nicht alles sagen.» In der Praxis bedeutet das, den Kunden zwar auf für ihn relevante Nachteile hinzuweisen, seltene oder irrelevante Probleme allerdings für sich zu behalten.
Zum Aspekt der Prägnanz gehört es auch, Argumente auf ein Minimum zu beschränken und nur über diejenigen zu sprechen, die den Kunden wirklich interessieren. Um herauszufinden, welche das sind, ist wieder gute Fragetechnik wichtig. Und auch wenn es noch zahlreiche weitere Vorteile gäbe: Drei anschaulich vorgebrachte Highlights überzeugen weit mehr als eine riesige Liste mehr oder weniger relevanter Aspekte. 

Auch Nicht-Techniker sind Entscheider

Besonders schwierig wird es, wenn die Gesprächspartner nicht aus der Technik kommen, sondern zum Beispiel im Einkauf oder der kaufmännischen Geschäftsleitung sitzen. Diese Ansprechpartner werden von den Fachleuten oft als weniger kompetent abgestempelt. Die Begründung: «Sie verstehen meine technischen Argumente nicht.» 

Die Kompetenz dieser Entscheider oder Beeinflusser liegt jedoch auf einer anderen Ebene, die es zu verstehen gilt. Die Aufgabe des Vertrieblers ist es, auch in so einer Konstellation die kundenspezifischen Vorteile herauszuarbeiten. Im kaufmännischen Verständnis liegen diese oft in kurz- oder langfristigen Einsparungen oder einem nachvollziehbaren Return on Invest. Technische Experten müssen hier ihre Kenntnisse erweitern und ihr Argumentarium ausbauen, um auch «Nicht-Fachleute» überzeugen zu können. So haben Einkäufer beispielsweise oft die Aufgabe, Kosten zu senken und Beschaffungsprozesse zu optimieren. Mit dem nötigen Verständnis kann der Anbieter hierbei unterstützen und sich so für den Einkauf interessant machen. 


Fazit

Während die Ausgangssituation oftmals schwierig ist, wenn Ingenieure und andere Fachleute im Vertrieb anfangen, haben sie gleichzeitig sehr gute Voraussetzungen, um in diesem Bereich sehr erfolgreich zu werden. Mit der richtigen Unterstützung, einem neuen Mindset und einem gut gefüllten Verkaufs-Werkzeugkasten können die meisten Fachexperten gute und erfolgreiche Verkäufer werden. Intelligenz und Zielorientierung bringen sie bereits mit, und der Rest ist lernbar. Ohne fachliche Unterstützung geht es allerdings selten. Doch mit auf die Zielgruppe abgestimmter Weiterbildung gelingt die Entwicklung vom reinen Fachexperten zum Fachverkäufer spielend. «

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