Marketing & Vertrieb

Dienstleistungsqualität

Was Kundenzufriedenheit mit Mitarbeiterzufriedenheit zu tun hat

Gerade in Dienstleistungsbranchen hat die Zufriedenheit der Mitarbeitenden einen grossen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit und damit auf die Profitabilität. Und das umso mehr, je höher die Intensität der Kommunikation zwischen Mitarbeitenden und Kunde ist. Der Beitrag zeigt den Zusammenhang zwischen Dienstleistungsqualität und Kommunikationspsychologie.
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Kundenzufriedenheit ist eines der wichtigsten Qualitätsmerkmale für einen erfolgreichen Dienstleister. Um die Kundenzufriedenheit zu messen, investieren Dienstleister oft viel Geld und zeitlichen Aufwand in Kundenbefragungen. Die Messung von Kundenzufriedenheit ist bei Dienstleistungen schwierig, da nicht ein Produkt mit eindeutig definierbaren Kriterien wie Geschwindigkeit, Anzahl Sitzplätze oder Radgrösse, sondern eine subjektive Wahrnehmung von Kunden erfasst wird. Diese subjektive Wahrnehmung der Kunden ist wiederum von sehr vielen Faktoren abhängig, wird aber entscheidend von der Kommunikation zwischen den Personen des Dienstleistungserbringers und den Kunden beeinflusst.

Klaus (in: Nerdinger, 2011) unterteilt Dienstleistungen nach dem Grad der Interaktion (Inten­sität der Kommunikation) zwischen Dienstleister und Kunden beim Erbringen der Dienstleistung. Bei Dienstleistungen mit niedriger Interaktion zwischen den beiden Akteuren werden meist Werkzeuge oder Maschinen zur Erfüllung der Dienstleistung eingesetzt. Ein Beispiel dafür ist der Service oder die Reparatur bei einem Fahrzeug. Die Interaktion beschränkt sich in diesem Fall auf die Annahme des Auftrags, eine kurze Beratung und die Auslieferung des Fahrzeugs. Bei problemorientierten Dienstleistungen wie z. B. beim Erfüllen von IT-Dienstleistungen stehen die Anforderungen und Wünsche der Kunden im Vordergrund, die Qualität der Interaktion hat einen entscheidenden Einfluss auf die erfolgreiche Implementierung der IT-Lösung und schlussendlich auf die Kundenzufriedenheit.

Heskett et. al. haben 1994 das Konzept der «Service Profit Chain» entwickelt (Friedemann Nerdinger, 2011). Ihre zentrale Vermutung besagt, dass die Mitarbeitendenzufriedenheit einen positiven Einfluss auf die Kundenzufriedenheit hat. Zufriedene Kunden binden sich wiederum an den Dienstleister, was Ertragswachstum und mehr Profitabilität bedeutet. Weiter beschreibt das Konzept, dass der zentrale Kern für die Mitarbeitendenzufriedenheit die interne Servicequalität (Arbeitsbedingungen, Möglichkeiten für die Personalentwicklung, IT-Support etc.) ist und dass zufriedene Mitarbeitende ein qualitativ besseres Verhalten gegenüber den Kunden aufweisen. Zufriedene Mitarbeitende fühlen sich auch stärker an das Unternehmen gebunden, was sich positiv auf die Fluktuationsrate auswirkt. Für dieses ursprünglich theo­retische Konzept sind unterdessen viele empirische Belege entstanden. Somit ist empirisch gut untersucht, dass Mitarbeitendenzufriedenheit mit grosser Wahrscheinlichkeit eine Erhöhung der Profitabilität bewirkt.

Bei der Interaktion der Mitarbeitenden mit Kunden kommen neben der öko­nomischen Komponente (Geld für eine Problemlösung) einige psychologische Komponenten hinzu (Nerdinger, 2011). Dabei geht es um Kommunikationspsychologie und um das Erleben und Verhalten der beiden zentralen Akteure, was ein Thema der Psychologie der Dienstleistung ist. Zum Gebiet der Psychologie der Dienstleistung gehören im Weiteren Teile der Arbeits-, Organisations-, Wirtschafts- und Sozialpsychologie. Ein scheinbar banales Erleben und Verhalten ist aus psychologischer Sicht also höchst komplex.

Probleme verbinden

Möchte ein Kunde eine neue Lösung für sein ERP-System, so evaluiert er unter verschiedenen Anbietern den für ihn geeignetsten. Ökonomisch gesehen geht es dabei um den Tausch von Geld gegen eine Problemlösung (Einführung eines ERP-Systems, um damit mehrere nicht vernetzte IT-Plattformen abzulösen). Nerdinger (2011) hat dafür das Modell der Dienstleistungsdyade, welches diese Zusammenhänge darstellt, entwickelt (siehe Abbildung).

Die verbundene Linie deutet an, dass das Problem dem Kunden gehört. Der evaluierte IT-Dienstleister hat den Auftrag, das Problem zu lösen, was der gerichte­­te durchgezogene Pfeil darstellt. Der Dienst­leister ist aber auf die Zusammenarbeit mit dem Kunden angewiesen, was der gestrichelte Pfeil zeigt. Dieses Merkmal für die Dienstleistungserbringung wird als Ko-Produktion bezeichnet (Nerdinger, 2011). Der Dienstleister kann nur erfolgreich sein, wenn sein Kunde kooperiert, d. h. die notwendigen Informationen zur Verfügung stellt und seinen Anteil der Arbeit auch erfüllt. Um dies zu gewährleisten, ist eine intensive Kommunikation zwischen Dienstleister und Kunde notwendig. Diese Interaktion wird durch den wechselseitigen Pfeil veranschaulicht.

