Marketing & Vertrieb

Marketingkommunikation im Social-Media-Zeitalter Teil 2

Erfolgsfaktoren integrierter Social­-Media-Kommunikation

Eine integrierte Social-Media-Marketingkommunikation erfordert, dass sich das Top-Mana­gement zu Social Media bekennt und eine dialogorientierte Unternehmenskultur gelebt wird. Mit intensiven Schulungen, zentralen Leitlinien und Empowerment von Mitarbeitern kann eine offene und authentische Kommunikation in den Social Media erreicht werden.
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Heutzutage geht es längst nicht mehr um die Frage, ob die Social Media in den Kommunikationsmix integriert werden sollen, sondern in welchem Umfang und auf welche Art und Weise dies in Kombination mit den klassischen Kommunikations- instrumenten im Sinne einer ganzheitlichen Kommunikationsstrategie geschehen soll (Hofer-Fischer, Weis & Kremmel, 2013; Hofer & Kremmel, 2011). Ein Blick auf die aktuelle Situation in der Schweiz zeigt, dass bei den Schweizer Grossunternehmen mittlerweile eine Mehrheit in den Social Media aktiv ist, während immerhin die Hälfte der Schweizer KMU zumindest einen rudimentären Social-Media-Auftritt pflegen (Bernet ZHAW Studie, 2012).

Der vorliegende Artikel konzentriert sich auf die grundlegenden Aspekte, die für den Erfolg eines mit den klassischen Kommunikationsinstrumenten integrierten Social-Media-Auftritts wesentlich sind. Die dargelegten Erfolgsfaktoren basieren auf der Forschungsarbeit am Kompetenzzentrum für Marketing und Unternehmenskommunikation der FHS St. Gallen und sind gestützt durch eine qualitative Expertenstudie zum State-of-the Art mit besonderem Fokus auf die Schweiz. Dabei wurden Interviews mit namhaften Social-Media-Experten sowohl aus der Schweizer Beratungspraxis als auch aus der betrieblichen Praxis geführt. Die Studie ist Bestandteil eines von der Schweizerischen Kommission für Technik und Innovation (KTI) geförderten Forschungsprojektes zur Entwicklung einer Methodik zur Implementierung einer wirksamen, integrierten Social-Media- Kommunikationsstrategie (Details siehe Projektkurzbeschrieb).

Für eine erfolgreiche Social-Media-Kommunikation sind organisatorische Rahmenbedingungen essenziell. Hierzu zählt vor allem das Commitment des Top-Managements zu Social Media, das für alle Hierarchieebenen im Unternehmen transparent sein sollte. Dies bestätigt auch der Social-Media-Stratege Mike Schwede, der «Commitment und Enabling vom Management» als zentral erachtet. Bei Zweifel Pomy-Chips, einem Schweizer Vorreiterunternehmen in Sachen Social-Media Kommunikation, hat die Geschäftsleitung ihr Commitment zu Social Media an die Mitarbeiter klar kommuniziert (siehe zu diesem und den folgenden Unternehmensbeispielen Hofer-Fischer et al., 2012).

Neben dem Commitment des Top-Managements ist es für die Glaubwürdigkeit der Social-Media-Aktivitäten auch hilfreich, wenn sich das Top-Management in adäquatem Ausmass mit den Social Media beschäftigt bzw. sich punktuell sogar aktiv einbringt (z. B. Blog-Beitrag verfassen). Denn vor allem über eine Beschäftigung mit den Social Media kann jenes Grundverständnis entstehen, das vom Top-Management benötigt wird, um die richtigen Grundsatzentscheidungen treffen zu können. Dies bestätigen auch verschiedene Experten mit ihrer Einschätzung, dass ein Involvement der Unternehmensspitze als positiver Katalysator im Unternehmen wirken kann.

Offene Kultur, klare Regeln

Neben dem Commitment des Top-Managements ist eine offene und dialogorientierte Unternehmenskultur eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Social-Media-Marketingkommunikation. Thomas Hutter, Facebook-Experte, macht klar, dass «alle Mitarbeiter Social Media leben müssen, und zwar von oben nach unten und umgekehrt. Es braucht offenen Zugriff auf alles».

