Marketing & Vertrieb

Prozessoptimierung

Die Vertriebs-Performance analysieren und verbessern

Mittelständische Unternehmen sind darauf angewiesen, ihren Entwicklungsstand im Vertrieb punktgenau einzuschätzen. Nur so ist es möglich, strategische Entscheidungen für die Zukunft auf einer sicheren Basis zu treffen. Mit dem Vertriebs-Performance-Index steht ein Werkzeug zur Verfügung, das einen raschen Überblick ermöglichen soll.
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Wer konkrete Aussagen darüber treffen möchte, wohin sich Vertriebsabteilung und Unternehmen entwickeln sollen, um auch weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben, will wissen, wo man steht. Es gibt mehrere Methoden, den Entwicklungsstand zu analysieren – mit dem Vertriebs-Performance-Index (VPI) lässt sich die Leistungsfähigkeit der Vertriebsorganisation bestimmen und festlegen, ob und inwiefern ein Optimierungsbedarf besteht.

Der Vorteil: Abgesicherte strategische und operative Handlungsoptionen sind möglich. Der VPI zeichnet sich dadurch aus, dass er nicht nur nüchterne Kennzahlen berücksichtigt, sondern darüber hinaus qualitative Kriterien zum Analysegegenstand erhebt, die sich positiv auf das Geschäftsergebnis auswirken. Was also misst der VPI, wie funktioniert er?

Kundenwahrnehmung im Fokus

Der VPI hilft dem Unternehmen, brachliegende Potenziale zu erkennen und diese Potenziale zu nutzen, um mehr Vertriebs-Power zu entfachen. Im Fokus stehen die Dimensionen «Kundenbeziehungsebene» sowie «Vertriebsprozess­ebene», die als die entscheidenden Parameter für den vertrieblichen und unternehmerischen Erfolg definiert werden.


Bei der Kundenbeziehungsebene rückt die Beurteilung in den Mittelpunkt, wie die Kunden das Unternehmen und die Vertriebsabteilung wahrnehmen. Dabei unterscheidet der VPI zwischen fünf Ebenen (siehe Abbildung 1), die vom «Lieferanten» bis zum «Zuverlässigen Partner» reichen; im Einzelnen:

  • Der Kunde nimmt das Unternehmen lediglich als einen von vielen Lieferanten wahr, er könnte seine Produkte und Dienstleistungen auch bei anderen Unternehmen kaufen. Die Kundenbeziehung ist vom Zufall geprägt, die Kundenbindung schwach ausgebildet.
  • Der Kunde definiert das Unternehmen als bevorzugten Lieferanten: Es hat sich erfolgreich bei der Belieferung bewährt, denn die Verkäufer wissen, wie der Kunde die Produkte und Dienstleistungen nutzt, und können so entsprechende kundennutzenorientierte Angebote unterbreiten.
  • Der Kunde sieht das Unternehmen als Lösungsberater, der es versteht, seine Kenntnisse bezüglich des Geschäftsbereiches des Kunden in dessen Sinn zu nutzen. So können die Verkäufer Produkte und Dienstleistungen anbieten, die dem Kundenunternehmen helfen, die Marktposition zu verteidigen und zukünftige Herausforderungen zu bewältigen.
  • Die Wahrnehmung als strategischer Dienstleister meint, dass der Kunde davon ausgeht, dass das Unternehmen sich in der Branche so gut auskennt, dass es seinem Kunden einen echten Mehrwert zu bieten hat. Darum nehmen die Verkäufer zum Beispiel an den internen Gesprächen und Meetings des Kunden teil und sind als Berater aktiv.
  • Als zuverlässiger Partner gilt ein Unternehmen dann, wenn es in der Kundenwahrnehmung aufgrund der einzigartigen Markt- und Branchenkenntnisse als Business Consultant angesehen wird. Der Kunde ist sich sicher, dass die Vertriebsabteilung zu seiner positiven unternehmerischen Entwicklung substanziell beitragen kann, weil die Verkäufer die Entscheidungsfindungsprozesse des Kunden aus dem Effeff kennen.

Es kann sein, dass ein Unter­nehmen von Kunden­gruppen verschieden wahrgenommen wird. Es lohnt sich, die Zu­ordnung für diese verschiedenen Kundensegmente oder Kundengruppen vorzunehmen.

Die Vertriebsprozessreife

Die zweite Bewertungsdimension betrifft die Vertriebsprozessreife der Vertriebsabteilung, wobei der VPI vier Level differenziert (siehe wiederum Abbildung 1):

  • Zufällig: Die Vertriebsmitarbeiter legen für sich selbst fest, welche Handlungen sie für angemessen halten, um Verkaufschancen zu generieren und zu nutzen. Es gibt keinen definierten und dokumentierten Vertriebsprozess, vieles ist und bleibt dem Zufall überlassen.
  • Informell: Der Vertriebsleiter erwartet von seinen Mitarbeitern, dass sie dem festgelegten Vertriebsprozess folgen. Ob sie dies tatsächlich tun, überprüft er jedoch nicht mit Nachdruck.
  • Formell: Die Durchführung des festgelegten Vertriebsprozesses wird erwartet und auch überprüft. Trotzdem verläuft der Prozess eher statisch.
  • Dynamisch: Zusätzlich zu den Punkten der formellen Ebene werden Analysen und Methoden genutzt, um Veränderungen bei den Prozesskennzahlen, die kontinuierlich gemessen werden, frühzeitig zu erkennen. Die Konsequenz: Der Vertriebsprozess lässt sich punktgenau auf den Kunden abstimmen.

