Marketing & Vertrieb

Kolumne: Brand Leadership

Der Marken­erlebnisfingerabdruck

Es gibt nur eine Methode, mit einer Marke Wirkung zu erzielen: Sie muss erlebbar sein. Markenerlebnisse sind die Schnittstelle zwischen Mensch und Marke.

Mehr und mehr KMU setzen auf die Kraft der Marke. Um neue Kunden zu gewinnen. Um bestehende Kunden loyaler zu machen. Und auch, um die besten Mitarbeitenden zu gewinnen. Aber all diese Menschen spüren nur Erlebnisse. Und um im Gedächtnis der Menschen zu bleiben, brauchen Erlebnisse eine differenzierende Spe­zifik. Doch wie kann man zuverlässig fassen, was ein solches Erlebnis ausmacht?

Die Macht der Marke geht von ihrem Kern aus – aber wo geht sie hin?

Es gibt viele Modelle und Methoden, eine Marke zu formulieren. Aber es gibt nur eine Methode, mit der Marke Wirkung zu erzielen. Eine Strategie, und sei sie auch noch so intelligent erarbeitet, schön formuliert oder grundrichtig, bleibt ein Stück Papier in einer Schublade, wenn den Worten keine Taten folgen. Bühne frei für das Mar­kenerlebnis, die einzige Schnittstelle zwischen Marke und Menschen. Wir sprechen von Marken­erlebnissen in vielerlei Kontext. Ein audiovisuell beeindruckender Messestand. Ein griffiges Lenkrad und ein röhrendes Motorengeräusch. Eine freundliche und intelligente Beratung, die uns weiterbringt. Alles Beispiele von Situationen, in denen der Kontakt eines Menschen mit einem Unternehmen die Wahrnehmung und die Erwartungshaltung prägt, die dieser Mensch dieser Marke nun zuschreibt. 

Markenerlebnisse = Wirkung

Gute Markenerlebnisse schaffen Fans und Marge. Schlechte Markenerlebnisse schaffen Shitstorms und sinkende Marktanteile. Insbesondere in der heutigen Zeit, in der die Menschen mit reinen Kommunikationsmitteln kaum noch zu erreichen und noch viel schwieriger zu gewinnen sind, spielt das Erlebnis, das Marken stiften, eine gewaltige Rolle. Menschen hören heute fast ausschliesslich auf ihre eigenen Erfahrungen und auf die ihrer Mitmenschen. Und Erfahrungen sind nichts anderes als Erinnerungen an Erlebnisse, gute oder schlechte. 

Grund genug, sich dem Thema Markenführung einmal aus der Erlebnis-Perspektive zu nähern und unter die Lupe zu nehmen, was ein Erlebnis ausmacht, wie man es in seiner Spezifik begreifen und so zuverlässig immer wieder auslösen kann.

Die vier Dimensionen der menschlichen Erlebnisse

Markenerlebnisse lassen sich in vier Dimensionen fassen:

  • Emotionale Erlebnisse: Erlebnisse, die eine Gefühlsregung hervorrufen. Eine enttäuschte Erwartung bewegt unsere Gefühlswelt dabei genauso stark wie eine übertroffene, nur eben in die andere Richtung. Erlebnisse, die eine Gewisse Intensität nicht erreichen, nehmen wir entweder gar nicht wahr oder vergessen sie schnell wieder. 
  • Physische Erlebnisse: Körperliche Erlebnisse sind entweder aktiv oder reaktiv. Aktiv im Falle von bewusst ausgeführter körperlicher Aktion, wie zum Beispiel alle sportlichen Aktivitäten. Reaktiv im Erleben von körperlichen Antworten auf Sinneseindrücke, wie Lachen, Weinen oder Erschrecken. Es braucht jedoch schon einiges an Intensität, bis wir ein körperliches Erlebnis auch als solches bezeichnen. 
  • Intellektuelle Erlebnisse: Wenn unser Verstand überrascht wird, wenn wir Neues erfahren oder etwas begreifen (das uns interessiert), haben wir intellektuelle Erlebnisse. Diese sind meistens spärlich gesät und dementsprechend hoch geschätzt, wenn sie vorkommen. Ein gutes Aha-Erlebnis kann Menschen nachhaltig Eindruck machen und bleibt lange im Gedächtnis.
  • Sensorische Erlebnisse: Wir Menschen sind sinnliche Wesen. Wir haben keine andere Art, unsere Umwelt zu erleben, als über unsere Sinneswahrnehmungen. Im einfachsten Fall sind das visuelle Eindrücke wie eine Farbe, ein Text oder ein Bild oder ein Film. Aber auch Duft, der Tonfall einer Stimme und haptische Eindrücke wie Gewicht, Härte oder Textur von Objekten oder Umfeldern spielen eine grosse Rolle.

