Marketing & Vertrieb

Kundenkommunikation

Mit achtsamer Gesprächsführung Kunden in der Wohlfühlzone halten

Kundenorientierte Unternehmen bereiten ihre Mitarbeiter mit Kundenkontakt darauf vor, bei den Kunden positive Gefühle zu wecken und negative Emotionen zu vermeiden. Mit einer achtsam-wertschätzenden Gesprächsführung gelingt es, den Kunden auf der für ihn wichtigen emotionalen Ebene anzusprechen.
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Die Unternehmen stehen vor der Herausforderung, dass ihre Mitarbeiter mit Kundenkontakt die Kompetenz aufbauen, die Wünsche und Erwartungen der Kunden richtig einzuschätzen, um das Beratungsgespräch mit achtsamer Kommunikation auf das jeweilige Werte- und Emotionssystem abzustimmen. Hintergrund sind Erkenntnisse der Hirnforschung: Kaufentscheidungen werden demnach nicht aus rationalen, sondern meistens aus emotionalen Gründen getroffen. Entscheidend ist das limbische System, denn dort ist das jeweilige Emotionssystem beheimatet, das ein Mensch bevorzugt.

Kundentypen erkennen

Muss der Verkäufer nun lernen, in welchem Hirnlappen das Lustzentrum angesiedelt ist und wo die Emotionen entstehen? Nein, das ist nicht notwendig. Es geht um die Praxisanwendung der Ergebnisse der Hirnforschung. Der Verkäufer sollte auf der Kundenseite die positiven Emotionen maximieren und zugleich negative Emotionen minimieren, um zu vermeiden, dass Frustgefühle entstehen. Voraussetzung dafür ist, dass die Verkäufer achtsam und wertschätzend mit den Kunden kommunizieren. So ist es möglich, durch die Beobachtung des Verhaltens und der Sprache sowie durch kluge Fragetechnik herauszufinden, zu welchem Emotionstyp ein Kunde gehört. Ein Achtsamkeitstraining hilft den Verkäufern, die eigenen und auch die Emotionen anderer Menschen zu beurteilen. Achtsamkeit ist die Voraussetzung für Empathie und Einfühlungsvermögen. Achtsamen Verkäufern gelingt es, in die Gefühls­welten der Kunden einzutauchen und die Kommunikation mit ihnen zu optimieren. Der Aufbau von Achtsamkeitskompetenz sollte einher­gehen mit einer gesteigerten Selbstwahrnehmung: Wir lernen dabei uns selbst und auch unsere Werte, Motivatoren und  Antriebskräfte besser kennen und können so andere Personen umso zielgenauer einschätzen.

Achtsamkeitskompetenz heisst herauszufinden, warum Menschen so handeln, wie sie handeln. Dabei kann zwischen vier verschiedenen Kundentypen unterschieden werden:  Für die Kunden mit dominantem Stimulanz-System (Innovator) sind Freude, Abwechslung und Abgrenzung wichtig, sie lieben das Neue und Unbekannte, sie wollen anders sein als die anderen. Das Hauptziel der Kunden mit Dominanz-System (Performer) hingegen ist, besser zu sein als andere, einen Wettbewerbsvorsprung zu erringen und an der Spitze zu stehen. Menschen mit ausgeprägtem Balance-Unterstützer-System geht es darum, gute Beziehungen aufzubauen, die von Geborgenheit und men­schlicher Wärme gekennzeichnet sind. Sie wollen, dass man ihnen vertraut, und sind glücklich, wenn sie anderen Menschen helfen können. Kunden mit dominantem Balance-Bewahrer-System legen Wert auf Daten und belegbare Fakten. Sie lehnen Ver­änderungen ab und denken und handeln sicherheitsorientiert.

Aber Achtung: Diese Kundentypen treten so gut wie nie in Reinkultur auf, trotzdem kann ein entsprechend geschulter achtsamer Verkäufer im Gespräch zumindest eine Tendenz feststellen. Aber wie?

