Marketing & Vertrieb

Branding

Der Weg von der Idee zur Marke in 3-D

Ein Logo ist schnell gemacht. Gelungenes Branding beginnt aber viel früher – und geht viel weiter. Denn eine starke Marke ist mehr als eine schöne Visitenkarte und Website. Wie legt man das Fundament für eine erfolgreiche Markenpositionierung, und wie setzt man die Theorie in die Praxis um?
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Um mit falschen Vorstellungen gleich aufzuräumen: Ein Logo ist eben nicht schnell in zwei Tagen gemacht, wenn es gut sein soll. Doch selbst wenn KMU den Wert eines seriösen sowie professionell erstellten Auftritts erkennen, begehen dennoch viele den Fehler, dass sie die notwendige Basisarbeit nicht leisten – und die beginnt viel früher. Eine starke Marke ist immer authentisch und einzigartig, konsistent in ihren Werten und ihrem Handeln, und hat einen ganz eigenen Stil. Erfolgreiche Brands sind wie Personen, die man zu kennen glaubt und denen man vertraut.

Dieser Vertrauensvorschuss ist bares Geld wert. Wenn aber die Marke plötzlich entgegen den Erwartungen handelt, ist die Freundschaft schnell vorüber. Dann fallen viele Unternehmen aus allen Wolken und sind erstaunt, dass ihre Kunden ihnen untreu werden. Was ist passiert?

Das Fundament muss stimmen

Wer hat es noch nicht gehört von Bekannten, die sich selbstständig machen wollten: «Ich brauche keinen Businessplan, ich habe alles im Kopf.» Jeder Berater schüttelt in diesem Fall seinen Kopf und hofft, dass dabei  die strategischen Überlegungen nicht herausfallen.

Aber auch bereits etablierte KMU handeln nicht unähnlich, wenn sie davon ausgehen, dass sie ihren Markt und ihre Kunden kennen, aber über keine Unternehmensstrategie verfügen. Oft stellt sich der Erfolg trotzdem ein, zumindest für eine gewisse Zeit, weil man intuitiv richtig handelt – oder einfach Glück hat. Bevor man sich jedoch seine Gedanken zum Markenauftritt macht, muss das Fundament stimmen. Es lohnt sich, einen externen Strategieberater beizuziehen, um eine solide Basis zu schaffen. Vielleicht wird die Erkenntnis sein, dass man bisher seine Produkte zu billig verkauft hat.

«Na gut, wir haben das Unternehmen jetzt strategisch richtig aufgestellt, können wir jetzt endlich das Logo machen?» Nein, aber hier kommt die gute Nach-richt: Mit dieser Basis gelangt man schneller ans Ziel, denn wichtige Grundsatz­entscheidungen zur Ausrichtung der Firma sind getroffen. Für die Markenpositionierung muss aber die Persönlichkeit des Brands herausgeschält werden, damit er in den vier folgenden Dimensionen überzeugend ist:

  1. Relevanz
  2. Glaubwürdigkeit
  3. Erlebbarkeit
  4. Einzigartigkeit

Der erste Punkt ist vielleicht der schwierigste, gerade weil er so einfach erscheint. Denn die dahinterliegende Frage lautet: «Was biete ich an?» Darauf wird jede Unternehmung sofort alle seine Produkte und Dienstleistungen aufzählen. Wenn man etwas weiss, dann, was man verkauft, nicht wahr? Doch gerade diese Innensicht ist gefährlich, denn die Kunden sehen die Dinge oftmals ganz anders. Die richtige Frage sollte demnach sein: «Welchen Mehrwert biete ich meinen Kunden?», und die Antwort ist nicht, dass das eigene Produkt mehr Features hat als das der Mitbewerber.

Die ehrliche, auch den Kunden oft nicht bewusste Antwort ist meist eine ganz andere. Vielleicht ist es Sicherheit, Zugehörigkeit oder Prestige? Verkauft ein italienisches Restaurant wirklich einen Teller Spaghetti, den man zu Hause selbst für einen Bruchteil des Preises selber ko­chen kann? Oder verkauft es einen netten Abend mit Freunden in einer Umgebung, die an die letzten Ferien erinnert?

Profil durch Authentizität

Spannende Persönlichkeiten haben immer auch viel zu erzählen, oftmals auch von ihren Misserfolgen oder ihren Rückschlägen, die sie erfolgreich überwunden haben. Diese Authentizität wirkt anziehend und verleiht einer Person ein klares Profil. Auch Unternehmen und Marken haben eine Geschichte und es lohnt sich, diese zu erzählen. Warum verkauft Migros keinen Alkohol? Weil Gottlieb Duttweiler mit seiner Strategie der günstigen Preise nicht die Alkoholsucht fördern wollte. Solche Gründermythen prägen eine Marke nachhaltig. Aber auch Unternehmen ohne eine solch charismatische Persönlichkeit im Hintergrund haben ihre eigene Geschichte. Darum sollte die grundlegende Frage lauten: «Warum gibt es mich?» Und darauf sollte einem eine gute Antwort einfallen, wenn man glaubwürdig sein will.

Ein Unternehmen, das seine Geschäfte nicht gewissenhaft führt, wird am Markt nicht lange bestehen. Das heisst aber nicht, dass die Persönlichkeit der Marke nicht ein wenig vorlaut sein darf. Wie eine Person hat auch eine Marke Charaktereigenschaften, die sie einzigartig machen. Ist die Marke eher zurückhaltend oder extrovertiert, eher konservativ oder abenteuerlustig? «Wie bin ich?», lautet hier die entscheidende Frage. Diese Eigenschaften müssen immer spürbar sein in der Art, wie die Marke kommuniziert und handelt – so wird sie erleb- und greifbar. Ein sachlicher, trockener Werbespot für Ikea-Möbel würde für Stirnrunzeln sorgen, denn der Brand ist für seine augenzwinkernde Kommunikation bekannt und beliebt.

