Marketing & Vertrieb

Mitarbeiterentwicklung

Demotivation eliminieren und Vertriebsleistung aktivieren

Demotivation im Vertrieb kostet Umsatz und kann so manches Mal die Existenz von Firmen gefährden. Darum sollten Unternehmer und Führungskräfte das oftmals vermeintlich Bewährte infrage stellen. Zwei Beispiele aus dem Vertrieb zeigen, wie es gelingt, «Angestellte», die Dienst nach Vorschrift leisten, zu leidenschaftlich agierenden Mitarbeitern zu entwickeln.
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Über 81 Prozent der Beschäftigten in Deutschland attestieren ihrem Unternehmen mangelnde Geschwindigkeit, wenn es um das Treffen von Entscheidungen geht (Studie des Gallup-Instituts, 2018). Führt man mit Top-Vertriebsmitarbeitern eines Unternehmens ein vertrauensvolles Gespräch, so decken sich die Äusserungen der Mitarbeiter mit den Erkenntnissen aus der Studie – häufig genannte Blockaden für das Entfachen von brennendem Verlangen, Vertriebsziele zu erreichen, sind:

  • mangelnde Entscheidungsgeschwindigkeit und
  • mangelnde interne Kommunikation.

Ohne Motivation keine Leistung

Auf dem langen Weg zu einer firmeninternen Entscheidung bleibt oft die Motivation der Leistungsträger im Vertrieb auf der Strecke. Üblicherweise preschen genau diese mit guten Ideen hervor, um die Leistung für den Kunden zu erhöhen. Sie treffen dabei auf interne Vollzeitskeptiker, die für jede Lösung in Windeseile ein Problem hervorholen. Die Konsequenz: Gelangt eine Idee tatsächlich zur Entscheidungsreife, vergehen Wochen, wenn nicht gar Monate, bis die Entscheidung fällt. Nicht selten ist vom eigentlichen Vorschlag fast nichts mehr vorhanden, weil jede relevante Abteilung den Prozess so abgeändert haben möchte, dass die eigenen Abläufe möglichst wenig betroffen sind. Der Vertrieb als der eigentliche Ideengeber verkommt zum internen Bittsteller – die Folge ist die Demotivation der Vertriebsmitarbeiter und Verantwortlichen mit all den negativen Folgen für die Kundenorientierung. Demotivierte Vertriebler können keine Kunden überzeugen oder begeistern.

Ein Vergleich mit der Arbeit von Feuerwehrleuten dient der Verdeutlichung: Würde bei einem Wohnhausbrand der zuerst eintreffende Löschzugführer inklusive Besatzung auf dem Löschfahrzeug nach der Erkundung des Einsatzortes erst einmal mit anderen Löschzügen über Zuständigkeiten bei der Löschwasser­versorgung, Einstellung des geeigneten Funkkanals sowie über die richtige Parkposition der Fahrzeuge diskutieren, wäre das Leben vieler Menschen gefährdet. Im realen Einsatz sieht das glücklicherweise anders aus: Einsatzstrategien und Taktiken werden vorher gemeinsam besprochen und im Einsatz kompromisslos umgesetzt – ohne Diskussion. Ergebnis: Deutschland, wie auch die Schweiz, haben eines der sichersten und besten Rettungssysteme der Welt. Es gilt: Ergebnis = Güte der Entscheidung x Geschwindigkeit bei Entscheidungsfindung x Motivation bei der Umsetzung. 

Umdenken ist obligatorisch

Für Vertriebsleistung der «ersten Liga» ist es notwendig, sich an dieser Entscheidungsgeschwindigkeit ein Beispiel zu nehmen. Dazu muss folgende Attitüde der Massstab sein: Der Vertrieb ist die entscheidende Abteilung in jedem Unternehmen. Dort entscheidet der Kunde, ob das Unternehmen marode, Mittelmass oder Marktführer ist. Damit wird die Relevanz anderer Abteilungen nicht angezweifelt – jede Abteilung leistet einen wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg. Die Entscheidung seitens des Kunden wird allerdings im Vertrieb getroffen (inklusive der damit verbundenen Onlinedarstellung des Unternehmens). Und das ist der Grund, warum das Wort des Vertriebs intern den höchstmöglichen Stellenwert haben muss. Klar ist: Dazu müssen die gewohnten Bahnen verlassen und neue Wege beschritten werden.