Wahrnehmungsfähigkeit üben

Je länger eine Kundenbeziehung andauert, desto präziser fällt die Einschätzung aus. Wie jedoch schaut es mit unbekannten Kunden oder Personen aus, denen der Verkäufer noch nicht so oft begegnet ist?
Um Denk- und Verhaltenspräferenzen und Persönlichkeitsprofile bewerten zu können, bedarf es der Übung. Wer seine Wahrnehmungsfähigkeit schult, kann anhand von Indikatoren wie der Körpersprache (Körperhaltung und Bewegung) eine erste Einschätzung wagen, um diese dann im Gespräch zu vertiefen. Aber auch die Sprechweise, die Stimme – Lautstärke, Modulation und Tempo – und die Wortwahl, die verwendeten Formulierungen und Inhalte sowie die Werte, die einem Menschen wichtig sind, erlauben es, die Einordnung des bevorzugten Emotionssystems zu präzisieren.

Fragetechnik einsetzen

Also: Wie ist der Kunde gekleidet? Wie tritt er auf – eher bestimmend oder eher zurückhaltend, eher introvertiert oder eher extrovertiert? Geht er forsch, aktiv und fordernd vor, wenn er eine Frage stellt? Fällt es ihm schwer, sein Schneckenhaus zu verlassen und sich zu öffnen? Wie drückt er sich aus, welche Sprachbilder und Formulierungen nutzt er? All diese Beobachtungen helfen, eine immer konkretere Beurteilung vorzunehmen.

Zudem gibt es die Fragetechnik, mit der der Verkäufer feststellen kann, zu welchem Typus der Kunde gehört. Dies veranschaulicht ein Beispiel aus dem Finanzbereich. Der Verkäufer stellt Fragen, die eine Einschätzung erlauben, ob ein Kunde:

  • eine Finanzanlage dazu nutzen möch-te, das Leben zu geniessen,
  • Geld oder auch Vermögenswerte nutzen will, um fürs Alter vorzusorgen und Risiken zu minimieren,
  • ein Bewahrer ist und sein Ziel darin besteht, dass sein Geld gut verwaltet wird,
  • das Gefühl benötigt, seine Anlage diene vorrangig dem Kapitalaufbau, oder
  • schnell vermögend(er) werden will und dabei etwas riskieren möchte.

Auf eine Wellenlänge kommen

Mithilfe der Fragetechnik gelingt es dem Verkäufer, immer tiefer in die jeweilige Emotions- und Wertewelt des Kunden einzutauchen. Und dann kann er sich auch sprachlich mit ihm auf einer Wellenlänge bewegen:

  • Beim Performer spricht er «von unseren leistungsstärksten Möglichkeiten» und nutzt Adjektive wie zum Beispiel «erfolgreich, optimal, konkurrenzfähig, kraftvoll, führend, überlegen, erstklassig, wirtschaftlich».
  • Beim Innovator erwähnt er «unsere fantastischen Möglichkeiten» und unterfüttert seine Argumente mit Adjektiven wie «einmalig, inspirierend, zukunftsweisend, innovativ, dynamisch, modern, aussergewöhnlich».
  • Beim Bewahrer nutzt er eine Formulierung wie «unsere bewährten Möglichkeiten» und baut Adjektive wie «logisch, kompetent, zuverlässig, sicher, getestet, dauerhaft, tüchtig, solide, erprobt» ein.
  • Auch beim Unterstützer versucht er, sich in die Sprachwelt einzuklinken, indem er von «unseren sehr persön­lichen Möglichkeiten» spricht und Adjektive wie «gemeinsam, einfühlsam, freundlich, problemlos, einfach, bequem, menschlich, behutsam, partnerschaftlich» nutzt. Gleichklang und Übereinstimmung stellt der Verkäufer her, indem er diejenigen Werte anspricht, die für den jeweiligen Kunden von überragender Bedeutung sind. Beim dominanten Performer sind dies etwa Freiheit, Stolz, Expansion, Mut und Siegeswillen. Beim Innovator hin­gegen dreht sich die Werte-Welt um In­dividualität, Neugier, Innovation und Spass. Für den Unterstützer sind die Werte Vertrauen, Treue und Sicherheit wichtig, für den Bewahrer Disziplin, Präzision, Sparsamkeit und Gerechtigkeit. 