Die Erwartungen der Kunden sind bereits für die Vergabe eines Auftrags entscheidend, denn sie werden den Auftrag an den Anbieter vergeben, von dem sie sich die bestmögliche Erfüllung ihrer An­forderungen versprechen (Nerdinger, 2011). Die Erwartungen der Kunden nehmen unterschiedliche Formen an, sie hängen vor allem von ihren Erfahrungen, den Ansprüchen oder auch von ihrem Vorstellungsvermögen ab.

Für die Anbieter von Dienstleistungen sind die Erwartungen der Kunden sehr wichtig, weil sie die (wahrgenommene) Dienstleistungsqualität mit ihren Erwartungen vergleichen. So kann es sein, dass unerfahrene Kunden eine Dienstleistung als ausgezeichnet bewerten und sehr anspruchsvolle Kunden die gleiche Dienstleistung als mangelhaft betrachten. Dieser Effekt wird als Diskonfirmationsparadigma» bezeichnet.

Branchenübergreifend richten sich die Erwartungen der Kunden vor allem auf die Mitarbeitenden des Dienstleisters. «Zuverlässigkeit, Entgegenkommen, Kom­petenz, Zuvorkommenheit, Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit sind alles persönliche Eigenschaften, die von den Mitarbeitenden zu erfüllen sind» (Nerdinger, 2011, S. 100).

Um seinen Auftrag und die damit verbundenen Ziele erfüllen zu können, muss ein Dienstleister auf den Kunden einwirken, was als soziale Interaktion bezeichnet wird. Jones und Gerard haben vier unterschiedliche Formen der Interaktionen beschrieben (Nerdinger, 2011). Bei der problemorientierten Erbringung von IT-Dienstleistungen trifft nach dem Konzept von Jones und Gerard am ehesten die wechselseitige Interaktion auf. Bei dieser Art von Kommunikation verfolgen beide Interaktionspartner ihre Ziele. Der Integrator des ERP-Systems muss darauf achten, dass alle Funktionen gemäss Lastenheft korrekt implementiert werden und dass er alle dafür notwendigen Informationen rechtzeitig erhält. Der Kunde wiederum muss die geforderten Informa­tionen liefern und auch Vorarbeiten zeitgerecht erfüllen. Damit diese Ziele für beide Parteien erfüllt werden, sind intensive Interaktionen notwendig.

In der Kommunikation zwischen Dienstleister und Kunde bildet der Effekt der emotionalen Ansteckung (Nerdinger, 2011) einen sehr wichtigen Aspekt. Dieser Effekt zeigt, dass die emotionale Ausdrucksfähigkeit und die Gefühlsdarstellung des Dienstleisters einen ganz wesentlichen Einfluss auf die wahrgenommene Dienstleistungsqualität hat. Die emotionale Ansteckung wirkt sich selbst auch in kritischen Situationen positiv auf die wahrgenommene Dienstleistungsqualität aus, was z. B. in einem Eskalationsmeeting, in welchem der verantwortliche Projektleiter eine sehr ernste Miene aufsetzt, zum Tragen kommt. Damit ist die emotionale Ansteckung auch ökonomisch relevant.

Die richtige Personalauswahl ist für Dienstleister besonders wichtig. Fehlbesetzungen können immer hohe direkte Kosten verursachen (Nerdinger, 2011). Zudem hat die Einstellung von ungeeignetem Personal bei Dienstleistern hohe indirekte Kosten, da das Image und die Kundenbindung darunter leiden und sich dabei die Fluktuationsrate erhöht.

Mit dem Fünf-Faktoren-Modell (Costa, McCray) lassen sich mit der «Emotionalen Stabilität», «Verträglichkeit» und «Gewissenhaftigkeit» drei Faktoren bestimmen, welche signifikant (nachweislich) mit der Kundenorientierung bzw. mit der Leistungsorientierung von Kandidatinnen und Kandidaten korrelieren.

Im Dienstleistungsbereich hat die Führung der Mitarbeitenden eine besonders hohe Bedeutung. Für Dienstleister hat sich vor allem das Konzept der transformationalen Führung bewährt (Nerdinger, 2011). Bei der transformationalen Führung wird die normale Anstrengung der Mitarbeitenden zu extra Anstrengungen transformiert. Bei der transformationalen Führung kommen im Wesentlichen vier Techniken zum Einsatz. Durch emotionale Appelle und den idealisierten Einfluss durch die Führungskraft wird das Bewusstsein der angestrebten Ziele gesteigert, werden erreichbare Aufgaben vermittelt, das kritische Hinterfragen von sich selbst und der Organi­sation gefördert und die Mitarbeitenden individuell bei ihren beruflichen Herausforderungen gefördert.

Ableitend aus der «Service Profit Chain» (Nerdinger, 2011) ist der zentrale Faktor für einen erfolgreichen Dienstleister die interne Servicequalität. Unternehmen sind also gut beraten, wenn sie zuerst in die interne Servicequalität investieren, um zufriedene Mitarbeitende zu haben. Zufriedene Mitarbeitende sind dann der Schlüssel zum unternehmerischen Erfolg, da sie dafür verantwortlich sind, dass die Kunden gut bedient werden und zufrieden sind. In der Personalführung kann mit der Methode der transformationalen Führung die Motivation und Leistung der Mitarbeitenden erhöht werden. «

 

Literatur

Nerdinger, F. W. (2011). Psychologie der Dienstleistung. Göttingen: Hogrefe. Nerdinger, 

F. W., Blickle, G. & Schaper, N. (2008). Arbeits- und Organisations-psychologie. Heidelberg: Springer.

Schuler, H. (2000). Psychologische Personalauswahl (3. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.

Porträt