Marketing & Vertrieb

B2B-Verkauf

Der proaktive Kundencoach ist mehr als ein Spitzenverkäufer

Ein Kundencoach versteht sich als proaktiver Problemlöser, der sich im Business des Kunden besser auskennt als dieser selbst und ihm daher als Business Consultant bei der unternehmerischen Entwicklung insgesamt Unterstützung bietet. Der Beitrag zeigt, über welche Kompetenzen ein solcher Kundencoach verfügen sollte.
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«Kompetenz hoch zwei» oder «Kompetenz2-Kundencoach» ist die Beschrei­-bung eines Key-Account-Managers, Verkäufers oder Produktmanagers, der es sich zum Ziel gesetzt hat, alle notwendigen Kompetenzen eines Spitzenverkäufers exponentiell zu entwickeln. Oder ­zumindest noch weiter, als dies ein Spitzenverkäufer macht. Die Ausdrücke «Kompetenz hoch zwei» oder «Kompetenz2» sind mithin vor allem Umschreibungen einer Haltung und Attitüde: Der Kundencoach weiss, dass er in der Wahrnehmung der B2B-Kunden nur dann eine einzigartige Stellung einnimmt, wenn er möglichst alle Kompetenzen noch einen Schritt weiter entwickelt hat als sein Wettbewerber. Es genügt nicht, etwa über die Kompetenz «Interesse wecken» zu verfügen, es muss die Kompetenz «Interesse wecken2» sein.

Unternehmern und Führungskräften im B2B-Bereich sollte daher existenziell daran gelegen sein, in der Vertriebsabteilung möglichst viele Kundencoaches zu versammeln. Das Mitarbeiterrecruiting, die Personalentwicklung und die Mitarbeiterentwicklung heben darauf ab, Kundencoaches zu finden, sie langfristig an das Unternehmen zu binden sowie die Kompetenzen von Topleuten auf ein «Kompetenz2»-Niveau zu heben.

Die 10 Kompetenzen

Welche Fähigkeiten sollte der Kundencoach idealerweise haben? Es handelt sich um mindestens zehn Kompetenzen.

Kompetenz 1: Absolute und proaktive Lösungsorientierung

Ein «Kompetenz2-Kundencoach» geht – bildlich gesprochen – gerne auf die Treibjagd. Was heisst das? Die erfolgreichsten Verkäufer von morgen werden die sein, die ihre Kunden als Coach initiativ vorantreiben. Die also dafür brennen, den Kunden weiterzuentwickeln, und proaktiv dafür sorgen wollen, dass er sich am Markt mehr als nur behaupten kann. Die sich im Business des Kunden so exzellent auskennen, dass sie die Probleme von morgen und übermorgen bereits heute identifizieren und dem Kunden darum schon jetzt eine detaillierte Problemlösung für eine Herausforderung bieten, die dieser selbst noch gar nicht erkannt hat. Alle verkäuferischen Aktivitäten sind in allen Phasen des Kundenkontakts darauf ausgerichtet, für den Kunden einzigartige Lösungen für seine Probleme zu finden. Der Kundencoach wird von der Vision angetrieben, seinen Kunden zur Marktführerschaft zu verhelfen.

Kompetenz 2: Offline- und Online-Strategien entwickeln

Online- und Offline-Welt sowie neue und klassische Vertriebswege sind miteinander verknüpft und wachsen immer enger zusammen. Der Kunde fordert den Kundencoach praktisch Tag und Nacht, rund um die Uhr, 24 Stunden am Tag und 7 Tage in der Woche – online und offline. Der Kundencoach fühlt sich in beiden Welten zu Hause. Ein Beispiel: Er präsentiert Produkte und Dienstleistungen nicht nur per Flipchart oder Whiteboard, sondern auch mit Tablet oder Smartphone. Er betrachtet die zwei Welten mithin nicht als Gegensätze, sondern als optionale Möglichkeiten, mit Kunden verschiedenster Prägung in Kontakt zu treten und mit ihnen auf genau dem Kanal zu kommunizieren, den sie jeweils bevorzugen. Und darum verfügt er über eine Strategie für Offline-Kundenkontakte und über eine Online-Strategie. Um es auf den Punkt zu bringen: Er gewinnt und begeistert Kunden im persönlichen Gespräch und über Google, Facebook, Twitter und Co. gleichermassen.

