Ja
Lautet die Antwort «Ja», gilt es, herauszufinden, wie hoch der Rabatt sein müsste, um den Zuschlag zu erhalten. Mit diesem Wissen bleiben nur noch zwei weitere Möglichkeiten:
- Der Verkäufer ist nicht bereit, zu einem derart niedrigen Preis zu verkaufen. Einen Rabatt einzuräumen, hätte keinen Nutzen und würde die Position für eventuelle zukünftige Gespräche schwächen.
- Der Verkäufer ist bereit, den Deal anzunehmen. Nur in diesem einen Fall ist ein Rabatt sinnvoll.
Auf die Frage, «Würde ein Rabatt etwas ändern?» ist in drei von vier Fällen ein Rabatt absolut sinnlos und nur in einem von vier Fällen hat es einen Nutzen, einen Nachlass einzuräumen. Stochastisch und realistisch gesehen, fällt die Situation noch drastischer aus, denn in nur zehn Prozent aller Fälle macht ein Preisnachlass den entscheidenden Unterschied.
Verkäufer geben in fast allen Kundengesprächen einen Rabatt. In nur einem von 100 Gesprächen wird keinen gewährt und nur, wenn der Angebotspreis so tief ist, dass keine Möglichkeit mehr dazu besteht. Und dieser Fakt führt zu dem
Irrglauben, dass Rabatte die Erfolgschancen erhöhen. Es ist eine Frage der Wahrscheinlichkeiten: 99 Versuche mit Rabatt versus einen Versuch ohne Rabatt. Das erweckt den Eindruck, durch Rabatte höhere Erfolgschancen zu haben. Ist das wirklich so?
Preis ist nicht entscheidend
Die Autoren behaupten: Der Preis ist in der absoluten Mehrheit der Verhandlungssituationen nicht entscheidend. Am Markt gibt es viele Produkte unterschiedlicher Lieferanten, die in ihrer Güte absolut vergleichbar sind, zum Beispiel Kopierpapier (weiss, recycling, 80 g /m²). Wenn der Preis entscheidend wäre, müssten alle beim selben Lieferanten kaufen, bei dem mit dem günstigsten Preis. Der Umstand, dass es sehr viele Lieferanten für exakt dieses Kopierpapier gibt, die mit unterschiedlichen Preisen arbeiten, beweist: Der Preis ist nicht entscheidend. Teilweise sind für ein und dasselbe Produkt in ein und derselben Qualität Preisunterschiede von bis zu 500 Prozent realisierbar. Das Gleiche gilt für alle Commodities – standardisierte, absolut austauschbare Handelsware: Papier, WC-Papier, Kaffee, Getränke, Strom, Wasser und so weiter.
Warum zum Beispiel kaufen Konsumenten eine bestimmte Kaffeesorte? Wegen des Geschmacks? Oder des Gefühls, das man mit der Marke verbindet? Beides stimmt. Somit bedeutet das: Der Preis ist nicht entscheidend. Ansonsten könnte George Clooney seinen Espresso auch nicht für das Vierfache des durchschnittlichen Marktpreises an den Kunden bringen. Dies gilt für den B2C-Markt wie für den B2B-Markt.
Dies trifft sogar dann zu, wenn der Unterschied mehrere tausend Franken ausmacht. Wie sonst könnten deutsche Premium-KFZ-Hersteller derartige Gewinne einfahren, gerade im B2B-Leasing? Für die zwei- oder dreijährige Leasinglaufzeit wären ebenso günstigere Hersteller eine logische Alternative.
Das Geheimnis hoher Margen
Wenn also offensichtlich der Preis nicht entscheidend ist, warum kann es sich dann der eine Anbieter erlauben, einen hohen Preis zu verlangen, während der andere um seine Existenz kämpft? Kunden kaufen keine Produkte oder Dienstleistungen, sie kaufen nicht einmal einen Nutzen. Der Nutzen ist die Pflicht im Verkaufsprozess. Die Kür ist, das Vertrauen des Kunden zu gewinnen, das Gefühl, gut aufgehoben und sicher zu sein.
Was steht zwischen dem Kunden und dem Produkt? Ganz einfach: der Verkäufer. Es gibt ein altes Sprichwort: So wie man in den Wald hineinruft, so hallt es zurück. Der Verkäufer sieht im Einkäufer seinen natürlichen Feind. Dieser muss «besiegt» werden und jedes Mittel ist dazu recht. Mit dieser Einstellung gehen Verkäufer oftmals auf Einkäufer zu. Und letzterer merkt natürlich, egal, ob bewusst oder unbewusst, diese negativen Tendenzen. Entsprechend hallt es dann auch zurück.
Ein wesentlicher Bestandteil des Erfolgs beim Kunden ist es, ihn in den Mittelpunkt der Gedanken und Gefühle zu stellen. Wir sehen Kunden immer als gleichberechtigte Partner und handeln dementsprechend. Ein Verkäufer sollte sich ständig bewusst sein, wer ihm gegenübersitzt: ein Mensch, der Beachtung, Respekt und Ehrlichkeit von einem Verkäufer erwartet. Es geht somit darum, diesem Menschen die volle Aufmerksamkeit zu schenken, ihn so gut wie möglich kennenzulernen und eine echte Partnerschaft aufzubauen.
Der beste Weg dazu ist, den Kunden reden zu lassen, ihm aktiv zuzuhören, um ihn wirklich zu verstehen. In Kundengesprächen ist der Redeanteil der Vertriebsmitarbeiter häufig viel zu hoch. Viele Verkaufsgespräche enden, ohne dass ein Verkäufer viel über die Firma, die Chancen, die Möglichkeiten oder den Menschen erfahren hat.
Genau dieses Wissen ist aber das Geheimnis einer langfristigen und partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Partner geben einander genügend Spielraum, um eine für beide Seiten nutzbringende Beziehung aufzubauen. Das bedeutet, der Verkäufer muss nicht die höchste Marge erringen, der Einkäufer wird aber auch nicht auf den maximalen Rabatt bestehen. Es wird immer einen Weg zum Konsens geben und damit eine echte Win-win-Situation.