Sachverwalter der Kunden 

Von einer pragmatischen Vertriebsstrategie müssen Massnahmen konsequent und ohne ausufernde interne Diskussion umgesetzt werden. Müssen andere Abteilungen einen Beitrag dazu leisten, sollte die Sinnhaftigkeit der Vorschläge geprüft werden, und zwar so:

Eine vertriebsseitige Anforderung geht bei einer anderen Abteilung ein. Der Vertriebschef bittet den Abteilungsleiter, diese Anforderung mit fünf Schritten zu prüfen:

  • Schritt 1: Auflistung, welchen Nutzen die Umsetzung für den Kunden bringen würde. Bringt es dem Kunden Nutzen etwa in Form von steigenden Umsätzen, geringeren Kosten, höherer Re­putation, mehr Freude an der Arbeit, Zeitersparnis, einfacherer interner Abläufe, mehr Sicherheit?
  • Schritt 2: Kann das Unternehmen damit einen oder mehrere der oben genannten Nutzen erreichen? Werden die Fragen in Schritt 1 und 2 mit «Nein» beantwortet, wird der Vorschlag nicht weiterverfolgt.
  • Schritt 3: Wenn eine oder beide Fragen mit «Ja» beantwortet werden, dann werden Optionen aufgelistet, wie das Unternehmen den Vorschlag umsetzen könnte. Es ist hilfreich, den Nutzen zu quantifizieren, der sowohl für die Kunden als auch das Unternehmen erfolgt.
  • Schritt 4: Die Optionen werden mit relevanten Leistungsträgern im Vertrieb bewertet und priorisiert.
  • Schritt 5: Festlegung, wie die ersten drei Schritte zur Umsetzung aussehen, wenn auf den Umsetzenden der Druck ausgeübt wird, schnellstmöglich umzusetzen.

Das Hauptziel dieser Vorgehensweise ist, die Geschwindigkeit bei Entscheidungen zu erhöhen, indem das Wort des Vertriebs als dem «Sachverwalter der Kunden» mehr Gewicht erhält. Denn je länger Entscheidungen hinausgeschoben werden, desto mehr schwindet die Motivation bei der Umsetzung, und damit auch das Ergebnis.

08/15-Meetings verhindern

Kommen wir zum zweiten Beispiel: Der Informationsbedarf seitens der Mitarbeiter ist enorm hoch. Die Information sollte fliessen, auch im Eigeninteresse des Unternehmens. Auf der anderen Seite gibt es eine desaströse Missachtung von wissenschaftlichen Erkenntnissen, wie Informationen so vermittelt werden, dass sie auch erinnert und genutzt werden können. Das gilt nicht nur für den Vertrieb, sondern bereichsübergreifend. Viele Unternehmenslenker und Führungskräfte können es nicht nachvollziehen, dass ihre Mitarbeiter mangelnde Kommunikation beklagen. 

Kein Wunder also, dass viele Informa­tionsveranstaltungen und Tagungen ab­gehalten werden, die den Tatbestand der Körperverletzung durch bedenkliches Senken des Pulses aufgrund von demotivierenden Präsentationen erfüllen. Darum ist auch hier ein Perspektivenwechsel die Lösung: Das «vollkommen andere Vertriebsmeeting» sorgt dafür, dass bei den Mitarbeitern mehr hängen bleibt, sie das berechtigte Gefühl haben, gut informiert zu sein – und sie sich motiviert für die Umsetzung der Unternehmensziele engagieren. Die Abbildung gibt einen Überblick.