Kompetenz 3: Einmalige Lösungen bieten

Der Kunde will heute sein Lösungs-Unikat. Wenn er oder sie – im Produktbereich – auch noch selbst designen kann, etwa mit einem 3-D-Drucker, umso besser. Im B2B-Bereich ist wichtig, dass der Kundencoach im Gespräch keine Produkte verkauft, sondern massgeschneiderte Lösungsanzüge. Er entwickelt sich in den Augen des Entscheiders zu einem vertrauenswürdigen Berater, der den geschäftlichen Erfolg des Kunden in den Mittelpunkt seines Denkens und Handelns stellt. Kurz vor dem Kundenbesuch informiert er sich bei Xing oder Linkedin: Was sind die beruflichen und auch privaten Aktivitäten des Gesprächspartners? Lassen seine digitalen Fussspuren im Netz Rückschlüsse auf seine derzeit grösste Herausforderung zu, die der Kundencoach lösungsorientiert ansprechen kann?

Kompetenz 4: Jeden Kunden emotional abholen

Customer Experience Management heisst, die positiven Kundenerfahrungen zu prägen und negative Kundenerfahrungen zu vermeiden. Alle Kunden werden entlang der gesamten Customer Journey (= Reise des Kunden durch das Unternehmen) emotional angesprochen, auch bei den Online-Kontakten, etwa auf der Website. Damit dies gelingt, muss der Kundencoach die Fähigkeit besitzen, das jeweilige Emotions- und Wertesystem des Kunden einschätzen und analysieren zu können. Und dann wendet er je nach Kundentyp verschiedene Strategien an: Den sicherheitsorientierten Kunden betreut er anders als den risikobereiten, den beziehungsorientierten anders als den in sich verschlossenen Kunden. Um dies leisten zu können, analysiert er auf der Suche nach Optimierungen alle Kundenberührungspunkte: Ob im persönlichen Gespräch, am Telefon, im Live-Chat, per Video-Konferenz, beim Skypen oder per E-Mail: Er lässt den Kunden fühlen, dass dieser für ihn derzeit der wichtigste Mensch auf der Welt ist.

Kompetenz 5: Hoch entwickelte kommunikative Fähigkeiten

Auch der Kundencoach lebt von seiner kommunikativen und rhetorischen Überzeugungskraft. Aber er versteht es, den eigenen Redeanteil gering zu halten. Darum beherrscht er die Fragetechniken exzellent und ist in der Lage, mit werteorientierten Fragen und aktivem Zuhören die Vorstellungswelt des Kunden zu betreten, um die optimale Lösung zu finden – im direkten Gespräch, aber auch im Chat und online. Die Typologie des Zuhörens unterscheidet zwischen dem formalen, dem rein aufnehmenden, dem verstehenden und dem aktiven Zuhören. Bei Letzterem ist der Grad des innerlichen Beteiligtseins hoch. Der Entscheider spürt, dass der Kundencoach wahrhaft gewillt ist, sich zu 100 Prozent auf ihn und seine Herausforderungen einzulassen. Das gelingt eher durchschnittlich talentierten Verkäufern so gut wie nie.

Kompetenz 6: Sich vernetzen und networken

In einer globalisierten Welt muss der Kunde den Kundencoach finden können. Es geht nicht mehr wie «früher» nur darum, dass der Verkäufer den Kunden findet. Das war das Grundgesetz in der alten Verkäufer-Welt. Im Online-Zeitalter verhält es sich umgekehrt. Grundvoraussetzung ist die Präsenz des Kundencoachs in den sozialen Medien und Netzwerken – darum ist er in den sozialen Medien mit aussagekräftigen Profilen vertreten (Social Selling). Wo halten sich die Entscheider auf? Im (hochpreisigen) B2B-Bereich wahrscheinlich bei wichtigen Events und Veranstaltungen, aber auch auf hochwertigen Online- und App-Plattformen.