Diese vier Dimensionen existieren natürlich nicht «entweder/oder». Jedes intensive, gute Erlebnis wird beispielsweise auch einen Ausschlag ins Emotionale hervorrufen. Und so gut wie jedes Erlebnis ist zumindest zum Teil ein sensorisches, sonst könnten wir es gar nicht wahrnehmen. Wahre Kraft entfalten Markenerlebnisse durch Spezifik. Durch eine typische Beschaffenheit, ganz in line mit ihrem Markenkern. So einzigartig wie ihr Fingerabdruck – ihr Brand Experience Fingerprint. 

Brand Experience Fingerprints par excellence – einige Beispiele

Cristiano Ronaldo ist ein Ausnahmefussballer und seit Jahren Aushängeschild von Nike. 2014 spielte Ronaldo in einem Spiel zwischen Real Madrid und Valencia einen Kopfball auf sagenhaften 2,88 m Höhe. Nike machte daraus in einigen ihrer Niketown-Stores ein fantastisches Markenerlebnis. Auf 2,88 m Höhe wurde ein Fussball aufgehängt, und die Besucher wurden aufgefordert, zu versuchen, den Ball zu erreichen. Versucht haben’s viele, erreicht keiner, aber alle haben den Nike Brand Purpose erlebt: «To bring inspiration and innovation to every athlete in the world – And if you have a body, you are an athlete.» Und das auf eine Art, die für Nike typisch ist, weil körperlich. 

Ein anderes Beispiel, wenn auch ein bisschen in die Jahre gekommen, ist das frühere Store-­Design-Konzept der Swisscom. Ursprünglich im Jahr 2008 wurde eine Inneneinrichtung konzipiert in klinischem Weiss, mit roten und blauen Farbakzenten und den Swisscom-typischen geschwungenen Formen. Dementsprechend wirkten die Swisscom-Filialen wie Labors. Das Am­biente wurde aber von den Menschen als ab­weisend und technisch empfunden, und die be­absichtigte Vermittlung des Swisscom-Marken­herzen «voller Leben» schlug ins Gegenteil um. Heute sind Swisscom-Stores auf das menschliche Erleben hin optimiert: von der Materialwahl über die Designelemente bis hin zu den Verhaltensmustern, die den Besuchern durch die Ausgestaltung der Räumlichkeiten nahegelegt werden. Mit grossem Erfolg. Die Swisscom hat wieder Menschen in ihren Stores und kann so ihre charakterisierenden Eigenschaften wirkungsvoll erlebbar machen.

Fazit – Erlebnisse säen, Präferenz ernten.

Menschen fällen Entscheidungen zum allergrös­s­ten Teil aufgrund ihrer Erfahrungen. Auch die Entscheidung, welches Produkt sie kaufen oder was sie ihren Mitmenschen über Ihr Unternehmen erzählen. Um die Kundentreue und die Gewinnung von Neukunden zu fördern, müssen auch Klein- und Mittelunternehmen konsequent Erlebnisse schaffen, die für sie typisch, für die Kunden relevant und vom Wettbewerb verschieden sind. So entsteht bei den Zielgruppen Bindung und Präferenz für die Marke – für nachhaltigen unternehmerischen Erfolg.