Für erfolgreiche Meetings

Die Einladung

Bei der Einladung ist darauf zu achten, dass in der Mannschaft Neugierde geweckt wird. Sollte die Führungskraft wie immer zum alljährlichen Vertriebsmeeting einladen, wird die Vorfreude überschaubar sein. Kündigt sie jedoch ein Motto an, welches Fragezeichen hervorruft, wird das Interesse der Mitarbeiter geweckt. Beispiel: Eine ehemalige Geschäftsführerin von Hewlett-Packard Deutschland hat ihrem Vertrieb folgendes Motto bereits in der Einladung angekündigt: «Kill Compaq!» Compaq war seinerzeit der Konkurrent von Hewlett-Packard. Im Vorfeld der Tagung lief der «Flurfunk» heiss. Alle waren gespannt, was sie erwartet.

Location mit Aufbruchstimmung

Das Vertriebsmeeting sollte an einem anderen Ort stattfinden, da interne Räume sich meist schlecht eignen, einen «Aufbruch zu starten». Die Führungskraft sucht sich zum Beispiel eine Location aus, die eine gute Atmosphäre ausstrahlt. Wenn man bedenkt, wie teuer ein Vertriebsmeeting ist, dann sind die Kosten für den Raum in der Gesamtbetrachtung (Arbeitsausfall etc.) sehr gering.

Die Präsentation – auch mal interaktiv

Die Führungskraft setzt ein neues Präsentationsformat ein, etwa «Prezi». Sie lässt zudem interaktive Workshops durchführen, in denen die Vertriebsmitarbeiter ihre Meinungen strukturiert zum Ausdruck bringen können, und nutzt überdies das Wissen von Vortragsrednern, die wissen, wie man ein Publikum aktiviert.

Spannende Dramaturgie und Storytelling

Wenn die Führungskraft bei ihren Zuhörern etwas auslösen möchte, sollte sie mit guten Geschichten arbeiten. Der Schlüssel ist, die Tagesordnungspunkte, deren Botschaft unbedingt ankommen muss, mit einer Geschichte zu verbinden. Vereinfacht dargestellt sollte diese Geschichte folgende Struktur aufweisen: 

  • Situation: «Wie ist es heute?» Die Führungskraft beschreibt die aktuelle Situation des Unternehmens und die Trends der Branche.
  • Verhängnis: «Was passiert, wenn wir alles genauso weitermachen wie bisher und wir nichts verändern?» Probleme machen Geschichten interessant. Unser Hirn ist seit jeher darauf fokussiert, Gefahren zu beachten. Also zeigt die Führungskraft in einem Szenario auf, welche Gefahren bestehen, falls man sich auf dem bisherigen Erfolg ausruht.
  • Wendung: «Was sollten wir tun, um für unsere Kunden stets die Nummer eins im Kopf zu sein? Wie verblüffen wir sie – wie ist unsere Strategie?»
  • Happy End: «Wie wird es sein, wenn wir unsere Ziele erreicht haben?» Die Führungskraft zeichnet ein klares Bild, wie die Firma in Zukunft aussehen wird und was es für das Team bedeutet, wenn die Ziele erreicht werden konnten.

Den «Wow-Effekt» nicht vergessen

Wenn die Führungskraft die volle Aufmerksamkeit ihres Publikums erreichen möchte, muss sie altbekannte Muster durchbrechen und einen «Wow-Effekt» einbauen, der die Mitarbeiter mitreisst. So kann sie Überraschungsgäste (etwa Redner) in den Ablauf integrieren, die mit kurzen und kurzweiligen Impuls­vorträgen überraschen. Es braucht «Stimmung in der Mannschaft». Der «Wow-Effekt» kann auch durch einen unangekündigten Feueralarm erzielt werden, an dessen Ende die Führungskraft eine Botschaft in die gesamte Mannschaft trägt: «Ab heute machen wir ‹Alarm im Markt›, und zwar mit der Strategie, die wir heute gemeinsam erarbeiten und beschliessen!»

Fazit

Demotivation lässt sich durch unge­wöhnliche Aktivitäten wie die geschil­derten verhindern. Unternehmer und Führungskräfte sollten prüfen, in welchen Bereichen kreatives Umdenken und innova­tiver Perspektivenwechsel helfen, Demo­tivation auszumerzen.

Porträt