Eine solche dialogorientierte Unternehmenskultur ist zwar eine notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche Social- Media-Kommunikation, aber sie alleine reicht noch nicht aus. Daneben sind die Mitarbeiter im Umgang mit Social Media zunächst zu schulen und für die anschlies­sende Umsetzung zu empowern. Den Mitarbeitern muss laut Hutter aufgezeigt werden, «wie die Social-Media-Welt funktioniert. Sie sollen ihre eigenen Schritte in den Social Media machen». Dafür benötigen die Mitarbeiter klare Richtlinien für ihre Beteiligung am Social-Media-Auftritt des Unternehmens. Sogenannte Social-Media-Benimmregeln und-Anleitungen für die Mitarbeiter sind essenziell, z. B. Tipps für Twitter und Facebook, wie man es richtig macht und worauf zu achten ist. Solche Workshops sollten im Unternehmen regelmässig auch über die Anfangsphase hinaus angeboten werden.

In den Social Media erfolgreiche Unternehmen bieten einen freien Zugang auf die Social Media, schulen ihre Mitarbeiter im richtigen Umgang mit diesen und ermutigen sie, Social Media für das Unternehmen gewinnbringend zu nutzen.

Neben Schulungen als Vorbereitung auf den Go-Live-Termin in den Social Media ist bei der anschliessenden Umsetzung ein Empowerment der Mitarbeiter erforderlich. Dies bedeutet, dass den Mitarbeitern auf Basis zentraler Leitlinien Freiräume für die operative Social-Media- Kommunikation zugestanden werden. Dies ist schon vor dem Hintergrund erwarteter schneller Reaktionszeiten in den Social Media geboten. Ein Beispiel dafür ist McDonalds Suisse, das aus diesem Grund grossen Wert auf Mitarbeiter-Empowerment legt.

In jedem Unternehmen gibt es Mitarbeiter, die eine besondere Affinität zu den Social Media haben. Dieses intern vorhandene Know-how sollte von Unternehmen bewusst genutzt werden, um andere Mitarbeiter für die Social-Media-Kommunikation zu begeistern und sie bei den neuen Kommunikationsaufgaben zu unterstützen. Social-Media-Blogger und PR-Berater Marcel Bernet bestätigt diese Sichtweise und verweist darauf, dass es in jedem Unternehmen «Social-Media- Ambassadors gibt, die sich bereits auf den Social-Media-Plattformen auskennen, Ideen einbringen und andere unterstützen können».

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich erfolgreiche Unternehmen dadurch auszeichnen, den Mitarbeitern eine hohe Selbstverantwortung zu übertragen, um rasche Bearbeitungszeiten sicherzustellen.

Für die Social Media braucht es die Möglichkeit für eine offene Kommunikation sowohl auf Unternehmens- als auch auf Kundenseite. Die Bedeutung dieser offenen Kommunikation wurde auch in der hier bereits erwähnten qualitativen Expertenstudie (Hofer-Fischer et al., 2012) bestätigt. Ein seit Jahren in den Social Media erfolgreiches Unternehmen der Getränkebranche untermauert dies anhand eines konkreten Beispiels. Bei diesem Unternehmen ist die Produktverpackung beim Transport oft beschädigt worden. Daraufhin wurde der kaputte Verpackungskarton gepostet und die Social Media Community um Lösungsvorschläge gebeten. Innerhalb kürzester Zeit haben sich verschiedene Spezialisten mit konstruktiven Vorschlägen gemeldet. Diese Erfahrung zeigt, wie sehr die Community zu einer Lösungsfindung beitragen kann.

Zu einer offenen Kommunikation gehört es aber auch, kritische Beiträge zuzulassen und die konstruktiven Rückmeldungen als Chance für eine Weiterentwicklung zu begreifen. Zudem können Unternehmen im Falle eines kritischen Beitrags meist auch auf die Unterstützung einer loyalen Community zählen, in dem diese negative Posts durch eigene Kommentare entkräftet. Darüber hinaus ist es entscheidend, dass Unternehmen kritische Kommunikationsthemen antizipieren und eine Krisenkommunikationsstrategie im Vorfeld erarbeiten. So kann im Falle eines Shitstorms rasch reagiert werden.

Für eine authentische Social-Media-Kommunikation ist die eigenverantwortliche Betreuung der Social-Media-Plattformen unabdingbar. Der Vorteil besteht darin, dass die eigenen Mitarbeiter über vertieftes Know-how verfügen, das für eine glaubwürdige Kommunikation erforderlich ist. Entsprechend sollte die laufende Kommunikation in den Social Media vorzugsweise unternehmensintern gemacht werden. Dies ist insbesondere dann nützlich, wenn es sich um kritische Beiträge handelt, die eine schnelle und adäquate Reaktion erfordern. Ein zentrales Ergebnis der Studie ist somit (Hofer-Fischer et al., 2012), dass das Community Management idealerweise vom Unternehmen selbst gemacht werden sollte.