Frustgefühle vermeiden

Gelingt dies, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass der Verkäufer im Gespräch auf Kundenseite Lustgefühle wecken und Frustgefühle vermeiden kann. Unklug ist es, etwa den Performer mit zu aufdringlichen Empfehlungen zu drangsalieren: «Dieses Produkt müssen Sie unbedingt kaufen» – das schreckt ihn ab, er will die Kaufentscheidung selbst treffen.

Hilfreich ist es zudem, wenn der Verkäufer weiss, welches Emotionssystem bei ihm selbst besonders ausgeprägt ist. Unter www.intem.de/schnelltest findet sich ein Test, mit dem eine erste Einschätzung möglich ist. So kann er beurteilen, welche Wirkung er auf Kunden ausübt. Kommt er zu dem Ergebnis, er werde als dominanter Verkäufer wahrgenommen, droht die Gefahr, als jemand gesehen zu werden, der im Verkaufsgespräch gern Druck ausübt. So wird der Kunde aus der Wohlfühlzone verdrängt. Auf der anderen Seite kann er nun Strategien entwickeln, mit denen er beim Kunden für positive Emotionen sorgt. Dies veranschaulicht ein Beispiel aus dem Service.

Ansprache individualisieren

Bei der Ausgestaltung der Servicewelt geht der Verkäufer strikt individuell vor: Beim Innovator-Kunden entwickelt er ausgefallene Serviceideen, die Serviceimpulse müssen auf den Kunden inspirierend wirken. Eine konkrete Serviceidee ist: Er bietet dem Kunden an, als «Lead User» zu fungieren, als «trendführender Kunde», der seinen Innovationsdrang ausleben kann, indem er in Entwicklungsprozesse des Unternehmens ein­bezogen wird.

Beim Performer formuliert er kurz, klar und direkt und stellt das Ergebnis sowie die Effektivität und die Zielplanung in den Vordergrund. Er argumentiert logisch und präzise, kommt schnell auf den Punkt und untermauert Aussagen mit Belegen und Beweisen. Auch hier eine Serviceidee: Der Verkäufer bietet dem Kunden die exklusive Mitgliedschaft in einem VIP-Kundenklub an – dies kommt dessen Dominanzstreben entgegen und gibt ihm das Gefühl, etwas Besonderes zu sein.

Kommen wir zum Unterstützer-Kunden: Der Verkäufer stellt auf der Beziehungsebene eine vertrauensvolle Verbindung her und belegt Aussagen mit Beispielen, die zeigen, wie er anderen Menschen bereits geholfen hat, Ziele zu erreichen. Die Serviceidee besteht darin, den Kunden mit Bonusprogrammen und «Rundum-sorglos-Paketen» zu gewinnen.

Bleibt der Kunde mit bevorzugtem Balance-Bewahrer-System. Wichtig ist, ihn mit einem erprobten und Sicherheit gebenden Serviceangebot zu überzeugen. Der Verkäufer arbeitet beim Bewahrer mit Zahlen, Daten und Fakten, er geht ins Detail und zeigt, wie gewissenhaft, präzise und diszipliniert er arbeitet. Ein Vorschlag für eine Serviceidee: Der Kunde wird ständig per Mail oder Newsletter vor allem über Sonderangebote und Sparmöglichkeiten informiert; zudem wird ihm ein Rücktrittsrecht garantiert.

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