Die Kaltakquise per Telefon ist nicht gerade eine angenehme Tätigkeit. Mitarbeiter müssen zahlreiche Abfuhren einstecken, bis sie einen Interessenten gewinnen. Das ist für den Sales-Erfolg alles andere als förderlich, denn ein Nein nach dem anderen demotiviert auch den leidenschaftlichsten Verkäufer. Davon abgesehen, ist die Kernaufgabe des Vertriebs eine andere: die Betreuung von neuen und bestehenden Kunden. Das heisst, Interessenten zu überzeugen und Bestandskunden beratend zur Seite zu stehen. Ein zentraler Faktor ist hier der Mitarbeiter selbst. So wichtig Zahlen und Fakten auch sind – wenn der Verkäufer es nicht schafft, einen Draht zum potenziellen Kunden zu finden, rückt der Abschluss in weite Ferne.
Social Selling statt Kaltanrufe
Um die Motivation des Sales-Personals zu bewahren, sollten es andere sein, die für einen stetigen Nachschub an Leads sorgen – im Idealfall die Marketingabteilung. Bevor der Vertrieb die Interessenten persönlich anspricht, durchlaufen sie einen mehrstufigen Prozess: die Leadqualifizierung. Zum Beispiel schauen sie sich einige Male auf der Website um, laden ein Whitepaper herunter und hinterlassen im Gegenzug ihre Kontaktdaten. Erst dann ist der richtige Zeitpunkt, um die Leads an den Sales-Bereich zu übergeben.
In der Praxis fehlt es allerdings oft an Ressourcen. Das Marketingteam hat weder die Zeit noch das Know-how, um umfangreiche Lead-Nurturing-Kampagnen zu entwerfen. Doch anstatt auf Telefonakquise auszuweichen, ist es zielführender, wenn sich ein Mitarbeiter in die Methode des Social Selling einarbeitet.
Social Selling ist ein effektiver Weg, um Leads zu generieren. Anders als bei Kaltanrufen bestimmt der Interessent den Moment der Kontaktaufnahme. Damit ist er offener und eher bereit, sich mit dem Angebot zu befassen. So funktioniert das «soziale Verkaufen»: Man recherchiert auf den Business-Plattformen Xing und Linkedin nach potenziellen Interessenten. Diese gilt es, in einer Sequenz aus Direktnachrichten auf sich aufmerksam zu machen – und in Leads zu verwandeln. Mit Xing Pro Business und Linkedin Sales Navigator bieten die beiden Plattformen hierfür spezielle, kostenpflichtige Tools an.
Eine erweiterte Suchfunktion ermöglicht etwa, in Unternehmen einer bestimmten Branche, Grösse und Region die richtigen Entscheider zu finden. Hat der Mitarbeiter ein passendes Profil ausfindig gemacht, versendet er eine Kontaktanfrage, um sich mit der Person zu vernetzen. Diese hat jetzt die Gelegenheit, einen ersten Blick auf das Unternehmen zu werfen. Gehört die Person zur Zielgruppe, stehen die Chancen gut, dass sie die Kontaktanfrage annimmt. Darauf folgt der anspruchsvollere Teil: Pointierte Nachrichten sollen das Kaufinteresse wecken.
Spielregeln beachten
Nachrichten zu verfassen, die ein Gefühl des Bedarfs auslösen und dabei nicht plump wirken, ist eine Kunst. Die meisten Verkäufer sind sprachlich gewandt – jedenfalls in der mündlichen Interaktion. Im persönlichen Gespräch ist von vornherein eine gewisse Nähe gegeben. Die Teilnehmer richten ihren gedanklichen Fokus zur selben Zeit an einem gemeinsamen Ort auf dieselbe Sache. In einer schriftlichen Konversation kommt es hingegen darauf an, klar und präzise zu formulieren. Zwischen Sender und Empfänger besteht eine räumliche und zeitliche Distanz. Das macht es deutlich schwieriger, Letzteren zu einer Reaktion zu motivieren.
Bei mündlichen Gesprächen verlangt es die soziale Konvention, dass die Teilnehmer einander zuhören und auf das Gesagte eingehen. In einem Telefonat einfach aufzulegen, gilt als grob unhöflich. Dagegen gibt es keine Norm, die fordert, auf die Messenger-Nachricht eines Fremden zu antworten. Um Social Selling erfolgreich zu betreiben, muss man sich die Spielregeln des schriftlichen Mediums bewusst machen.
Klare Ziele verfolgen
Sich in die Situation des potenziellen Interessenten hineinzuversetzen, ist dabei unabdingbar. Jede Nachricht verfolgt einen eindeutigen Zweck. Der Verfasser muss sich darüber im Klaren sein, was er erreichen will. Bei der ersten Nachricht lautet das Ziel etwa, dass der Empfänger die Kontaktanfrage annimmt. Im nächsten Schritt gilt es, Interesse zu wecken. Dies gelingt am besten mit einer offenen Frage: einer W-Frage, die zum Beispiel mit «wie» oder «warum» beginnt und einen Bezug zur Tätigkeit der Person herstellt. So setzt sich der Adressat zumindest einen Moment lang mit dem Thema auseinander.
In der nächsten Nachricht wird es konkreter. Das Unternehmen und die Lösung werden in wenigen, klaren Sätzen präsentiert. Wichtig dabei ist, die Vorteile für den potenziellen Kunden in den Vordergrund zu stellen. Ihn interessiert nicht, welche x Features das Produkt hat. Vielmehr sollte man einen Eindruck vermitteln, wie das Gegenüber in seinem Arbeitsalltag profitieren kann. Mit einer weiteren Nachricht schlägt man vor, einmal unverbindlich zu telefonieren. Geht die Person darauf ein, war der Social-Selling-Prozess erfolgreich – und der Mitarbeiter kann den Lead an die Sales-Kollegen übergeben.
Reagiert die Person nicht, erhält sie eine vorerst letzte Nachricht. In dieser bekundet der Mitarbeiter freundlich sein Bedauern, dass sich die Person gerade nicht mit dem Thema beschäftigen kann, und wünscht ihr alles Gute. Dies hat den folgenden psychologischen Effekt: Beim Empfänger entsteht das Gefühl, das für ihn interessante Angebot werde ihm wieder entzogen. Um das zu verhindern, antwortet die Person oftmals doch.