Kompetenz 7: Arbeiten im Team

Erfolgreicher Verkauf ist oft nur im Team möglich. Das weiss niemand besser als der Kundencoach. Wenn ein Entscheider etwas wünscht, das er selbst nicht befriedigen kann, greift er auf sein Team und seine Kollegen im Netzwerk zurück. So kann er bei Bedarf deren Kompetenzen nutzen und dem Entscheider doch noch eine Lösung bieten. Wichtig ist, dass er immer «Chef im Ring bleibt» und den Kundenbetreuungsprozess steuert, auch dann, wenn er weitere Problemlöser mit ins Boot holt. Das heisst: Der Kundencoach ist ein Netzwerker mit hoch entwickelter Team-Intelligenz.

Kompetenz 8: Akquisition mit Elevator Pitch

Heutzutage gilt «Repe»: «Research Everywhere, Purchase Everywhere». Damit wird die zunehmende Unberechenbarkeit des Kundenverhaltens ausgedrückt. Der Kunde möchte sich losgelöst von Zeit und Raum informieren und trifft Kaufentscheidungen spontan mal hier, mal dort. Der Kundencoach ist darauf vorbereitet, B2B-Kunden immer und überall zu akquirieren und kompetent zu beraten. Darum ist er Experte in der Leadgenerierung – und verfügt zugleich über einen aussagekräftigen Elevator Pitch, mit dem er Interessenten gegenüber in jeder Situation kurz und bündig sein Geschäftsmodell auf den Punkt bringen und Interessenten zu Kunden entwickeln kann.

Kompetenz 9: Individuelle Wir-Beziehung knüpfen

Bei aller notwendigen Online-Kompetenz: Die wichtigste Eigenschaft des Kundencoachs ist und bleibt die Fähigkeit, von Mensch zu Mensch das persönliche Band der Sympathie zu knüpfen. Darum arbeitet er an seiner Persönlichkeit und legt Wert auf deren Entwicklung. Zugleich baut er die Fähigkeit auf, die Persönlichkeit seiner Kunden einzuschätzen – so gelingt es ihm, persönlichkeitsorientierte Wir-Beziehungen zu knüpfen, die geprägt sind durch ein wechselseitiges Vertrauensverhältnis. Der Aufbau einer starken und stabilen Wir-Beziehung gelingt, wenn er Exzellenz auf allen Ebenen anstrebt, mithin seine Produkte und Serviceaktivitäten, seine Strategie, Abläufe und Prozesse derart ausrichtet, dass eine optimale Kundenbetreuung möglich ist. Jeder Stolperstein, der diese Effektivitätssteigerung ausschliesst oder behindert, wird von ihm beseitigt.

Kompetenz 10: Bereitschaft zum lebenslangen Lernen

Diese Liste mit Kompetenzen ist nur eine vorläufige Momentaufnahme. Denn sie muss jeden Tag erneut überprüft und aktualisiert werden. Nicht nur Digitalisierung und Verkauf 4.0 verlangen den Willen zur ständigen Weiterbildung. Und so gleicht der Kundencoach regelmässig seine vorhandenen Fähigkeiten mit den für seine Arbeit erforderlichen ab, um allfällige Defizite und Lücken durch eine gezielte Weiterbildung zu beseitigen und zu schliessen.

Das Fazit

Für den «Kompetenz2-Kundencoach» im B2B-Bereich gilt: Er ist Entwickler, Umsetzer, Coach und Netzwerker. Er verkauft kein Produkt und keine Dienstleistung, sondern leistet einen substanziellen Beitrag zum Unternehmenserfolg des Kunden.

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