Die Performance-Level

Nach diesen Kriterien ist es möglich, den Vertrieb mithilfe eines Online-Tools, das eigens dafür entwickelt und bereitgestellt wurde, in der Matrix zu verorten. Eine solche Struktur schafft jedoch erst dann einen Mehrwert, wenn die Auswirkungen auf die Vertriebsleistung beschrieben werden. Um diese Auswirkungen zu konkretisieren, kommen bei der VPI-Auswertung drei Performance-Level zum Tragen, die auf mehreren Schlüsselkennzahlen basieren.

Das bedeutet konkret: Bei Unternehmen, die sich in dem unteren linken Segment befinden, also lediglich als Lieferanten anerkannt werden, zu denen es keine grös­sere Bindung gibt, erreichen die Vertriebsmitarbeiter seltener ihre Zielvorgaben. Auffällig ist ebenso, dass die Mit­arbeiterfluktuation bei den Firmen, die sich auf der Performance-Stufe 1 befinden, sehr hoch ist.

Bei Unternehmen, die im oberen rechten Segment auf der Performance-Stufe 3 angesiedelt sind, verhält es sich umgekehrt – die Umsatzziele werden ebenso wie andere Zielvorgaben deutlich häufiger erreicht, die Mitarbeiterfluktuation ist niedrig.

Die Performance-Steigerung

Die Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse von Untersuchungen, bei denen Unternehmen jene Zuordnung vorgenommen haben. Auf dem Top-Level (oben rechts, Performance-Stufe 3) arbeiteten 2017 nur 26,8 Prozent aller Unternehmen. Die Entwicklung der Vertriebsmitarbeiter zu Beratern und die Einführung von Vertriebsprozessen, die sich am Einkaufsverhalten der Kunden orientieren, stellen daher für viele Unternehmen ein grosses Wachstumspotenzial dar, das es auszuschöpfen gilt. Die traurige Nachricht: Jedes vierte Unternehmen (24,8 Prozent) fristet sein Dasein auf dem unteren Performance-Level. Ziel dieser Unternehmen muss es sein, sich zunächst einmal auf Level 2 zu entwickeln.

Vertriebsorganisationen, die einen dynamischen Verkaufsprozess und Kundenbeziehungen auf höchstem Level pflegen, sind langfristig erfolgreicher als ihre Mitbewerber. Die stetig steigende Wettbewerbsintensität macht es immer wichtiger, aus dem Status des reinen oder bevorzugten Lieferanten und selbst des Lösungsberaters zu einem Partner aufzusteigen, der in der Wertschöpfungskette des Kunden einen festen Platz einnimmt. Und je dynamischer der Verkaufsprozess ist, desto eher können Geschäftschancen konsequent strategisch verfolgt und erfolgreich abgeschlossen werden.

Von der Analyse zum Handeln

Die Anwendungsoptionen der Analyseergebnisse sind vielfältig: Dazu einige Beispiele aus der Perspektive des Vertriebsleiters: Er kann, jeweils bezogen auf die Beziehungsebene und die Vertriebsprozessebene, differenzierte Zielsetzungen formulieren. Bei einer bestimmten Kundenklientel will er sich zum zuverlässigen Partner entwickeln, bei einer anderen die Prozessreife erhöhen. Bei einem Kunden ist er zufrieden damit, «nur» als Lieferant wahrgenommen zu werden. Darum ist es nicht notwendig, den Vertriebsprozess näher zu dokumentieren. Bei einem sehr wichtigen Kunden hingegen schmerzt es den Vertriebsleiter, dass die Anwendung des Vertriebsprozesses nicht ständig überprüft wird. Hier besteht dringender Veränderungs- und Handlungsbedarf.

Der VPI erlaubt zudem eine Prioritäten­setzung, auch hierzu ein Beispiel: Ein kleineres Unternehmen, das einen Wettbewerbsvorteil über enge Kundenbeziehungen aufbaut, wird vermutlich eher wenig standardisierte Abläufe aufgrund der Ressourcen verwirklichen wollen. Es wird seine Energie insbesondere darauf verwenden, Verbesserungen auf der Beziehungsebene zu erzielen und bei der Kundenwahrnehmung Pluspunkte zu sammeln.

Wenn ein grösseres Unternehmen hingegen hochwertige Waren in grossem Stil an Grosskunden verkauft, sind robuste Prozesse erforderlich – und damit ein hohes Level auf der Prozessebene. Die Kundenbeziehung wird über ein mittleres Niveau nicht hinauskommen müssen.

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