Marketing & Vertrieb

Kommunikation

Erfolgreich führen durch Begeisterungsfähigkeit

Die Begeisterungsführung verfolgt das Ziel, jenseits der Nulllinie der Zufriedenheit die Performance-Exzellenz der Mitarbeitenden zu erhöhen, ihre emotionale Verbundenheit zum Unternehmen zu stärken, ihr Bleibepotenzial zu heben und positive Mundpropaganda nach innen und aussen auszulösen.
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Mitarbeiterzufriedenheit? Das reicht nicht! Zufriedenheit macht behäbig und bequem. Der Wunsch nach Veränderung ist gering. Die Handlungsintensität und die emotionale Spannung sind niedrig. Mangelnde Identifi­kation und Gleichgültigkeit sind die Folge. Schliesslich macht sich eine resignative Trägheit breit. Diese Egal-Mentalität führt zu Desinteresse, zu Nachlässigkeiten und mangelnder Sorgfalt. In diesem Zustand setzen sich Mitarbeitende nur halbherzig für die Belange der Kunden ein, sie zeigen wenig Initiative bei der Erfüllung von Sonderwünschen und wenig Kreativität beim Lösen von Problemen.

Resignative Zufriedenheit wird vor allem dort auftreten, wo Mitarbeitende wenig Gestaltungsraum haben, wo sie nicht unternehmerisch beteiligt werden, wo ihre Meinung nicht zählt und ihre Ideen unerwünscht sind. Solche Perspektivlosigkeit lässt Langeweile aufkommen, Einsatzwille und Verantwortungs­bereitschaft schwinden, man macht es sich bequem. Zufriedenheit produziert Sitzfleisch, aber keine Motivation. Bloss zufriedene Mitarbeitende machen sich – wie bloss zufriedene Kunden auch – bei der nächstbesten Gelegenheit auf und davon. Und im Web erzählen sie der ganzen Welt, warum das so ist.

Begeistert-motivierte Mitarbeitende sorgen für hohe Produktivität, für ein flüssiges Arbeitstempo und für hohe Qualität. Sie haben Freude an Spitzenleistungen und wollen den Erfolg. Diese positive Energie ist im wahrsten Sinne des Wortes in den Produkten eingefangen, die der Käufer schliesslich erwirbt. In Dienstleistungsbranchen drückt sich die Befindlichkeit eines Mitarbeitenden sogar sichtbar in jeder kleinen Geste aus. Begeisterte Mitarbeitende machen Kundenerlebnisse heiter, unmotivierte Mitarbeitende machen diese zur Qual.

Begeistert-motivierte Mitarbeitende sorgen auch für eine höhere Kosteneffizienz, da ihnen die Arbeit schneller von der Hand geht und die Fehlerhäufigkeit sinkt. Sie sind kreativer und bringen neue Ideen ein. Vor allem aber: Sie tragen als engagierte Botschafter ein positives Unternehmensbild nach aussen. Dies motiviert nicht nur potenzielle Top-Bewerber, sich für das Unternehmen zu interessieren, es motiviert auch die Kunden, immer wieder gerne zu kaufen.

«Manche Menschen verursachen Glück und Freude, wohin auch immer sie gehen. Andere, wenn sie gehen.» Das hat der irische Schriftsteller Oscar Wilde einmal gesagt. Für Chefs gilt das natürlich auch. So gibt es diejenigen, da legt sich eine dunkle Wolke über alles, wenn sie nur den Raum betreten, und jeder reagiert wie schaumgebremst. Und dann gibt es solche, die versorgen einen für Stunden mit Heiterkeit, und alles beginnt zu wachsen und zu sprudeln. Wer wohl auf Dauer für die besseren Ergebnisse sorgt?

An jedem Kontaktpunkt (Touchpoint) zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden ist deshalb zu empfehlen, Verhalten und Vorgehensweise der Führungskraft – am besten gemeinsam im Führungsteam – nach Enttäuschungs-, OK- und Begeisterungskriterien zu sondieren. Dies geschieht idealerweise in folgendem Dreierschritt:

› Was wir als Führungskräfte keinesfalls tun dürfen.

› Unser Minimum-Standard (= die Nulllinie).

› Was wir bestenfalls können – und tun sollten.

Hierzu sind zunächst alle vorkommenden Kontaktpunkte zu listen, wobei es sich sowohl um direkte Touchpoints (Mitarbeitergespräch, Gruss auf dem Flur, Meeting usw.) als auch um indirekte Touchpoints (E-Mail, schriftliche Anweisung, Arbeitszeugnis usw.) handeln kann. Diese werden sodann in Richtung Begeisterung optimiert.

Ein Praxisbeispiel

In diesem Beispiel geht es um ein Mitarbeitergespräch, das in Hinblick auf die Kriterien «enttäuschend», «OK», «begeisternd» untersucht wird.

Fall 1: Die Führungskraft zitiert einen Mitarbeitenden zu sich und sagt: «Herr X, es geht um Ihren Verkaufsbericht der letzten Woche. Ich muss mich sehr über die Darstellungsform wundern, sie entspricht nicht der vorgegebenen Berichtsstruktur. Ausserdem haben Sie schon wieder nicht die Mindestzahl der wöchentlichen Kundenbesuche erfüllt. So geht das nicht. Ich bekomme langsam den Eindruck, dass Sie nicht können und nicht wollen. Also, wenn das nicht besser wird, hat das unangenehme Konsequenzen für Sie!»

