«Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige» – so Seneca bereits vor über 2000 Jahren. Anders ausgedrückt: «Ohne Ziele keine Treffer!» Wer sein Vertriebsschiff in den sicheren Abschlusshafen manövrieren will und sich auch bei stürmischer See gegen die Konkurrenz im Kampf um den Kunden bewähren möchte, benötigt konkrete Ziele – und die Kompetenz, diese Ziele für alle Mitarbeiter motivierend zu formulieren.
Evaluation als Fundament
Grundlage ist die sinnstiftende Vision, die in groben Zügen absteckt, welchen Kurs das Unternehmen einschlägt. Die Vision gibt Orientierung, fungiert als Leitstern, dem die Menschen gerne folgen, und führt zu Stabilität und Sicherheit. Aus der Unternehmensphilosophie folgen die Unternehmensziele, die wiederum die Bereichsziele und schliesslich die Abteilungsziele bestimmen. In einem weiteren Schritt lassen sich aus den Abteilungszielen die Mitarbeiterziele ableiten.
Die im wahrsten Sinne des Wortes «zielgeleitete» Vorgehensweise erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich in den kleinteiligen Mitarbeiterzielen die übergeordneten Unternehmensziele widerspiegeln. Das gesamte Unternehmen wird vom Geist konsequenter Zielsetzungen durchströmt. Nun muss noch die Aufgabe geleistet werden, die Ziele mit präzisen Kennzahlen zu unterlegen, damit Ziele präzisiert und nachprüfbar gemessen werden können. Die Evaluation stellt das sichere Fundament dar, auf dem der Verkaufsleiter Entscheidungen treffen und Veränderungsprozesse in Gang setzen kann. Der Kreislauf von Vision, Zielen und Kennzahlen schliesst sich.
Verantwortungsvolle Verkaufsleiter handeln und entscheiden nach dem Motto «Miss es – oder vergiss es». Dies bildet die Grundlage für ein Controllingsystem, das vom Verkaufsleiter als ganzheitliches Führungs- und Steuerungskonzept eingesetzt werden kann. Wobei es natürlich denkbar ist, diese Grundsätze auf andere Abteilungen zu übertragen.
Kennzahlen nutzen
Bleiben wir beim Vertrieb: Verkaufsleiter tendieren oft dazu, Kennzahlen zu isoliert zu betrachten. Das birgt Gefahren. Dazu ein Beispiel: Ein Verkaufsleiter will für einen Top-Kunden eine kundenindividuelle Strategie entwickeln. Wenn er dazu nur eine oder wenige Kennzahlen heranzieht, läuft er Gefahr, die falsche strategische Richtung einzuschlagen.
Erst wenn er, zum Beispiel, weiss, welches Bestellvolumen im Vorjahr und welches Bestellvolumen im aktuellen Jahr relevant ist, welches Bedarfsvolumen besteht und welcher Deckungsbeitrag sich bei welcher Preisentwicklung ergibt, und erst wenn er überdies weiss, wie es um die Kundenzufriedenheit bestellt ist und wie gross die Gefahr des Abwanderns zur Konkurrenz ist, kann er entscheiden, wie er vorgeht.
Das komplexe Beispiel belegt, dass einzelne Zahlen über wenig Aussagekraft verfügen. Sie müssen vielmehr in ein Verhältnis zueinander gesetzt und im Zusammenhang beurteilt werden. Gelingt dies, ist der Nutzen enorm: Denn dann sind fundierte und durch Zahlen belegbare strategische und operative Entscheidungen möglich. Der Verkaufsleiter kann auf einer sichereren Grundlage entscheiden, welcher Bestandskunde gehalten werden soll und welcher nicht oder bei welchen Kunden eine Investitionsstrategie angeraten ist.
Die Balanced Scorecard
Grundlage eines wirkungsvollen Kennzahlensystems kann die Balanced Scorecard (BSC) sein. Sie ist ein Instrument, mit dem der Verkaufsleiter die Vertriebsvision und -strategie in transparente Zie-le, konkrete Meilensteine, detaillierte Aktionsprogramme und Vertriebsmassnahmen giessen kann. Dabei werden die Ziele aus den vier Ebenen des strategischen Managements abgeleitet: Finanz-, Kunden-, Prozess- und Mitarbeiterperspektive.
Die BSC und die Auseinandersetzung mit ihr sind für den Verkaufsleiter so wichtig, weil er mit allen vier Perspektiven zu tun hat, also mit Finanz-, Kunden-, Prozess- und Mitarbeiterperspektive gleichermassen. Denn es geht um zufriedene Shareholder und das Erreichen der Unternehmens- und Ertragsziele, um begeisterte Kunden und um effektive Vertriebsprozesse und Abläufe, mit denen der Verkaufsleiter und seine Teams den Kundenanforderungen gerecht werden.
Eine unter dem strategischen Gesichtspunkt herausragende Rolle spielen im Rahmen der BSC Kennzahlen, die als Frühindikatoren fungieren. Wenn der Spätindikator Umsatz nicht stimmt, ist es meistens zu spät, um rechtzeitig gegenzusteuern. Mit Frühindikatoren hingegen lassen sich die Ergebnisse von morgen messen: Sie weisen in der Gegenwart auf Entwicklungen hin, die in der Zukunft liegen.
Typische Frühindikatoren sind die Kundentermine pro Mitarbeiter, das durchschnittliche Angebotsvolumen, aber auch die in Magazinen und Zeitschriften der Zielgruppe veröffentlichten PR-Berichte. Wenn sie darauf hinweisen, dass sich der Stern des Unternehmens in der Ziel- und Kundengruppe im Sinkflug befindet, ist ein strategisches Umsteuern dringend erforderlich.
Die Akquisition optimieren
Den Nutzen von Kennzahlen belegt der Blick auf zwei Aktivitäten, die für jeden Verkaufsleiter von elementarer Bedeutung sind: die Neukundenakquisition und die Mitarbeiterführung. Beginnen wir mit der Akquisition: Aus der Vielzahl so wichtiger Kennzahlen wie etwa Anzahl der Leads, Qualität der Leads, Terminquote, Abschlussquote, durchschnittlicher Auftragswert, Kauffrequenz sowie den Angaben zum Buying Center und den Ergebnissen der Bedarfsanalyse ergibt sich ein turbulenter Mix an Zahlen. Die ordnende Aufgabe des Verkaufsleiters besteht darin, deren Bedeutung zu interpretieren.