«Das Verkaufen wird immer schwieriger.» Diese Klage hört man seit Jahren gehäuft von Verkäufern und ihren Arbeitgebern – zum Beispiel vielen Fachhändlern. Denn im Verkaufsalltag sehen sie sich einer scheinbar übermächtigen Konkurrenz gegenüber: dem Internet. Heute können die Kunden via Internet fast alles kaufen – einfach und bequem sowie häufig günstiger als im Fachhandel.
Motivationskiller Internet
Entsprechend lustlos gehen viele Verkäufer ihrem Job nach. Kaum betritt ein Kunde den Laden, unterstellen sie ihm: «Der will sich ohnehin nur informieren und dann im Internet kaufen.» Also bemühen sie sich auch nicht um ihn. Ähnlich agieren viele Dienstleister wie Handwerker. Denn sie werden heute oft mit Anfragen von «Schein-Interessenten» für ihre Leistungen überschwemmt. Also geben sie sich kaum noch Mühe mit dem Erstellen und Nachfassen von Angeboten, da sie den meisten Anfragern unterstellen: «Der will sich ohnehin nur über den Preis informieren. Und wenn dieser etwas höher ist als der der Konkurrenz, dann erhalte ich den Auftrag ohnehin nicht.» Verkäufer, die so unmotiviert ihrem Job nachgehen, werden nie Spitzenverkäufer, die Top-Umsätze erzielen. Dabei besteht zu einer solchen Einstellung und Haltung kein Anlass – obwohl dem Fachhandel mit dem Online-Handel ohne Zweifel eine mächtige Konkurrenz erwachsen ist. Dies schmälert zwar die Umsätze vieler Fachhändler, die sich noch nicht auf die Marktveränderungen eingestellt haben. Doch der Beruf des Verkäufers? Er erfuhr durch den Siegeszug des Internets zwar einen Funktionswandel, doch seine Bedeutung wuchs durch die Online-Konkurrenz. Denn zweierlei kann der Online-Handel nicht oder nur sehr bedingt:
- dafür sorgen, dass der Einkauf für den Kunden zu einem Erlebnis wird. Und:
- den Kunden bei seiner Kaufentscheidung begleiten und beraten.
Einkaufserlebnis schaffen
Der Erlebniswert eines Einkaufs für den Kunden wird von vielen Faktoren beeinflusst – zum Beispiel dem Geschäftsumfeld, der Ladengestaltung, dem Warensortiment, der Präsentation der Ware. Die beste Ladengestaltung nutzt einem Fachgeschäft und -händler aber wenig, wenn die Verkäufer in dem Geschäft Lustlosigkeit ausstrahlen und sich im Kundenkontakt so verhalten. Dann bleiben mit der Zeit die treusten Kunden fern. Umgekehrt gilt: Macht den Verkäufern ihr Beruf Spass und vermitteln sie den Kunden durch ihr Auftreten und Verhalten «Ich interessiere mich für Sie als Mensch», dann verzeihen die Kunden dem Geschäft auch gewisse Defizite – beispielsweise beim
Sortiment.
Wenn es darum geht, dass der Einkauf für den Kunden zu einem emotionalen Erlebnis wird, spielt der Mensch die zentrale Rolle. Denn ein Computerprogramm kann einen Kunden zwar auch mit einem «Guten Tag» oder «Herzlich willkommen» begrüssen – doch nie so persönlich wie ein Verkäufer, der dem Kunden mit einem strahlenden Lächeln gegenübertritt. Ein Computerprogramm kann sich zwar auch nach den Bedürfnissen des Kunden erkundigen – doch nie so individuell wie ein Verkäufer, der sich tatsächlich für den Mensch Kunden interessiert.
Und ein Computerprogramm kann einen Kunden, wenn er sich zum Beispiel für den Kauf eines Paars Schuhe oder einer Waschmaschine entschied, zwar auch loben: «Da haben Sie eine gute Wahl getroffen. Herzlichen Glückwunsch!» – Doch diese Worte haben auf dem Bildschirm oder von einem Computerprogramm gesprochen eine viel geringere Wirkung, als wenn dies ein Verkäufer sagt, dem der Kunde vertraut. Und schon gar nicht kann ein Computerprogramm wie mein Lieblings-Italiener, bei dem ich regelmässig einkaufe, Kunden freudestrahlend mit solchen Worten begrüssen wie: «Na, Herr Vogel, sind Sie auch wieder im Land? Wie viele Stunden haben Sie denn diese Woche auf der Autobahn verbracht?» Und ihnen so das Gefühl vermitteln: Ich werde als Person wahr- und ernstgenommen.
Diese Pluspunkte gilt es heute im stationären Verkauf auszuspielen, denn dann wird der Einkauf für den Kunden zu einem emotionalen Erlebnis, so dass er nicht nur gerne kauft, sondern auch Stammkunde wird. Deshalb ist das emotionale Verkaufen heute für den Verkaufserfolg so wichtig. Denn letztlich ist es die Begegnung Mensch – Mensch, die den zentralen Unterschied zwischen dem Online-Handel und dem stationären beziehungsweise Präsenzhandel ausmacht.
Den Kunden begleiten
Hinzu kommt ein weiterer Unterschied. Wenn man heute beispielsweise
- Fenster für ein Haus kaufen oder
- sich gesund ernähren oder
- sein Geld sicher anlegen
möchte und die entsprechenden Suchbegriffe bei Google eingibt, dann wird man mit Infos zu diesen Themen nahezu erschlagen. Und die Infos sind in der Regel nicht nur so vielfältig und detailliert, sondern auch widersprüchlich, dass man nach ihrer Lektüre als Laie beziehungsweise Kunde, der das Produkt oder die betreffende Leistung nur selten kauft, noch ratloser ist:
- Was ist für mich die beste Lösung? Und:
- Für welches Angebot soll ich mich entscheiden?
Deshalb wünschen sich viele Kunden, wenn sie ein erklärungsbedürftiges Produkt kaufen möchten und /oder die Wahl zwischen einer Vielzahl möglicher Angebote oder Problemlösungen haben, einen Einkaufsberater an ihrer Seite – einen Berater, dem sie vertrauen und der sie in ihrem Kaufentscheidungsprozess führt und begleitet. Bei den beratungs- oder erklärungsbedürftigen Produkten kann es sich um die unterschiedlichsten Dinge handeln – zum Beispiel:
- ein hautverträgliches Parfüm,
- eine bequeme und atmungsaktive Wanderhose für jedes Wetter,
- eine Kaffeemaschine, die einen 1A-Expresso macht und wenig Wartung braucht,
- eine Wärmedämmung für das Haus,
- eine Lebensversicherung.
Bei all diesen Produkten wünschen sich Menschen meist einen Einkaufsberater an ihrer Seite.