Mit Werten positionieren

Der Persönlichkeit zugrunde liegen immer auch bestimmte Wertvorstellungen. Da Unternehmen aber meist aus vielen Menschen bestehen, sind Werte sowie Persönlichkeit nicht einfach da – sie müssen definiert, festgehalten, kommuniziert und gelebt werden. Viele Firmen verfügen über ein Leitbild, weil es irgendwann einmal intern zu Problemen kam – oder weil man das einfach so macht. Die meisten dieser Leitbilder sind inhaltlich völlig austauschbar, da sie grundlegende Verhaltensregeln definieren, und diese sind fast überall gleich. Bei der Markenpositionierung geht es aber um Werte, für die sich das Unternehmen wirklich einsetzt. Die Frage dahinter ist: «Woran glaube ich?» – und ist das einmal geklärt, sollte man sich entsprechend verhalten. Wer sich Fairness auf die Fahnen schreibt, muss sie auch wirklich in allen Bereichen leben: marktgerechte Löhne zahlen, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten sowie offen und transparent kommunizieren. Denn Kunden werden es merken, wenn ihre geliebte Marke plötzlich gegen den Kern ihrer eigenen Persönlichkeit verstösst, und dieses Fehlverhalten gnadenlos abstrafen.

Die Kundensicht

Kleider machen Leute, sagt man. Und niemand kann verneinen, dass die Einschätzung einer Person ganz anders ausfällt, je nachdem ob sie gerade im Business- oder Jogginganzug vor einem steht. Darum muss sich auch ein Unternehmen fragen: «Wie trete ich auf?» Dass es professionell aussehen muss, versteht sich von selbst. Doch wirkt ein Mechaniker in strahlend weissem Hemd kompetent oder eher fehl am Platz? Und wie schafft es ein Bankier, dass er sich in seinem Anzug von anderen Krawattenträgern positiv abhebt? Das Erscheinungsbild löst beim Gegenüber Emotionen aus.

Und das gilt für Marken genauso wie für Menschen. Anstatt ein gelbes Logo zu designen, weil man die Farbe gerne mag, sollte man sich überlegen, welche Gefühle man bei seinen Kunden hervorrufen will. Idealerweise arbeitet man hierfür mit sogenannten Mood Boards: Man sammelt Bilder, die eine bestimmte Stimmung zeigen – zum Beispiel auf Pinterest – oder man erstellt eine Collage aus Zeitschriftenausschnitten. Der Bildinhalt ist dabei sekundär – es können Tiere, Landschaften, Menschen oder abstrakte Muster und Farben sein. Sind auf den Fotos Sonnenblumen, gelbe Turnschuhe und Zitronen zu sehen, wäre Gelb definitiv eine sinnvolle Option für eine Logofarbe.

Von der Idee zu 2-D und 3-D

Hat man sich alle diese Fragen gestellt und sie beantwortet, kann man – endlich – mit dem Logodesign beginnen. Anhand des Mood Boards und der zusätzlichen Informationen zur Markenpositionierung kann ein Grafikdesigner ein Corporate Design entwickeln, das zur Persönlichkeit des Brands passt. In einem Brand Style Board werden Logo-Varianten, Farben und Schriften festgehalten und darauf aufbauend können Visitenkarten, Briefschaften, die Website und Werbemittel gestaltet werden. Dafür sollte man genügend Zeit einberechnen, denn ein gutes Corporate Design braucht viel Arbeit und einen Reifeprozess. Ist die Arbeit damit nun endlich getan? Leider nein, denn die Corporate Identity muss immer spür- und erlebbar sein, wenn sie authentisch wirken soll.

Wo kommen Kunden mit einer Marke in Kontakt? In den meisten Fällen bleibt es nicht beim Besuch einer Website. Das Unternehmen interagiert mit seinen Kunden auch persönlich über seine Mitarbeitenden – egal ob im direkten Gespräch oder via Telefon und E-Mail – und sagt auch mit dem Aussehen seiner Produkte und Geschäftsräume etwas über sich aus. Ist die Markenpositionierung frech, kann eine locker formulierte Bestellbestätigung via E-Mail dies unterstreichen. Der Kunde erhält so den Eindruck, dass die Firma eine Persönlichkeit hat, die über alle Berührungspunkte hinweg authentisch ist. Was gilt es also zu beachten? Branding endet nicht beim Logo oder der Website. Googelt man ein Restaurant mit Haute Cuisine und findet einen hochwertigen Auftritt, darf man zu Recht annehmen, dass das Lokal nicht nur gutes Essen serviert, sondern auch schön eingerichtet ist und das Personal gut angezogen sowie freundlich und zuvorkommend. Man würde ganz schön staunen, wenn man das Entrecôte auf einem Plastikteller serviert bekäme, während man auf einem Klappstuhl sitzt.

Natürlich gilt auch der Umkehrschluss: Eine selbst gebastelte Website nimmt der Marke ihre Hochwertigkeit und Exklusivität. Was viele nicht wissen oder gerne vergessen: Eine Marke ist nicht das, was ein Unternehmen in seinem Corporate Design Manual festgehalten hat, sondern das, was bei den Menschen ankommt. Jeder hat ein Image – die Frage ist nur, wie viel davon man selbst steuert.

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