Ein solches Vorgehen ist in jeder Hinsicht enttäuschend. Der Mitarbeitende wird persönlich angegriffen und bedroht. Ob er motiviert ist, seine Leistung zu verbessern? Wenn ja, dann höchstens aus Angst vor Strafe – und dann nur mit kurzzeitigem Erfolg. Denn wer seine Leute zu Marionetten seiner Anweisungen macht, züchtet geistige Krüppel.

Fall 2: Die gleiche Situation und ein Vorgehen, das als «gewaltfreie Kommunikation» bezeichnet wird: «Herr X, ich möchte mit Ihnen über Ihren letzten Arbeitsbericht sprechen. Erstens habe ich festgestellt, dass Sie Ihre eigene Berichtsform verwenden, und zweitens haben Sie die festgelegte Mindestzahl der wöchentlichen Kundenbesuche nicht erreicht. Das hat mich einerseits frustriert und andererseits enttäuscht, weil ich Wert darauf lege, das sich alle an die festgelegte Berichtsstruktur halten, denn dadurch habe ich einen sofortigen Überblick. Ganz besonders wichtig ist mir aber, dass alle die Mindestanzahl der Kundenbesuche erreichen, denn das gibt mir die Sicherheit, dass wir unseren Betreuungsauftrag gegenüber unseren Kunden erfüllen. Deshalb möchte ich Sie bitten, dass Sie zukünftig Ihren Bericht nach der vereinbarten Struktur erstellen und die Mindestanzahl der Kundenbesuche nicht unterschreiten. Ist das so in Ordnung für Sie?»

Dieses Vorgehen ist in Ordnung. Wenn man sich in den Mitarbeitenden hineinversetzt, fühlt sich dieser zwar sicher betroffen, jedoch nicht angegriffen, und er weiss, was von ihm erwartet wird. Aber ist er auch motiviert? Und begeistert?

Fall 3: Sie sagen: «Herr X, ich möchte mit Ihnen über Ihren letzten Arbeitsbericht sprechen. Ich habe festgestellt, dass Sie Ihre eigene Berichtsform verwenden. Auch haben Sie die festgelegte Mindestzahl der wöchentlichen Kundenbesuche nicht erreicht. Damit ich das besser verstehe, interessiert mich Ihre Sicht der Dinge.» Nun machen Sie eine Pause, damit der Mitarbeitende reden kann. Je nach Antwort geht es dann weiter wie folgt: «Danke, das macht die Sache für mich klarer. Nun brauche ich von Ihnen einen Vorschlag, wie Sie beides in Zukunft optimieren wollen.» Diesmal machen Sie eine lange Pause, damit der Mitarbeitende Zeit zum Denken und Reden hat. Je nach Antwort sagen Sie dann: «Ja, das hört sich gut an. Können wir das so notieren (dabei freundlich nicken)? Bitte kommen Sie nächsten Mittwoch vorbei, mich interessiert der Zwischenstand sehr. Und danke, Herr X, dass Sie sich so engagiert an die Sache heranmachen.»

Dieses Vorgehen ist begeisternd. Dem Mitarbeitenden wurde nichts vorgegeben, er hat die Lösung selber gefunden. Selbstorganisation und Eigenverantwortung sind also gesichert. Damit Konsequenz und Verlässlichkeit ins Spiel kommen und die Umsetzungswahrscheinlichkeit steigt, wird das verabredete Vorgehen schriftlich festgehalten. Ausserdem zeigt der Chef Interesse am Zwischenergebnis und bleibt so eng am Thema dran. Der Zuspruch am Ende öffnet und motiviert. Wichtig dabei: Zeigen Sie Emotionen! Ihre Leute wollen und müssen wissen, wie es «Mensch» Führungskraft geht. Ein Pokerface ist beim Pokerspiel unerlässlich, im Mitarbeitergespräch hingegen ist es überaus schädlich.

Egal, um welche Aufgabe es sich handelt: An allen Mitarbeiter-Touchpoints lassen sich Führungssituationen nach dem Schema:

› Was ist enttäuschend?

› Was ist in Ordnung?

› Was ist begeisternd?

theoretisch durchspielen, um optimale Soll-Vorgehensweisen zu finden. Dies kommt schon quasi einem Emotionsmanagement gleich, das nicht nur im Kundenkontakt, sondern auch in der Führungsarbeit immer stärker gefordert wird. Gemeinsam mit Kollegen lässt sich ein breites Spektrum von Möglichkeiten finden. Viel mehr dazu steht in meinem neuen Buch ‹Touchpoints›.

Übrigens lohnt es sich auch, hierzu die Vorschläge der Mitarbeitenden einzuholen. So wird nicht nur deren Leistungsbereitschaft gesteigert, sondern auch die Fluktuationsneigung wichtiger Leistungsträger gesenkt, was beides betriebswirtschaftlich sehr zu begrüs­sen ist. Mitarbeitende bei allem, was sie letztlich betrifft, zu befragen, zu involvieren und unternehmerisch einzubinden, erzeugt den «Mein-Baby-Effekt». Und sein Baby lässt man bekanntlich nicht im Stich.

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