Nachdem sich ein Unternehmen zu Social Media verpflichtet hat, ist schliesslich zu überlegen, wie Social Media organisatorisch im Unternehmen verankert sein sollte. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen kann Social Media in die bestehende Struktur integriert oder alternativ eine neue Struktur für Social Media aufgebaut werden. Beispielsweise wurde bei McDonalds Suisse auf die bestehende Struktur gesetzt und Social Media bei Communications angesiedelt (siehe auch Hofer-Fischer et al., 2012).

Die zweite Möglichkeit erachtet auch der Facebook-Experte Thomas Hutter vor allem in der Anfangsphase als zielführend. Er betont, dass der Aufbau einer zusätzlichen Social-Media Abteilung dazu beiträgt, deren Bedeutung für das Unternehmen herauszustellen. Aus seiner Sicht sollte «eine spezialisierte Social-Media-Abteilung aufgebaut werden, bis es in allen Köpfen gelebt wird. Sobald Social Media im normalen Kommunikationsalltag angekommen ist, kann diese Aufgabe z.B. von Communications übernommen werden».

Unabhängig davon, wie Social Media im Unternehmen organisatorisch verankert wird, ist es sinnvoll, einen Gesamtverantwortlichen für die Kommunikation zu benennen, um alle Kommunikationsaktivitäten zu koordinieren und aufeinander abzustimmen und somit eine integrierte Marketingkommunikation von klassischen Instrumenten mit den Social Media zu gewährleisten. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn Kommunikationsaufgaben von mehreren Abteilungen übernommen werden. Was die organisatorische Verankerung von Social Media im Unternehmen betrifft, kann keine pauschale Empfehlung gegeben werden. Dies muss für jedes Unternehmen individuell geprüft und aufgrund der spezifischen Anforderungen evaluiert und entsprechend umgesetzt werden.

Mit der organisatorischen Verankerung von Social Media im Unternehmen stellt sich auch die Frage, wie die Budgets geplant werden sollen. Um eine integrierte Social-Media-Marketingkommunikation mit klassischen Instrumenten sicherstellen zu können, sollte im Idealfall Social Media in das Budget für eine Kampagne bzw. für ein Produkt integriert werden.

Diesen Ansatz bestätigt auch die Expertenstudie. Beispielsweise hebt Thomas Hutter hervor, dass nach erfolgter Integration von Social Media in den Kommunikationsmix ein Social-Media-Budget nicht mehr separat zu planen, sondern als Bestandteil der jeweiligen Instrumente zu sehen ist (Hofer-Fischer et al., 2012; vgl. zum integrierten Ansatz auch Hofer-Fischer, Weis & Kremmel, 2013).

Mit der Integration von Social Media in den Kommunikationsmix besteht auch die Chance, bisherige Budgetverteilungen auf die bestehenden Kommunikationsinstrumente kritisch zu prüfen. Auch wurde von einem grossen Schweizer Detailhändler untermauert, dass nicht zwangsläufig zusätzliches Geld benötigt wird, sondern die Gelder zwischen den Kommunikationsinstrumenten neu verteilt werden sollten. Vielmals haben sich in Unternehmen gewisse Gewohnheiten der Budgetzuteilung über Jahre «eingeschliffen». Entsprechend wichtig ist es daher, jeden Budgetposten auf Kosten-Nutzen-Potenziale zu überprüfen und neu aufzuteilen.

Bei der Integration von Social Media in den Kommunikationsmix sind eine Vielzahl von grundsätzlichen Faktoren zu berücksichtigen, die den Erfolg begünstigen. Sofern bei der Planung und Umsetzung der Social-Media-Kommunikation auf diese Aspekte geachtet wird, steht einem erfolgreichen Social-Media-Auftritt nichts mehr im Wege.

Nachdem nun die Grundlagen zur erfolgreichen integrierten Marketingkommunikation im Social-Media-Zeitalter gelegt worden sind, fokussieren sich die nächsten Artikel auf die konkrete Vorgehensweise für die Umsetzung. Der kommende Artikel geht detailliert auf die Analysephase im Rahmen integrierter Social-Media-Marketingkommunikation ein und erläutert, welche strategischen Entscheidungen aus Unternehmenssicht zu klären sind. «

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